Von: bba
Bozen – Seit acht Jahren können Zivilinvaliden alle öffentlichen Verkehrsmittel des Landes kostenlos nutzen. Ermöglicht wird dies dank dem Südtirol Pass Free, einem
persönlichen Fahrausweis für Personen mit einer anerkannten Zivilinvalidität von
mindestens 74 Prozent. Die Vereinigung der Zivilinvaliden (ANMIC Südtirol) zeigt in einer aktuellen Statistik, was sich seit der Einführung der Fahrkarte verändert hat und
worauf geachtet werden sollte.
Der Februar 2012 war für tausende Südtiroler ein bedeutender Monat, wie sich Anneliese, eine Zivilinvalidin aus Bruneck, erinnert: „Ich leide seit Jahren an Rheuma und habe deshalb um Zivilinvalidität angesucht. Vor dem Südtirol Pass Free fiel es mir viel schwerer, meinen Alltag zu meistern. Schon alleine nach Bozen zu kommen war nicht einfach, denn ich beziehe seit Jahren eine kleine Zivilinvalidenrente, mit der ich nur die nötigsten Spesen abdecken kann. Vor acht Jahren erfuhr ich dann durch eine Bekannte, dass ich südtirolweit gratis herumfahren kann. Dadurch öffnete sich mir eine neue Welt.“
Nicht nur für Anneliese verbesserte sich die Lebensqualität erheblich, sondern auch für
zahlreiche weitere Zivilinvaliden in Südtirol. Dank des Fahrausweises, welcher auf Initiative der ANMIC Südtirol eingeführt wurde, können nicht nur Stadtbusse und Regionalzüge, sondern auch Seilbahnen und Citybusse kostenlos und unbegrenzt genutzt werden. Voraussetzung ist, dass eine Ärztekommission beim Antragsteller eine Zivilinvalidität von mindestens 74 Prozent festgestellt hat. „Die Feststellung der Zivilinvalidität ist immer der erste Schritt, damit einer physisch, psychisch oder seelisch erkrankten Person geholfen werden kann. Die Hilfeleistungen reichen – je nach Höhe der festgestellten Zivilinvalidität – von der Gewährung kostenloser Hilfsmittel bis zur Auszahlung finanzieller Leistungen“, erklärt Thomas Aichner, Präsident der ANMIC Südtirol.
Wie bei einer herkömmlichen Fahrkarte, muss auch der Südtirol Pass Free mitgeführt und beim Ein- und Aussteigen entwertet werden – anderenfalls droht eine Strafe von 60 Euro. Von der Entwertungspflicht ausgenommen sind all jene Personen, welche aufgrund ihrer dauerhaften körperlichen Behinderung den Entwertungsvorgang nicht durchführen können. Hierfür muss der Inhaber während der Antragstellung das entsprechende Kästchen ankreuzen, wodurch sein Südtirol Pass Free mit einem Sternchen versehen wird. Dieses signalisiert dem Kontrolleur, dass der Passagier von der Entwertungspflicht befreit ist. In jedem Fall ist die Ausstellung des Ausweises kostenfrei, wobei ein Duplikat – etwa im Falle von Verlust – 20 Euro kostet.
Mit der steigenden Anzahl der Südtiroler Zivilinvaliden stieg in den letzten Jahren auch die Zahl der Nutzer des Südtirol Pass Free auf insgesamt 8.235 mit Stand 31.12.2019. Das ist ein Anstieg um 0,8 Prozent. „Vom Amt für Personenverkehr haben wir kürzlich aktuelle Zahlen erhalten. Es ist sehr erfreulich zu sehen, dass immer mehr Menschen die kostenlose Beförderung nutzen“, so Thomas Aichner.
Der Fahrausweis wurde im Jahr 2019 von 17.911 Menschen nicht beantragt, obwohl ihnen dieses Recht zugestanden wäre. „Das ist ein klares Signal dafür, dass die meisten Zivilinvaliden nicht ausreichend über ihre Rechte informiert sind. Um einen Überblick aller Rechte zu erhalten, ist es deshalb besonders wichtig, sich nach dem Ergebnis der Ärztekommission an eine kompetente Beratungsstelle zu wenden“, empfiehlt Thomas Aichner. „Denn viele dieser Rechte müssen nach dem Ergebnis extra angesucht werden, so wie auch der Südtirol Pass Free.“
Wird der Südtirol Pass Free neu beantragt, erscheint dieser seit dem letzten Jahr in einem neuen Design, wobei der „alte“ Pass nach wie vor verwendet werden kann. „Das Gesuch um die Ausstellung für die freie Beförderung kann entweder auf der Webseite von südtirolmobil oder im Büro der ANMIC Südtirol in Bozen ausgefüllt werden, wo es dann kostenlos an das Amt für Personenverkehr geschickt wird“, erklärt Thomas Aichner weiter.
Die Vereinigung der Zivilinvaliden (ANMIC Südtirol) ist eine gemeinnützige Organisation
ohne Gewinnabsichten (ONLUS), die auf Staats- und Landesebene seit 1965 beziehungsweise 1994 anerkannt ist. Als die einzige rechtliche und gesetzliche Vertretung der Zivilinvaliden und -versehrten vertritt die ANMIC Südtirol diese bei öffentlichen Ämtern sowie in privaten Betrieben, damit die Südtiroler Zivilinvaliden und -versehrten vollständig in den sozialen sowie beruflichen Alltag integriert werden. Mit mehr als 6.000 Mitgliedern ist die ANMIC Südtirol die größte Interessensvertretung für Zivilinvaliden und -versehrte in Südtirol.