Von: APA/Reuters
Steigende Konsumausgaben und Investitionen haben der deutschen Wirtschaft im ersten Quartal zu einem Wachstum verholfen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Jänner bis März um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Befragte Ökonomen hatten dies erwartet.
Eine Rezession wurde damit verhindert: Im Schlussvierteljahr 2024 war Europas größte Volkswirtschaft noch um 0,2 Prozent geschrumpft. Zwei Minusquartale in Folge gelten als technische Rezession.
Für den positiven Jahresauftakt sorgten sowohl die privaten Konsumausgaben als auch die Investitionen, erklärten die Statistiker. Beide seien höher gewesen als im Vorquartal. Die Kaufkraft der Verbraucher ist zuletzt durch steigende Löhne und sinkende Inflation gestärkt worden. Die Kreditkosten von Unternehmen sind wegen der sinkenden Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) gefallen, was bei größeren Investitionen hilft.
Kein kräftiger Aufschwung erwartet
Einen kräftigen Aufschwung erwarten die meisten Ökonomen allerdings nicht. “Das Plus gegenüber dem vierten Quartal sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Wirtschaft nicht vor einer langjährigen, kräftigen Erholung steht”, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Zwar dürfte das riesige Finanzpaket der künftigen deutschen Regierung die Konjunktur im kommenden Jahr anschieben. “Aber viele Unternehmen vermissen in Deutschland einen wirtschaftspolitischen Neustart, der nach der jahrelangen Erosion der Standortqualität notwendig wäre.”
“Scharfer Gegenwind”
Hinzu kommt der von US-Präsident Donald Trump im April eskalierte Handelskrieg mit höheren Zöllen auch auf deutsche Waren. “Kein Zweifel: Deutsche Exporte bekommen einen scharfen Gegenwind durch die US-Wirtschaftspolitik”, sagte Ökonom Michael Herzum von der Fondsgesellschaft Union Investment. “Der im April in Kraft getretene spürbare Anstieg der Zölle auf Importe aus der EU sowie die Androhung weiterer Zoll-Anhebungen belasteten den weiteren Verlauf der Konjunktur in Deutschland”, sagte auch der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser.
Die Bundesbank rechnet durch den von Trump losgetretenen Handelskonflikt mit einem Dämpfer schon im jetzigen Frühjahrsquartal. Die Wirtschaftsleistung könne dann einen Rückschlag erleiden, heißt es im aktuellen Monatsbericht. Die konjunkturelle Grundtendenz bleibe insgesamt weiter schwach. Mitverantwortlich dafür dürften die von Trump verkündeten Zollerhöhungen sein. “Insgesamt bleibt der kurzfristige Ausblick für das Exportgeschäft und die Industrie angesichts der Zollpolitik der US-Regierung trüb”, betonte die Bundesbank.
Habeck rechnet mit Stagnation
Der scheidende Wirtschaftsminister Robert Habeck rechnet für das Gesamtjahr 2025 nur mit einer Stagnation, die auf zwei Minusjahre folgen soll. 2026 soll es dann zu einem Wachstum von 1,0 Prozent reichen – auch durch die geplanten milliardenschweren Investitionen der neuen Regierung in Infrastruktur und Aufrüstung.
Andere große Euro-Länder sind ebenfalls mit einem Wachstum ins Jahr gestartet. Frankreich schaffte ein Plus von 0,1 Prozent im ersten Vierteljahr, Italien von 0,3 Prozent. Die spanische Wirtschaft legte sogar um 0,6 Prozent zu.
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