Anträge von Grünen, STF und FH

Landtag: Güterbahnhof, Brauchtum, Irpef-Zuschlag

Mittwoch, 29. November 2017 | 16:48 Uhr

Bozen – Im Südtiroler Landtag wurden Anträge von Grünen, Süd-Tiroler Freiheit und Freiheitlichen behandelt.

Beschlussantrag Nr. 836/17: Die Errichtung eines Güterverkehrsterminals Südtirol ist überfällig und sollte ernsthaft angegangen werden (eingebracht von den Abg. Heiss, Foppa und Dello Sbarba m 31.10.2017). Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, • für die in der Handelskammer Bozen laufende Studie auf baldigen Abschluss zu drängen und die baldige Vorlage eines Resultats anzuregen; • im Falle eines positiven Untersuchungsergebnisses eine entsprechende, weiterführende Machbarkeitsstudie für einen Güterverkehrsterminal umgehend in Auftrag zu geben.

“In unserem Land gibt es seit über einem Jahrzehnt keinen Güterbahnhof mehr, sodass Warentransporte fast ausschließlich auf LKW unvermeidlich sind”, bemängelte Hans Heiss (Grüne). “Die Rollende Landstraße ab Bahnhof Trient ist keine Alternative und im Grunde ein logistischer Nonsens (Ladung mit LKW-Garnituren im Huckepack), und nur als zeitweilige Brückenlösung geeignet. Zudem sind die RoLa-Leistungen südlich des Brenners dürftig: auf der Strecke Wörgl-Brenner wurden 2015 zwar 137.556 LKW auf RoLa transportiert, während südlich nur 17.364 LKW via RoLa verkehrten. Auch die Grundfrage, wie der Güterverkehr im Vorfeld, erst recht nach BBT-Fertigstellung organisiert wird, ist ebenso offen dringend zu klären. Umso wichtiger wäre es, die Perspektiven für einen Güterverkehrsterminal (GVT) in Südtirol zu überprüfen und diese seit vielen Jahren diskutierte Option einer Klärung bzw. der Verwirklichung zuzuführen. Hierzu stand bereits vor 10 Jahren der Standort Grasstein im Wipptal zur Diskussion, auch als Transportschleuse für die BBT-Deponien. Grasstein wäre dank seiner Lage 60 km nördlich von Bozen und 15 km nördlich des Kreuzungspunkts Pustertal eine bedenkenswerte Möglichkeit, aber auch andere Standorte kämen in Frage.”  Die derzeitige Situation sei auch für Fahrer und Spediteure eine Belastung. Das Terminal würde rund 15 Mio. Euro kosten und seine Kosten durch die Nutzung wieder einspielen.

Auch der Brennerachse herrsche derzeit Anarchie, da würden Vorschriften zur Umweltbelastung regelmäßig übergangen, meinte Bernhard Zimmerhofer (STF), der einen Güterbahnhof als sinnvolle Initiative ansah. Vor allem das Pustertal könnte dadurch entlastet werden. Das Projekt sollte in enger Abstimmung mit der Bevölkerung verwirklicht werden.

Auch Paul Köllensperger (5SB) unterstützte den Antrag. In Bozen habe es einen kleinen Güterbahnhof gegeben, aber die Transporteure hätten kein Interesse daran gezeigt. Er erinnerte daran, dass auch der Verladebahnhof in Trient nicht ausgelastet sei, weil die Tarife der Autobahn einfach konkurrenzlos seien. Für das Vorhaben müsste man RFI verhandeln, denn bisher werde dort Südtirol einfach als Durchfahrtsland gesehen. Die Landesregierung habe bislang zu wenig Druck ausgeübt.

Für das Vorhaben müssen man erst die Voraussetzungen schaffen, erklärte Sven Knoll (STF). Es brauche zunächst die rechtlichen Voraussetzungen und  den politischen Willen zur Verlagerung auf die Schiene.  Derzeit würden sogar Schienen per LKW transportiert. Die RoLa funktioniere in Österreich sehr gut, aber dort werde sie subventioniert. Zu Bedenken sei auch, dass der Aushub vom BBT von Franzensfeste aus starte.

LR Florian Mussner berichtete, dass die angesprochene Studie bereits vorgestellt und im Internet publiziert worden sei. Derzeit laufe eine Zusatzerhebung unter den größten Fuhrunternehmen, sicher werde die Handelskammer auch diese vorstellen. Diese aber sollte man vor einer Entscheidung abwarten. Für die Landesregierung sei die Verlagerung auf die Schiene prioritär, dazu seien geeignete Maßnahmen geplant. Auch beim Euregio-Verkehrsgipfel in Trient werde man darauf zu sprechen kommen sowie in anderen Gremien der Alpenregionen. In den nächsten Jahren würden in diese Richtung große Schritte gemacht. Mussner plädierte schließlich für die Ablehnung des Beschlusses.

