Anlegerschutz

Börsenaufsicht schafft neues Schiedsgericht für Streitfragen zu Finanzprodukten

Donnerstag, 01. Juni 2017 | 11:39 Uhr

Bozen – In den letzten Jahren begleitete die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) eine Vielzahl von Sparern bei Kontroversen mit ihrem Finanzdienstleister. Manchmal konnte eine außergerichtliche Lösung gefunden werden, aber oft blieb nur der Weg vor Gericht übrig. Nachdem ein solches Verfahren meist kompliziert, zeitintensiv und mit hohen Kosten verbunden ist, ist dieser Weg für manche Sparer zu mühselig, und sie akzeptieren schweren Herzens einen Verlust. Für Klein-Anleger gibt es seit 9. Jänner 2017 eine kostenlose Alternative: das Schiedsgericht – Arbitro per le Controversie Finanziarie – kurz ACF, das bei der Börsenaufsichtsbehörde Consob angesiedelt ist. Vor das Schiedsgericht ACF können Sparerinnen und Sparer – ohne Rechtsbeistand und Kosten – Konflikte und Streitfälle mit dem Finanzdienstleister bringen.

Voraussetzungen für das Verfahren

Nicht alle Streitfälle können vor das Schiedsgericht gebracht werden; folgende Punkte sind zu beachten: Nur sogenannte „Retail-Anleger“ können Rekurse einreichen (Klein-Anleger und Unternehmen ohne Kompetenzen im Finanz-Bereich). Die Gegenpartei muss ein Finanzdienstleister sein (Banken, Börsenmakler, Investmentgesellschaften, Poste Italiane, Betreiber von Crowfunding-Portalen, Versicherungsgesellschaften bei Lebensversicherungen der Sparte III oder V). Die Streitfrage muss eine Verletzung der Normen des Anlegerschutzes betreffen (z.B.Ausführung von Aufträgen, Beratung über Finanzprodukte …). Es darf kein Verfahren vor dem ordentlichen Gericht oder vor einem anderen Schiedsgericht vorliegen. Der Streitwert muss unter 500.000 Euro liegen.

Wie wird ein Rekurs eingereicht?

Bevor ein Verfahren vor dem ACF eröffnet werden kann, muss eine Beschwerde beim Dienstleister selbst eingereicht werden. Sollte die SparerIn mit der Antwort nicht zufrieden sein, oder innerhalb 60 Tagen keine Antwort bekommen, kann das Schiedsgericht angerufen werden.

Die Einreichung des Rekurses erfolgt über die Homepage www.acf-consob.it und ist in den ersten zwei Jahren (bis 09.01.2019) auch in Papierform möglich.

Der ACF beurteilt innerhalb von sieben Tagen, ob der Rekurs alle Voraussetzungen erfüllt, und benachrichtigt den Finanzdienstleister. Dieser hat 30 Tage Zeit, um Gegenanmerkungen zu erbringen. Die BeschwerdeführerIn hat die Möglichkeit, dieselben einzusehen und kann ihrerseits darauf innerhalb von 15 Tagen reagieren. Sollten die Anleger weitere Anmerkungen vorbringen, kann der Vermittler nochmals antworten. Danach werden die eingereichten Dokumente dem Schiedsgericht vorgelegt, das in 90 Tagen eine Entscheidung fällt. Demnach sollte spätestens 180 Tage nach Einreichung des Rekurses eine Entscheidung vorliegen.

Es liegt am Finanzdienstleister zu beweisen, dass ob das Verhalten, die Informationen und Verträge die gesetzlichen Bestimmungen einhielten (dieser trägt also die Beweislast).

Die Entscheidung ist für das Unternehmen oder Finanzberater nicht bindend; sollte der Entscheidung jedoch nicht Folge geleistet werden, muss diese in zwei nationalen Zeitungen und auf der Homepage des Unternehmens veröffentlicht werden. Zudem kann die Entscheidung auch bei einem Prozess vor dem ordentlichen Gericht verwendet werden.

„Es ist zu begrüßen, dass nun den Sparern und Anlegern ein schnelles und unkompliziertes Verfahren zu Verfügung gestellt wird. Besonders für Klein-Sparer kann das Schiedsgericht eine Möglichkeit sein, um zu ihrem Recht zu kommen“, so das Fazit des Geschäftsführers der Verbraucherzentrale, Walther Andreaus.

Weitere Informationen unter dem Link https://www.acf.consob.it/.

Von: mk

Bezirk: Bozen