Verbraucherschützer in Bozen klären auf

Flug verspätet oder annulliert: Welche Rechte habe ich?

Dienstag, 18. Oktober 2016 | 07:25 Uhr

Bozen – Aufgrund der steigenden Verbreitung von Portalen, die den Verbrauchern exorbitante Beträge als Schadensersatz für annullierte oder verspätete Flüge versprechen – ungeachtet der Umstände, welche zum besagten Ereignis geführt haben – möchte das Europäisches Verbraucherzentrum (EVZ) in Bozen einiges klarstellen.

Wenn ein Flug annulliert wird oder die Beförderung verweigert wird, sieht die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vor, dass bei Flügen, welche in der EU angetreten werden, aber auch für Flüge in die EU, falls von einer EU-Fluggesellschaft durchgeführt, die ausführende Fluggesellschaft den Passagieren – je nach Flugentfernung – eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250 bis 600 Euro zahlen muss: 250 Euro bei Flugstrecken unter 1.500 km, 400 Euro für alle innergemeinschaftlichen Flüge über 1.500 Kilometer und für alle anderen Flüge zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern; und 600 Euro für alle anderen Flüge.

Aber diese Ausgleichsleistung muss nicht gezahlt werden, wenn die Kunden rechtzeitig über die Annullierung informiert wurden, und zwar mindestens zwei Wochen vor Abflug bzw. zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor Antritt der Reise. Außerdem muss die Fluggesellschaft nicht zahlen, falls sie Kunden ein Alternativflug mit einem Abflug von höchstens zwei Stunden früher oder mit einer Verspätung bei der Ankunft von höchstens vier Stunden anbietet.

Weniger als sieben Tage vor dem Abflug ist ebenfalls als Frist gerechtfertigt, falls Passagiere das Angebot zu einer anderweitigen Beförderung erhalten, die es Ihnen ermöglicht, das Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.

Eine Fluggesellschaft muss die Ausgleichsleistung auch nicht bezahlen, wenn die Annullierung oder Verspätung des Fluges aufgrund außergewöhnlicher Umstände erfolgt ist, welche trotz aller Anstrengungen und notwendigen Maßnahmen nicht hätten vermieden werden können. Achtung: Ein technischer Defekt gilt nicht automatisch als „außergewöhnlicher Umstand“, sondern nur wenn das besagte Problem auf Ereignisse außerhalb der effektiven Kontrolle der Fluglinie zurückzuführen ist.

Außergewöhnliche Umstände sind etwa politische Instabilität, schlechte Wetterbedingungen, die die Durchführung des Fluges unmöglich machen, Sicherheitsrisiken oder unerwartete Flugsicherheitsmängel, Streik oder ein sogenannter „Bird strike“.

Die Fluggesellschaft muss den betroffenen Passagieren die Umbuchung auf ein alternatives Beförderungsmittel anbieten oder die Rückerstattung des Tickets innerhalb von sieben Tagen vornehmen, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Rückflug zum ersten Abflugort. Außerdem haben die Passagiere Anspruch auf Betreuungsleistungen am Flughafen: Mahlzeiten und Erfrischungen, Hotelunterbringung und Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung, zwei Telefongespräche, zwei Telefaxe oder E-Mails.

Die Passagiere eines Fluges, der sich um mehr als drei Stunden verspätet, können die gleichen Rechte – mit denselben Einschränkungen – geltend machen. Der Betrag der Ausgleichszahlung kann jedoch um 50 Prozent verringert werden, wenn die Verspätung weniger als vier Stunden beträgt.

Im Falle einer Verspätung sieht auch das Montrealer Übereinkommen, welches nicht nur für Flüge, die in der EU starten oder landen, anwendbar ist, vor, dass die Fluglinie für Schäden aus Verspätungen des Transports von Personen, Gepäck oder Waren haftet. Es ist jedoch vorgesehen, dass die Fluglinie nicht für Verspätungsschäden haftet, wenn sie nachweisen kann, dass sie selbst und die Angestellten alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.

Von: mk

Bezirk: Bozen