Von: mk
Waidbruck – Inka- und Picknick-Gurken oder mexikanische Mini-Gurken, Rettich-Schoten, Malabar-Spinat, Erdkastanie, Minifenchel, Herzblatt-, Forellen- oder Eichblatt-Salat, grüner, vollroter oder grünroter Amaranth, Tomaten in verschiedensten Farben und Formen, Karotten in bunter Vielfalt – das große Spektrum, der authentische Geschmack und die Naturbelassenheit machen das Obst und Gemüse von MANNAorganic in Waidbruck zu etwas radikal Besonderem. Sechs Bauern haben sich mit Harald Gasser vom Aspinger-Hof in Barbian zusammengetan. Sie bauen in Selbstverpflichtung naturbelassen an und bieten ihre gesunden, geschmackvollen und teilweise vergessenen Lebensmittel in Waidbruck einer breiten Bevölkerung zum fairen Verkauf an. Heute wurde die Initiative im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt.
Harald Gasser hat die Idee nicht mehr losgelassen. Mehr als 500 vergessene Obst- und Gemüseraritäten baut er mit seiner Familie auf 3.000 Quadratmetern an und verkauft sie seit Jahren an Südtirols Sterneköche. Es war ihm ein Anliegen, die wert- und geschmackvollen Sorten allen Menschen zugänglich zu machen. Nun hat er Partner gefunden, die seine Ideen teilen und wie er vielfältig und naturbelassen anbauen. Im Obst- und Gemüsehändler Armin Pardatscher gibt es einen Sponsor, der es dem neu gegründeten Verein MANNAorganic (Naturbelassenes Himmelsbrot) erlaubt, das ehemalige Dorfcafè mitten auf dem Dorfplatz von Waidbruck als Vereinslokal zu mieten. Jede und jeder kann dort ab sofort einkaufen. Einzige Voraussetzung ist die Vereins-Mitgliedschaft, die mit fünf Euro gegeben ist. Für den Verkauf geöffnet es ist das Lokal von Montag bis Freitag und manchmal auch samstags von 9.00 bis 12.30 Uhr. Den Verkauf haben drei Freiwillige übernommen: Andreas Hofer, Vereinsvorsitzender von MANNAorganic, seine Partnerin Heidi Hinterwaldner und Elad Ovadya aus Tel Aviv. Sie geben über Anbau, Herkunft und Verwendungsmöglichkeiten von Obst, Gemüse und Gewürzen bereitwillig Auskunft. Transparenz ist das Um und Auf von MANNAorganic.
Harald Gassers Passion sind die Pflanzen. Er ist nicht nur passionierter Bauer und Freund der Natur, sondern auch das Bindungsglied zwischen dem Verein und der Netzwerkorganisation MANNAorganic. Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, “neue Landwirtschaft” zu fördern, über gesunde und geschmackvolle Lebensmittel zu sensibilisieren, Wertschätzung dafür zu schaffen, den Kontrast zu Großproduzenten aufzuzeigen – Nachhaltig sind die Kleinen – und die lokale Vermarktung zu forcieren. Der Verein arbeitet Hand in Hand mit der Netzwerkorganisation, deren sechs Bauern die Lebensmittel produzieren. Die Bauern von MANNAorganic sind überzeugt, dass kleine Bauern künftig die Welt ernähren. Als kleines Land mit relativ kleinen Flächen habe Südtirol, aber auch Italien das Potenzial, im Einklang mit der Natur anzubauen, nachhaltig und gesund zu produzieren. Das sei für die Produzenten machbar, für die Konsumenten leistbar und für die Umwelt notwendig. Der Zusammenhalt im Verein und der ehrenamtliche Einsatz der Verkaufenden ermöglicht es den liefernden Bauern, auf den Feldern zu arbeiten, ohne viel Zeit in den Verkauf zu investieren. Sie bekommen den gesamten Preis, den Kaufende im Geschäft bezahlen. Aufgrund der Zusammenarbeit mit dem Obst- und Gemüsehändler Armin Pardatscher haben die Bauern Abnahmegarantie für jene Lebensmittel, die im Laufe des Tages nicht verkauft wurden.
„Bei uns regiert ausschließlich die Natur“, sagt Harald Gasser. Auf seinem Hof und auf den sechs Höfen der Netzwerkorganisation wird keine Chemie eingesetzt. Die Vielfalt der Mischkulturen trägt dazu bei, dass sich jede Sorte eigenständig und geschmackvoll entwickeln kann, dass Krankheiten und Insekten sich gegenseitig in Schach halten. Die sechs Produzenten von MANNAorganic haben sich nicht nur zu biologischem, sondern zu naturbelassenem Anbau verpflichtet. Nichts wird gegen irgendwelches Leben (so genannte Schädlinge) gerichtet. „Es gibt in der Natur keine Schädlinge“, sagt Harald Gasser. Der einzige Schädling sei der Mensch. Seiner Meinung nach darf im biologischen Anbau bereits manches eingesetzt werden, was der Natur schadet. „Bei der wichtigsten Produktion des Menschen, dem Essen, braucht es wieder Vertrauen in die Natur“, betont er. Die Bauern von MANNAorganic sind in ständigem Austausch, verkosten ihre Produkte gegenseitig und erkennen deren Authentizität. Hochgezüchtete Sorten werden nicht verwendet.