Hans Heiss stellte fest, dass die Frage in Bewegung sei und der Handlungsbedarf eingesehen werde. Ein Güterbahnhof wäre eine Entlastung für die Anrainer, aber auch ein Wunsch vieler Fuhrunternehmer. Er hoffe, dass der Verkehrsgipfel die Blockade durchbreche, auch gegen den Widerstand von Fercam.

Der Antrag wurde mit 13 Ja, 18 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.

 

Beschlussantrag Nr. 840/17: Brauchtum nicht falsch verstandenem Toleranzdenken opfern (eingebracht von den Abg. Knoll, Atz Tammerle und Zimmerhofer am 13.11.2017). 1. Der Landtag spricht sich entschieden dagegen aus, dass traditionelles Brauchtum einem falsch verstandenen Toleranzdenken gegenüber Einwanderern geopfert oder verfälscht wird und unterstreicht die Bedeutung der Anerkennung der einheimischen Bräuche und Traditionen als Grundlage einer gelungenen Integration. 2. Der Landtag spricht sich für den Erhalt und die Pflege des Brauchtums aus und fordert die Landesregierung daher auf, dafür Sorge zu tragen, dass traditionelle christliche Bräuche und Feste auch weiterhin an den Südtiroler Bildungseinrichtungen (Kindergärten und Schulen) vermittelt und gefeiert werden können.

“Die Umbenennung der Martinsumzüge in „Lichterfeste“ oder „Laternenfeste“ hat in Süd-Tirol zu heftigen Kontroversen geführt und damit eine Diskussion entfacht, die in Deutschland und Österreich schon seit einigen Jahren ihr Unwesen treibt”, stellte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). “Unter dem Deckmantel einer vermeintlich politischen Korrektheit und eines falsch verstandenen Toleranzdenkens, wird die Verdrängung christlicher Bräuche und Symbole aus der Öffentlichkeit verlangt, weil die Gesellschaft „bunter“ geworden ist und man auf die Einwanderer Rücksicht nehmen müsse. Diese Forderung kommt jedoch in den allermeisten Fällen nicht etwa von den Einwanderern, sondern zuvörderst von links-grünen und anderweitig alternativen Gesinnungsgemeinschaften, die dem Irrglauben aufsitzen, dass die Geringschätzung der eigenen Kultur ein Zeichen von Toleranz und Weltoffenheit sei. Als Folge dieser auto-ethnophoben Doktrin, welche die Pflege des traditionellen Brauchtums als reaktionär, diskriminierend und zuweilen fast schon rassistisch abstempelt, werden Eltern und Pädagogen verunsichert, sodass auf christliche Feste in Bildungseinrichtungen oft lieber ganz verzichtet wird, oder diese, wie im Falle der „Lichterfeste“ oder „Laternenfeste“, völlig neutralisiert werden.”

Andreas Pöder (Team Autonomie) bezeichnete es als Mega-Fehler, wenn man auf eigene Bräuche verzichte, ebenso, wenn man Bräuche von anderswo wie Halloween importiere, die meist dem Kommerz geschuldet seien. Da sei keine falsche Rücksicht nötig. Notwendig wäre es hingegen, den Einwanderern unsere Bräuche zu erklären. Gerade das Martinsfest vermittle eine gute Botschaft, jene des Teilens.

Hans Heiss (Grüne) zeigte sich überrascht über Pöders moderate Töne. Die schlimmste Pervertierung christlicher Bräuche komme nicht von Grünen oder Islamisten, sondern von ihrer Kommerzialisierung. Das werde im Antrag nicht angesprochen, stattdessen werde systematisch Diffamierung betrieben. Den Grünen etwas zu unterstellen gehöre mittlerweile zum Brauchtum der Einbringer. Die Pflege des Brauchtums verdiene hohen Respekt und  genieße sie in Südtirol auch.

Bernhard Zimmerhofer (STF) berichtete, er habe gestern LR Achammer eine Liste von umbenannten Martinsumzügen übergeben. Er unterstütze auch den Vorschlag der Bäuerinnen für einen internationalen Tag des Brauchtums.

Brigitte Foppa (Grüne) fand den Antrag wie Heiss diffamierend. Das Beispiel von Düsseldorf sei falsch ausgelegt worden, es sei eine Umweltaktion gewesen, nicht eine Umdeutung des Weihnachtsbrauchs. Der Martinsumzug sei eine schöne Botschaft, auf die man nicht verzichten wolle. Die Bezeichnung “Laternenfest” kenne sie seit ihrer Kindheit. Wie Heiss fand auch Foppa die Christkindlmärkte als Beleidigung des Christkindes.

