Unverständnis

Ausdehnung der Tachopflicht: lvh fordert „Handwerkerausnahme“

Donnerstag, 21. Juni 2018 | 11:44 Uhr

Bozen – Auf Vorschlag des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments sollten alle Fahrzeuge zwischen 2,4 und 3,5 Tonnen zum Einbau eines digitalen Tachographen verpflichtet werden. Nachdem diese neue Bestimmung auch viele nicht im Transportbereich tätige Handwerker treffen würde, reagieren diese mit Unverständnis.

Wer einen Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht fährt, muss seine Lenk- und Ruhezeiten bereits jetzt mit einem Tachographen festhalten. Doch immer wieder umgehen Transport- und Logistikunternehmen diese Regelung, indem sie anstatt der schweren Lkws leichtere Transporter einsetzen. Ein neues Gesetz sollte schließlich die Lenk- und Ruhezeiten im Personen- und Güterfernverkehr regulieren. Insofern sei es richtig, Spediteure und andere Logistikunternehmen zum Einbau digitaler Tachographen zu verpflichten, allerdings nicht auf Kosten jener Betriebe, wo das Fahren nicht zur Haupttätigkeit gehört. lvh-Präsident Gert Lanz betont: „Wenn die Tachopflicht auch auf Fahrzeuge zwischen 2,4 und 3,5 Tonnen eingeführt wird, bedeutet diese eine massive Belastung für andere Branchen und dies ist völlig inakzeptabel. Vielmehr müssen Kontrollen von Anfang an gezielt auf die Transportbranche beschränkt werden.“

Würde das Gesetz effektiv in Kraft treten, wären in Südtirol insgesamt 25.000 zugelassene Kleintransporter und Nutzfahrzeuge betroffen, nur 5.000 davon sind Betriebe mit ausschließlicher Transporttätigkeit. „Wir haben im Handwerk eine ganz andere Situation als im Transportgewerbe. Um zu einer Baustelle zu gelangen oder die Brötchen an Backfilialen und Geschäfte auszuliefern, werden keine Berufsfahrer eingestellt, sondern die Handwerker setzen sich selbst hinters Steuer. Sie fahren also direkt zum Ausführungsort und erledigen dort den Auftrag – die Lenkzeiten spielen dabei eine völlig untergeordnete Rolle. Diese Dachdecker, Bäcker und Tischler würden die Europaabgeordneten mit ihrer Entscheidung genauso wie Berufskraftfahrer im Fernverkehr behandeln, indem sie die Tachographenpflicht auf Fahrzeuge ab 2,4 Tonnen ausdehnen“, erläutert lvh-Direktor Thomas Pardeller.

Betriebe müssten außerdem mit enormen Kosten rechnen. Es würden Ausgaben von rund 2.000 Euro anfallen für den Einbau eines Tachographen, die Anschaffung von Kontrollkarten für das Unternehmen und seine Mitarbeiter, der Kauf von Software zur Datenverwaltung, regelmäßige Wartungs- und Auslesungspflichten sowie die Ausbildung der Mitarbeiter zur Benutzung des Tachographen. Bei 20.000 Fahrzeugen wären dies insgesamt 40.000.000 Euro, welche für die Nachrüstung entstehen, durchschnittlich 6.153 Euro pro Betrieb.

Damit Handwerker und internationale Transport- und Logistikunternehmen nicht in einen Topf geworfen werden, soll es Ausnahmen geben. Zur Debatte stehen aktuell zwei Ansätze. Voraussichtlich unangetastet bleibt die aktuell geltende sogenannte Handwerkerausnahme. Sie sieht vor, dass Handwerker bei Fahrten innerhalb eines Radius von 100 Kilometern um den Firmensitz nicht unter die Tachographenpflicht fallen, wenn sie nur eigene Materialien transportieren, der Fahrer nicht hauptberuflich Fahrzeuge lenkt und das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs 3,5 Tonnen nicht überschreitet. Zusätzlich wurde ein Vorschlag eingebracht, der besagt, dass leichte Nutzfahrzeuge auch im grenzüberschreitenden Verkehr von der Aufzeichnungspflicht verschont bleiben, wenn der Fahrer im Werkverkehr tätig ist und das Fahren nicht seine Haupttätigkeit ist.

Nach aktuellem Stand der Beschlussvorlage wären somit Transporte von Handwerksunternehmen in den allermeisten Fällen von der Ausweitung der Tachographenpflicht ausgenommen. Ob diese letzte Variante aber nun im endgültigen Beschluss des Parlaments festgehalten wird, ist unklar. Gemeinsam mit EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann wird sich der lvh hierfür einsetzen.

Von: luk

Bezirk: Bozen