Das Lieferkettengesetz soll Menschenrechte weltweit stärken

IV-Chef: “Bürokratische Lawine” durch EU-Lieferkettengesetz

Donnerstag, 14. Dezember 2023 | 16:56 Uhr

Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten haben sich auf ein Lieferkettengesetz geeinigt. Damit sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren, hieß es in Mitteilungen des Europaparlaments und der EU-Staaten vom Donnerstag. “Das ist die nächste bürokratische Lawine, die gerade auf uns losbricht”, sagte IV-Chef Georg Knill im APA-Gespräch.

Größere Unternehmen müssen laut den bisher bekannten Informationen etwa auch einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Pariser Abkommen zum Klimawandel vereinbar sind, wie die EU-Staaten mitteilten. Knill versicherte, dass gerade die Austro-Industrie voll hinter den Pariser Klimazielen stehe, auch auf bestem Wege bei der Umsetzung sei, aber durch die fehlende politische Unterstützung behindert werde. Dabei geht es um raschere Genehmigungsverfahren für Infrastrukturen im gemeinschaftlichen Interesse.

Vorgesehen ist im Lieferkettengesetz auch, dass Unternehmen vor europäischen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn es in ihren Lieferketten zu Verstößen gegen Menschenrechte kommt. Die Einigung muss vom Parlament und den EU-Staaten noch bestätigt werden, das ist normalerweise aber Formsache.

“In diesem Fall hat es die Weltpolitik nicht geschafft, die UN-Nachhaltigkeitsziele global umzusetzen”, kritisierte Knill. “Die Unternehmen sollen es richten.” Womöglich bis in den KMU-Bereich hinein müssten Firmen ihre Lieferketten bis zurück zum ursprünglichsten Rohstoff so scannen, ob nicht irgendwo womöglich UN-Nachhaltigkeitsziele missachtet oder gebrochen wurden, kritisierte der IV-Chef und Maschinenbauer (Knill-Gruppe).

“Da geht es nicht nur um den direkten Lieferanten”, kritisierte Knill. “Ich weiß nicht, wie das gehen soll.” Grundsätzlich begrüße man die Nachhaltigkeitsziele, “aber das ist in diesem Fall nur gut gemeint und nicht handhabbar, nicht administrierbar”. Auch wenn man Anlagen liefere, müsse man darauf schauen, dass mit dieser nicht Nachhaltigkeitsziele gebrochen würden.

Rosemarie Schön, Leiterin der Abteilung Rechtspolitik in der WKÖ, warnte in einer Aussendung vor einem “massiven bürokratischen Mehraufwand”. Laut WKÖ sind klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) formal zwar ausgenommen, aber indirekt “sehr wohl” betroffen. “Kleinere Unternehmen dürfen als Zulieferer durch Vertragsklauseln nicht unter Druck gesetzt werden”, so Schön. Positiv sei, dass bei der Haftung von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer die geltende Rechtslage als ausreichend empfunden und ein risikobasierter Ansatz akzeptiert wurde.

Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini, sprach von einem guten Tag für die Menschenrechte, sie hätte sich aber noch strengere Regeln für Klima- und Umweltschutz gewünscht.

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 reagierte an und für sich mit Zustimmung auf das Gesetz, sieht aber “Schlupflöcher” beim Klimaschutz. Grundsätzlich begrüßt wurde die Einigung auch von der Grünen Wirtschaft, von Fairtrade Österreich, von den Hilfsorganisationen Jugend eine Welt und Dreikönigsaktion sowie vom Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe), wie es in Aussendungen hieß.

Von: APA/dpa