Von: mk
Bozen – Die Arbeit in der Land- und Forstwirtschaft ist nicht ungefährlich. So wurden 2020 in Südtirol noch immer knapp 1.600 Arbeitsunfälle gezählt. Allerdings ist die Zahl der Unfälle seit Jahren deutlich rückläufig. Mit verschiedensten bekannten und neuen Sensibilisierungsmaßnahmen sollen die Unfallzahlen weiter gesenkt werden.
Wurden 2010 noch 2.469 Arbeitsunfälle im Stall, auf den Wiesen oder im Wald gemeldet, waren es 2020 mit 1.578 bereits deutlich weniger. Keinen eindeutigen Trend gibt es hingegen bei den tödlichen Arbeitsunfällen: Nachdem es zwischen 2016 und 2018 keinen einzigen tödlichen Arbeitsunfall gegeben hat, wurden 2020 drei Unfälle mit Todesfolge registriert. „Jeder Unfall ist einer zu viel. Wir wollen die Zahl der Arbeitsunfälle noch weiter senken und setzen dabei auch in Zukunft auf Sensibilisierung. Die sinkenden Unfallzahlen zeigen, dass die getroffenen Sensibilisierungsmaßnahmen wirken“, sagte Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler (heute, Dienstag) bei der Vorstellung der aktuellen Unfallzahlen und der Sensibilisierungsmaßnahmen.
Weil Kontrollen im Wald und auf den Wiesen schwierig sind, sei die Sensibilisierung besonders wichtig, sagte Sieghart Flader, Amtsdirektor im Arbeitsinspektorat. Er appellierte an die Bäuerinnen und Bauern, mehr auf die eigene Sicherheit zu achten. „Die allermeisten Unfälle in der Land- und Forstwirtschaft betreffen die Bäuerinnen und Bauern selbst.“ Für Flader seien die Jungbäuerinnen und -bauern für die Sensibilisierungsmaßnahmen sehr offen, genauso wie die mittelalte Generation. „Ältere Bäuerinnen und Bauern sind hingegen schwerer zu erreichen und zu überzeugen.“ Bei diesen würden die Gewohnheiten eine stärkere Rolle spielen.
Viel wurde in den letzten Jahren unternommen, um das Arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft sicherer zu machen. „Ein Anliegen des Südtiroler Bauernbundes war es, ein Bewusstsein für die Gefahren in der Land- und Forstwirtschaft zu schaffen, etwa durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit mit Beiträgen in den verschiedenen Medien des Südtiroler Bauernbundes“, berichtete Stephen Gallmetzer Kaufmann von der Stabsstelle Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Südtiroler Bauernbund. Auch stünde umfangreiches Infomaterial zur Verfügung. Beispiele dafür seien die Broschüren „Sicher unterwegs mit dem Traktor“, „4 Tipps für den richtigen Umgang mit dem Traktor“, „Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in der Landwirtschaft“ oder „Futterloch“.
Videos zur sicheren Ernte und zu den Gefahren in der Landwirtschaft sind online verfügbar. „Die Sensibilisierung richtet sich aber nicht nur an Bäuerinnen und Bauern, sondern auch an die Arbeitnehmer. Viele Infomaterialien und Videos gibt es daher in verschiedenen Sprachen.“ Weiters wurde auf Tagungen auf die Arbeitssicherheit aufmerksam gemacht. Auf der Fachmesse Agrialp im November steht die persönliche Schutzausrüstung in der Waldarbeit im Mittelpunkt. Zudem wird für Interessierte dank einer Virtual-Reality-Brille ein Umkippen eines Traktors simuliert und gezeigt, wie wichtig ein Überrollbügel ist.
„Viele Unfälle könnten vermieden werden, wenn etwa der Sicherheitsgurt und der Überrollbügel vorschriftsmäßig verwendet werden“, sagte Tiefenthaler. Daher wurde die Sensibilisierungskampagne „Traktor“ heuer wieder neu gestartet.
Auch das nationale Unfallinstitut INAIL unterstützt die Arbeitssicherheit, indem es den Ankauf von neuen Traktoren fördert. Wichtig war zudem das Projekt „Sentinel“. „Ein Gerät zeigt die Neigung an und warnt den Benutzer eines Traktors, wenn sich die Maschine zu stark neigt.“
Im Bereich Wald wurde verstärkt auf die Wichtigkeit der persönlichen Schutzausrüstung hingewiesen. Eine wichtige Rolle spielen die sicherheitstechnische Ausbildung und die Ausbildung zur Führung besonderer Maschinen, die gesetzlich vorgeschrieben sind und alle fünf Jahre „aufgefrischt“ werden müssen. „Viele Initiativen sind in Zusammenarbeit mit der Südtiroler Bauernjugend entstanden. Sie ist in der Sensibilisierungsarbeit besonders wichtig“, lobte Gallmetzer Kaufmann.
Zu mehr Sicherheit in der Land- und Forstwirtschaft würden auch die Kontrollen durch das Arbeitsinspektorat beitragen. „Neben der Aus- und Weiterbildungspflicht, die kontrolliert wird, liegt ein Fokus auf der Maschinensicherheit. Die meisten Unregelmäßigkeiten gibt es beim Sicherheitsgurt und bei der Instandhaltung der Maschinen“, sagte Martin Mair, technischer Arbeitsinspektor, Sektor Unfalluntersuchungen.
Seit Jahren wird zudem über eine verpflichtende Revision der landwirtschaftlichen Maschinen diskutiert. „Diese wird irgendwann kommen. Für Südtirol sehe ich hier aber keine Probleme, da auf den allermeisten Betrieben neue oder neuwertige Maschinen im Einsatz sind.“
Ziel all dieser Maßnahmen war und ist es, auf die verschiedenen Gefahrenquellen in der Land- und Forstwirtschaft hinzuweisen. Gefahren lauern an vielen Stellen: Zum einen werden in Südtirol, im Gegensatz zum übrigen Staatsgebiet, auch sehr steile Flächen bewirtschaftet – mit den entsprechenden Risiken, wie z. B. dem Absturz. Zum anderen spielt die Waldwirtschaft eine größere Rolle als in anderen Regionen – und die Waldbewirtschaftung bringt Gefahren, wie das Abrutschen oder die Gefahr durch umstürzende Bäume.
Weiters werden viele Betriebe im Nebenerwerb geführt, was nicht selten mit einem großen Zeitdruck verbunden ist. Und gerade unter Zeitdruck passieren Fehler, die zu Unfällen führen. Und nicht zuletzt helfen bei der Arbeit am Hof mehrere Generationen mit. Und gerade ältere Menschen sind häufig von Unfällen verwickelt.