Von: luk
Bozen – In der Landeshauptstadt Bozen sind rund 100 Ferienwohnungen wieder dem traditionellen Mietmarkt zugeführt worden. Das erklärte Bürgermeister Claudio Corrarati im Rahmen einer Diskussion über Tourismus und Overtourism. Grund für diese Entwicklung seien laut Corrarati sowohl die verschärften Vorschriften auf Landes- und Staatsebene als auch die wachsende Erkenntnis, dass die Verwaltung solcher Unterkünfte deutlich aufwändiger ist als erwartet.
Laut aktuellen Daten des Instituts Demoskopika belegt Südtirol beim Verhältnis zwischen Touristenzahl und Einwohnern weiterhin den Spitzenplatz in Italien: Auf einen Einwohner kommen im Durchschnitt fast 69 Touristen, gefolgt von Venedig mit knapp 47.
In Bozen selbst sei die Situation laut Corrarati jedoch differenziert zu betrachten. „Abgesehen von der Zeit des Christkindlmarkts kann in Bozen nicht von Overtourism gesprochen werden“, so der Bürgermeister. Die hohe statistische Belastung sei vor allem auf das begrenzte Angebot an Hotelbetten im Verhältnis zur Zahl der Gäste zurückzuführen. Aktuell seien drei Hotels durch Flüchtlingsfamilien belegt, da die entsprechenden Unterkünfte für Asylsuchende bereits voll seien.
Bozen verfügt laut Angaben aus dem Jahr 2023 über insgesamt 5.998 Betten: 4.163 davon in Hotels, 1.529 bei Privatvermietern – ein Anstieg um 800 innerhalb weniger Jahre – sowie 306 in Urlaub auf dem Bauernhof-Betrieben. Die Landesregierung hat eine Wachstumsgrenze von 229 zusätzlichen Betten für Bozen festgelegt, wovon 209 auf Hotels und 20 auf Bauernhöfe entfallen. Für die Kategorie der Privatvermieter hingegen sind keine neuen Kapazitäten vorgesehen. Ziel sei es, den regulären Mietwohnungsmarkt nicht weiter zu belasten. Es ist ein Markt, der in Bozen nahezu still steht, was auch Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Arbeitskräften hat.
Gleichzeitig sei aber auch ein Gegentrend zu beobachten: Immer mehr Wohnungseigentümer steigen aus dem Geschäft mit Ferienwohnungen aus und vermieten wieder langfristig. Laut Corrarati konnten so zuletzt rund 100 Wohnungen zurückgewonnen werden. „Das ist ein Ergebnis der gesetzlichen Verschärfungen“, wird der Bürgermeister von der Zeitung Alto Adige zitiert.
Doch nicht nur Vorschriften spielen eine Rolle. Auch die tägliche Arbeit schrecke viele ab, wie Maurizio Puglisi Ghizzi, Inhaber einer Immobilienagentur und selbst Betreiber zweier Ferienwohnungen, erklärt: „Anfangs erscheint es attraktiv – keine Probleme mit zahlungsunwilligen Mietern, sichere Einnahmen. Doch in Wahrheit ist es ein Vollzeitjob, auch am Wochenende.“ Trotz möglicher Einnahmen von bis zu 150 Euro brutto pro Tag bei guter Auslastung relativierten sich die Gewinne durch Buchungsplattform-Gebühren, Reinigungs- und Wäschekosten sowie die persönliche Betreuung der Gäste. Für viele wird der Aufwand letztlich offenbar zu groß und sie kehren zum klassischen Mietmodell zurück.
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