Brauchtum sei auch dem Wandel unterworfen, meinte Maria Hochgruber Kuenzer (SVP), es wäre aber falsch, es wegzulassen. Sie persönlich habe nicht Angst um diese Traditionen, es liege am Einzelnen, wieweit er sie pflege. Nicht immer werde der Grund der Traditionen hinterfragt, sie würden oft auch als Unterbrechung des Alltags erlebt. Auch sie bedaure die Kommerzialisierung des Advents, aber bei dieser Entwicklung hätten alle nur zugeschaut.

Walter Blaas (F) unterstützte den Antrag. Er sprach sich auch gegen die importierten Bräuche aus, zu denen er auch die “Befana” zählte.

Erst heute habe sie erfahren, dass eine weitere Bozner Schule, die Schulmesse zu Beginn und Ende des Jahres in ein Schulfest umwandle, berichtete Myriam Atz Tammerle (STF). Die Eltern hätten nicht den Mut, sich dagegen aufzulehnen, weil sie nicht als intolerant gelten wollten. So gingen Werte und Bräuche verloren. Man müsse vermitteln, dass diese Bräuche zu unserer Gesellschaft gehörten.

Bei aller Liebe zur Autonomie der Schule sollte die Landesregierung hier eine klare Position einnehmen, auch um gewisse Ängste zu beseitigen, erklärte Ulli Mair (F). Mit der Zunahme von Schülern aus anderen Kulturen habe es in den Schulen immer mehr Diskussionen um die Bräuche gegeben. Hier sei die Integration eine Bringschuld, der vorauseilende Gehorsam der Einheimischen sei falsch. Gerade in Südtirol sei die Sensibilität bei diesen Dingen hoch. Mair gab Foppa darin recht, dass auch die Kommerzialisierung schädlich für die Bräuche sei.

Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) kritisierte den heute weit verbreiteten Relativismus. Wenn man die Wurzeln abschneide, könne die Pflanze nicht wachsen. Man dürfe sich nicht für die eigene Vergangenheit nicht schämen, wie es etwa bei der Umbenennung vieler Kindergärten geschehen sei.

Riccardo Dello Sbarba (Grüne) meinte, dem Antrag fehle der Gegenstand, es gebe keinen Fall, es sei alles eine Erfindung. Kollege Blaas sollte sich daran erinnern, dass in Südtirol auch Italiener daheim seien, und die zählten die Befana zu ihren Traditionen. Man tue hier, als gebe es eine weltweite Verschwörung der Grünen gegen St. Martin. In Utrecht, wo sein Sohn lebe und wo die Grünen in der Stadtregierung seien, dauerten die Martinsfeiern eine ganze Woche.

LR Philipp Achammer betonte, dass es der Landesregierung wichtig sei, dass Bräuche und Traditionen gelebt und auch erklärt würden. Er sei zu Offenheit und Ehrlichkeit bei diesem Thema aufgefordert worden, also fordere er dies auch von anderen. Er habe sich die Liste von Zimmerhofer angeschaut. In Riffian z.B. sei beim “Laternenfest” ausdrücklich erwähnt worden, dass die Legende des Hl. Martin dargestellt wird. Der Ausdruck “Laternenumzug” werde schon seit vielen Jahren in Zusammenhang mit St. Martin verwendet. Die Einbringer sollten mehr auf den Inhalt schauen, nicht auf den Titel des Fests. Achammer mahnte, die Wahrheit zu respektieren und nicht Kindergärten in ein schlechtes Licht zu rücken. Er kündigte einen eigenen Antrag an, mit dem die Wichtigkeit der Bräuche betont werde ohne falsche Unterstellungen.

Sven Knoll erwiderte, Punkt 2 könne der Landesrat problemlos mittragen. Es sei offensichtlich, dass Martinsumzüge umbenannt wurden, er unterstelle dafür aber nicht eine Regie, sondern vorauseilenden Gehorsam.

Der Antrag wurde mit elf Ja und 19 Nein (1. Punkt) bzw. elf Ja und 20 Nein (2. Punkt) abgelehnt.

