Von: APA/dpa/Reuters
Die US-Notenbank hat ihren Leitzins wie erwartet gesenkt. Die Zinsspanne wird um 0,25 Prozentpunkte auf 4,00 bis 4,25 Prozent reduziert, wie die Fed am Mittwoch in Washington bekannt gab. Bankvolkswirte hatten diese Entscheidung erwartet. Als einer der Gründe gilt der schwache Arbeitsmarkt, die Inflation bot Schranken beim Weg nach unten.
Es ist die erste Leitzinssenkung in den USA heuer. Zuletzt hatte die US-Notenbank im Dezember 2024 die Leitzinsen reduziert. Die US-Notenbank steht unter enormen Druck durch US-Präsident Donald Trump, der immer wieder Leitzinssenkungen fordert und Notenbankchef Jerome Powell heftig angreift. Dies dürfte aber bei der jetzigen Entscheidung nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Zugleich avisierten die Währungshüter in ihrem Ausblick bis zum Jahresende zwei weitere Zinsschritte nach unten.
Trump forderte Powell zu kräftigen Zinssenkungen auf
Trump hat den unabhängigen Zentralbankchef Powell immer wieder zu kräftigen Zinssenkungen aufgefordert. Zuletzt entsandte er seinen Vertrauten Stephen Miran ins Direktorium der Federal Reserve, um eine jüngst vakant gewordene Stelle auszufüllen. Der beurlaubte Wirtschaftsberater Trumps konnte nach der Bestätigung im Senat im Eilverfahren nun erstmals über den Leitzins mit abstimmen: Er votierte im Offenmarktausschuss für einen Zinsschritt nach unten von einem halben Prozentpunkt.
Zuletzt hatte die Notenbank den Leitzins im Dezember 2024 gesenkt, nachdem sie im September vorigen Jahres die Zinswende eingeleitet und im November nachgelegt hatte. Neben verbalen Attacken auf Powell hat der US-Präsident auch versucht, Fed-Direktorin Lisa Cook zu feuern. Ein Berufungsgericht in Washington lehnte es jedoch vorerst ab, Trump die Entlassung zu gestatten.
Der Fall Cook hat an den Finanzmärkten Sorgen um die Unabhängigkeit der Zentralbank ausgelöst. Bisher hat noch kein US-Präsident ein Mitglied des Fed-Direktoriums entlassen. Cooks Anwalt hat den von Trump als Grund angeführten mutmaßlichen Hypothekenbetrug als Vorwand bezeichnet. In Wahrheit gehe es darum, dass Cook den vom US-Präsidenten geforderten Zinssenkungen nicht zugestimmt habe.
Notenbank hatte nach unten auf lange Bank geschoben
Die Notenbank hatte den ersten Zinsschritt nach unten im laufenden Jahr auf die lange Bank geschoben, da sie sich zunächst ein Bild von den Folgen der von Trump betriebenen Zollpolitik auf Wirtschaft und Inflation machen wollte. Nach einer markanten Abkühlung des Arbeitsmarkts stellte Powell jüngst jedoch die Signale auf Zinssenkung. Im August kamen in den USA nur noch 22.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu. Eine Datenrevision offenbarte überdies frühe Schwächen des amerikanischen Jobmarkts.
Die Zinssenkung um einen Viertelpunkt drückte den Dollar und half den US-Aktienmärkten auf die Beine. Zugleich ist die Inflationsgefahr in den Vereinigten Staaten noch nicht gebannt: Die Verbraucherpreise zogen im August an – auf eine Teuerungsrate von 2,9 Prozent. Die US-Notenbank ist somit nun doppelt gefordert, denn sie soll nicht nur stabile Preise sicherstellen, sondern auch Vollbeschäftigung fördern.
Weiterhin Inflation von drei Prozent erwartet
In ihren aktualisierten Konjunkturprognosen rechnen die Währungshüter im Median für dieses Jahr weiterhin mit einer Inflation von 3 Prozent, die damit deutlich über dem Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank liegen würde. Diese Prognose blieb gegenüber der jüngsten, im Juni veröffentlichten Projektion der Fed unverändert. Zudem rechnen die Fed-Oberen weiter mit einer Arbeitslosenquote von 4,5 Prozent. Beim Wirtschaftswachstum sind sie sogar etwas optimistischer als im Juni und veranschlagen für 2025 ein Plus von 1,6 (Juni: 1,4) Prozent.