„Es war mir schon immer widerwärtig, wie in der konventionellen Landwirtschaft Milchkühe und Gemüse hochgezüchtet werden und Maschinen mehr ähneln als Lebewesen“, sagt Harald Gasser. Das Profit- und egoistische Denken habe in der Gemeinwohlökonomie keinen Platz. „Wenn ich nur auf die Summe unter dem Rechnungsstrich achte, handle ich ohne Rücksicht auf Umwelt und Lebewesen“, erklärt er. Gemeinsam mit seiner Frau Petra Ottavi hat er sich in das Abenteuer Neue Landwirtschaft gestürzt und festgestellt, das es gut funktioniert und der richtige Weg ist.
Andreas Klammsteiner vom Unterfallerhof in Barbian hat den Hof seiner Eltern vor einem Jahr übernommen und von ihnen die Liebe zu besonderem oder unbekanntem Gemüse und Obst geerbt. Das Konzept von Harald Gasser überzeugte ihn, er wurde einer von sechs Produzenten von MANNAorganic in Waidbruck und gleichzeitig der Sprecher der Netzwerkorganisation: „Wir legen größten Wert auf ein breites Angebot, auf Geschmack, Vielfalt, Handarbeit und auf eine nachhaltige Produktion“, erklärt er. Als Bauer sei er Gestalter und Begleiter, kein Bekämpfer der Natur. Derzeit hat MANNAorganic rund 50 verschiedene Lebensmittel im Angebot. Sie werden kurz vor der Lieferung in den frühen Morgenstunden oder nach Sonnenuntergang nur wenige Kilometer im Umkreis des Vereinslokals auf den sechs Partnerhöfen geerntet. Rasche Lieferung garantiert die Frische.
Das ehemalige Dorfcafè von Waidbruck haben viele Freiwillige gemeinsam mit dem Vereinsvorsitzenden Andreas Hofer in wochenlanger Kleinarbeit mit Gegenständen zweiter Hand upcycelt und dabei auf den Kauf von Neuem verzichtet. „Auch aus finanziellen Gründen“, sagt Andreas Hofer und lächelt. Vor allem aber ging es ihnen darum, Vorhandenes und Bestehendes zu nutzen, keine Ressourcen zu verschwenden und zurück zum Ursprung zu kommen. Seine Partnerin Heidi Hinterwaldner ist Grundschullehrerin und arbeitet als Verkäuferin ehrenamtlich im MANNAorganic mit: „Noch sind es hauptsächlich Frauen und Mütter, die unsere Kostbarkeiten zu schätzen wissen“, stellt sie fest. Ihr selbst haben sich im MANNAorganic neue kulinarische Welten eröffnet. Sie hat im Geschäft Formen, Farben und Geschmäcker kennengelernt, von denen sie davor nicht wusste. Petra Ottavi unterrichtet ebenfalls an der Grundschule und begleitet mit Harald Gasserr zwei gemeinsame Söhne ins Leben: „Ich sehe in den Kindern eine große Hoffnung“, sagt sie. Kinder seien mit dem Ursprung verbunden und gingen mit dem Leben natürlich um, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gebe. „Kinder denken nicht wirtschaftlich, sondern mit dem Herzen.“ Das sei für die Zukunft unseres Planeten rettend. „Wenn ich mit Kindern über Umweltschutz spreche, bin ich erfüllt, weil ich einen sinnvollen Beitrag leisten kann“, sagt sie. Petra Ottavi informiert Kindergruppen oder Klassen im MANNAorganic über das Angebot und die Geschichte der Produkte.
Elad Ovadya stammt ursprünglich aus Tel Aviv und lebt seit neun Jahren in Südtirol. Er hat durch Zufall von MANNAorganic gehört und wollte sich unbedingt beteiligen, weil er sich um das kollabierende Klima sorgt. Engagement sei notwendig. Er freut sich über die Produkte im MANNAorganic. Sie seien so vielfältig, dass er, sollte er Obst oder Gemüse aus der Heimat vermissen, es fast durchwegs mit einem der Produkte im MANNAorganic „ersetzen“ kann. Tobias Grünberger arbeitet als Koch und ist begeistert von der Möglichkeit, einer breiten Bevölkerung den Zugang zu qualitativ hochwertigen Produkten mit fairen Preisen zu ermöglichen. In seiner knapp bemessenen freien Zeit informiert er im MANNAorganic über Verwendungs- und Kochmöglichkeiten. Geschmack und Vielfalt der Lebensmittel seien einzigartig und auch für Privatpersonen leistbar, da sie einen erheblichen Mehrwert bieten und kaum Abfall entstehe. Der Koch nimmt auch in der Gastronomie wahr, dass das Bewusstsein der Menschen in Sachen Gesundheit und Natur wächst. Die Konsequenzen unserer ungesunden Konsumgesellschaft seien längst spürbar: Depressionen, Krankheiten, Süchte nehmen zu. Aber es gebe viel weniger dramatische Gründe, Menschen zu gesunder Ernährung zu bewegen, meint Tobias Grünberger: Es sei eine Frage des guten Geschmacks. Gesundes, unbehandeltes Obst und Gemüse schmecke besser und nach dem Verzehr fühle man sich wohler.
Bei der heutigen Pressekonferenz waren auch Konzeptträger aus Rom, Parma, Florenz und aus dem Ahrntal zu Gast. Sie alle haben bei Harald Gasser in Barbian hospitiert. Er überreichte ihnen eine Steintafel mit dem Logo von MANNAorganic, die der Steinmetz Manuel Rabensteiner aus Klausen angefertigt und zur Verfügung gestellt hat. Ziel von MANNAorganic ist es, die Idee des breiten Angebots naturbelassener Lebensmittel in die anderen Orte/Bezirke Südtirols und Italiens hinauszutragen und kleine Bauerngemeinschaften zu gründen, die die gesunden Lebensmittel allen Menschen zugänglich machen. MANNAorganic an vielen Orten – der Umwelt zuliebe.