 

Beschlussantrag Nr. 841/17: Abschaffung bzw. Reduzierung der regionalen Zusatzsteuer IRPEF (eingebracht von den Abg. Mair, Stocker S., Tinkhauser, Blaas, Oberhofer und Zingerle am 13.11.2017). Die Landesregierung möge beauftragt werden, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ab dem Jahr 2018 der regionale IRPEF-Zuschlag nur auf jene Einkommen erhoben wird, die 35.000 Euro überschreiten; innerhalb 2020 den regionalen IRPEF-Zuschlag abzuschaffen bzw. nicht mehr einzuheben.
“Die Politik hat die Aufgabe, nach Wegen zu suchen, die Bürger vom hohen Steuerdruck zu befreien. Bekanntlich ist der regionale Zuschlag auf die IRPEF die einzige Einkommenssteuer, bei der das Land einen Gestaltungsspielraum hat”, meinte Ulli Mair (Freiheitliche). “Eine gänzliche Abschaffung des IRPEF-Zuschlags würde zwar eine Mindereinnahme im Landeshaushalt bedeuten, der entsprechende Ausfall könnte jedoch nach Abklingen der Finanz- und Wirtschaftskrise und infolge des anhaltenden Konjunkturaufschwungs weitgehend abgefedert werden. Dazu muss festgehalten werden, dass den Bürgern dieses Geld in der Tasche bliebe, würde das Land auf 0,9 Prozent (inzwischen vom Staat mit 1,23% festgelegt) der Bruttoentlohnung der Lohnabhängigen verzichten. In einigen Gemeinden des Landes wird auch noch eine kommunale IRPEF-Steuer eingehoben. Die Politik in Südtirol hat die Aufgabe, den Steuerdruck überall dort abzumildern, wo die Möglichkeit dazu besteht. Den Bürgern wird insgesamt durch spürbare Steuerentlastungen mehr und direkt geholfen als durch bürokratische Subventionsmechanismen, die letztendlich einer reinen Umverteilung gleichkommen. Diese nützt zudem nicht immer den wirklich Bedürftigen, sondern öffnet großen Spielraum für Schlaumeier und Schwindler.” Der Landtag habe bereits einmal einen Freiheitlichen Antrag angenommen, den Zuschlag baldmöglichst abzuschaffen, bemerkte Mair. In Südtirol werde ein angemessener Lebensstandard immer schwieriger, von regionalen Zusatzverträgen sei derzeit keine Rede. Steuersenkungen seien besser als Beiträge. Knapp 80 des Einkommenssteueraufkommens komme von Lohnabhängigen und Rentnern.

Walter Blaas (F) kritisierte die SVP, die sich bei solchen Anträgen immer hinter angeblichen Zwängen verstecke. Die Wirtschaftsdaten seien derzeit gut, daher könne man Steuersenkungen wagen. Der Zuschlag sei auch eine Frage der Gerechtigkeit, da er in einigen Gemeinden erhoben werde, in anderen nicht. Ein Freibetrag von 35.000 Euro wäre ein erster Schritt.

Auch Hans Heiss (Grüne) sah jetzt den richtigen Zeitpunkt für eine Steuersenkung gekommen. Mit dem gegenständlichen Vorschlag könnte man die Arbeitnehmer bis zur Mittelschicht entlasten.

LH Arno Kompatscher erinnerte daran, dass die Abschaffung des Zuschlags ein erklärtes Ziel. Mit den bisherigen Befreiungen (um insgesamt 100 Mio. Euro) sei man fast dort, es verblieben noch 20 Mio. an Einnahmen. Derzeit liege die Grenze bei 28.000 Euro, zusätzlich gebe es Befreiungen für Familien mit Kindern. Neben der Wirtschaft habe man also auch die Arbeitnehmer entlastet. Die Löhne seien 2015 und 2016 erstmals wieder real gestiegen, auch wegen dieser Maßnahmen, das habe den Verlust der Krisenjahre aber noch nicht wettgemacht. Man denke nun Maßnahmen an, um die niedrigeren Einkommen weiter zu steigern, etwa über den Steuerdruck für Unternehmen. Für höher Qualifizierte greife bereits das Spiel von Angebot und Nachfrage, bei den wenig Qualifizierten müsse man nachhelfen.

Die Leute seien an klaren, spürbaren Resultaten interessiert, meinte Ulli Mair, nicht daran, woher sie kommen. Sie lese aus den Aussagen Kompatschers heraus, dass man nächstes Jahr Wahlzuckerln verteilen wolle. Mair regte an, gemeinsam einen umsetzbaren Beschlussantrag zu formulieren.

LH Kompatscher präzisierte, dass man jetzt nicht an eine weitere Senkung des Zuschlags denke, sondern an Maßnahmen, um die niedrigen Einkommen zu stützen.
Der Antrag wurde mit 17 Nein und 15 Ja abgelehnt.

Von: luk

Bezirk: Bozen