Europäische Urlauber in den USA profitieren von der Zinssenkung: Sie verringert die Attraktivität des US-Dollars und wertet den Euro auf. Nach dem Zinsentscheid stieg die Gemeinschaftswährung der Europäischen Union kurz über 1,19 US-Dollar und damit auf den höchsten Stand seit Juni 2021. Zuletzt war ein Euro noch 1,18 Dollar wert. Wer also üblicherweise in Euro zahlt, bekommt beim Umtausch in Dollar zurzeit mehr für sein Geld.
Menschen mit Migrationshintergrund vor Problemen bei Jobsuche
Mit der Zinssenkung versucht der Zentralbankrat der Fed, eine Kompromisslösung für die erhöhten Risiken auf dem Arbeitsmarkt bei zugleich steigender Inflation zu finden. Niedrigere Zinsen machen Kredite für Firmen und Verbraucher tendenziell billiger. Mehr Geld im Umlauf kann wiederum die Wirtschaft ankurbeln und dadurch Arbeitsplätze schaffen. Die US-Notenbank nehme mit einer Senkung aber “Risiken für die Preisstabilität in Kauf”, kommentierte Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust.
Powell zufolge haben derzeit vor allem jüngere Erwachsene und Minderheiten Probleme bei der Suche nach Arbeit. “Die Gesamtquote, einen Job zu finden, ist äußerst niedrig.” Zugleich gebe es weniger Entlassungen, sagte er. Mit Blick auf das verlangsamte Beschäftigungswachstum sah der Fed-Chef eine Verbindung zu “Veränderungen in der Immigration”, die zu weniger Einwanderung geführt habe.
Schwache Entwicklung auf Arbeitsmarkt ein Grund für Senkung
Die Arbeitsmarktzahlen in den Vereinigten Staaten waren zuletzt hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Zudem wurde das Beschäftigungswachstum in den zwölf Monaten bis März 2025 um insgesamt 911.000 Jobs nach unten korrigiert – eine ungewöhnlich große Revision.
Das bedeutet, es wurden deutlich weniger Stellen in den USA geschaffen als erwartet und ist ein Zeichen dafür, dass die Wirtschaft nicht so schnell wächst wie gedacht. Kfw-Volkswirt Dirk Schumacher kommentierte, die Neubeschäftigung habe sich derart verlangsamt, dass Inflationsrisiken im Zusammenhang mit den US-Zöllen in den Hintergrund getreten seien.
Nur ein Abweichler bei der Abstimmung
Von den zwölf stimmberechtigten Mitgliedern votierten elf für eine Senkung um einen Zinsschritt, also 0,25 Prozentpunkte. Nur der Trump-Vertraute Stephen Miran, der erst zu Beginn der Woche als Übergangslösung im Fed-Vorstand bestätigt wurde, hatte sich für eine größere Senkung ausgesprochen – ganz nach Trumps Wunsch. Powell sagte über den Neuzugang lediglich: “Wir sind fest entschlossen, unsere Unabhängigkeit zu bewahren.”
Skeptiker wie die demokratische Senatorin Elizabeth Warren bezweifeln Mirans Unabhängigkeit und werfen ihm vor, “Trumps Marionette” zu sein: “Niemand – weder die amerikanische Öffentlichkeit noch Investoren hierzulande, noch die weltweiten Finanzmärkte – werden ihm als unabhängiger Stimme vertrauen”, sagte sie. Miran versprach dagegen, die Unabhängigkeit der Notenbank “bewahren” zu wollen.
Lena Dräger vom Kieler Institut für Weltwirtschaft kommentierte: “Von Marktteilnehmenden war erwartet worden, dass der Leitzins um 25 Basispunkte auf einen Bereich von 4,00-4,25 Prozent gesenkt wird. Eine solche Zinssenkung lässt sich mit dem dualen Mandat der Fed und der Abschwächung der Beschäftigung begründen.
Ein großer Zinsschritt um 50 Basispunkte wäre angesichts der immer noch persistenten Inflation oberhalb von zwei Prozent aber das falsche Signal gewesen, zumal das Risiko hoch ist, dass US-Firmen die höheren Produktionskosten aufgrund der Zölle vermehrt einpreisen. Dies würde die Inflation weiter antreiben.”
Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen