Von: luk
Bozen – Im Liebesmonat Mai werden auch zahlreiche Tierarten in ihrer Fortpflanzung aktiv – darunter die gefürchtete Marmorierte Baumwanze, die zwischen Mitte Mai und Mitte Juni ihre ersten Eier ablegt. Zeit, dass sich auch die natürlichen Gegenspieler in Position bringen: Nach vielversprechenden Ergebnissen aus dem Vorjahr setzt die Arbeitsgruppe für den integrierten Obstanbau in Südtirol (AGRIOS) auch heuer wieder auf die heimische Schlupfwespe – deren Larven vernichten nämlich die Baumwanzen-Eier.
Die Marmorierte Baumwanze wurde ursprünglich aus Asien eingeschleppt. Sie hat sich seit 2016 auch in Südtirol und hier vor allem in den Obstbaugebieten stabil angesiedelt, weil sie sich besonders gerne von den Früchten ernährt. „Das massive Aufkommen dieses Schädlings ist für die Apfelbauern mittlerweile ein Riesenproblem geworden – wobei auch nichtbäuerliche Haushalte keine große Freude haben, wenn die Baumwanzen in Dachböden oder Kleiderschränken eindringen“, stellt AGRIOS-Obmann Harald Weis fest. Gemeinsam mit dem Versuchszentrum Laimburg und dem Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau sucht man daher seit Jahren nach Wegen, diesen Schädling in die Schranken zu weisen – und dies auf möglichst natürliche Weise: AGRIOS hat bereits vor mehr als 30 Jahren begonnen, den konventionellen Anbau mit naturnahen und nachhaltigen Methoden – etwa dem Einsatz natürlicher Feinde gegen Schädlinge – umzukrempeln und ist in vielen Bereichen dem biologischen Anbau ähnlich. Praktisch alle Südtiroler Obstbauern, die nicht biologisch anbauen, arbeiten nach den AGRIOS-Richtlinien.
Als natürlicher Gegenspieler der Marmorierten Baumwanze wurden Schlupfwespen ausfindig gemacht. Die AGRIOS setzte dazu Anfang Juni 2020 erstmals eigens gezüchtete Populationen der heimischen Schlupfwespe aus. Wenn diese sich vermehrt, legt sie ihre Eier bevorzugt in die Eiablagen von Baumwanzen – auch jene der Marmorierten Baumwanze. Die schlüpfenden Larven der Schlupfwespe ernähren sich von den Baumwanzen-Eiern und verhindern so, dass sich neue Baumwanzen entwickeln. Genau so geht übrigens die asiatische Samurai-Wespe vor, mit der die Laimburg im Vorjahr erste Versuche unternommen hat. Weil es sich aber im Unterschied zur heimischen Schlupfwespe um kein autochthones Insekt handelt, bedarf es für ihre Freisetzung auch heuer wieder der ministeriellen Genehmigung aus Rom.
Vielversprechende Ergebnisse aus dem Vorjahr
Die Ausbringung der heimischen Schlupfwespe wurde von der AGRIOS gemeinsam mit dem Beratungsring und dem Partnerunternehmen „Bio Planet“ geplant. Im Vorjahr wurde sie an fünf Standorten freigesetzt: in den Gemeinden Nals, Kaltern, Lana, Leifers und Naturns jeweils an Standorten, wo besonders viel Befall durch die Marmorierte Baumwanze zu verzeichnen war. Und wie sind die Erfahrungen? Harald Weis: „Wir können sagen, dass die Ergebnisse vielversprechend sind: Die Marmorierte Baumwanze hatte letztes Jahr insgesamt zwar kein gutes Jahr, dennoch konnten wir ca. 100 Wanzen-Gelege finden. Über die Hälfte davon waren von der heimischen Schlupfwespe parasitiert.“ Die heimische Schlupfwespe funktioniert also grundsätzlich, um die Vermehrung der Marmorierten Schlupfwespe in Grenzen zu halten. „Sicherlich ist die heimische Schlupfwespe nicht so effizient wie die asiatische Samurai-Wespe, auf der anderen Seite ist ihr Einsatz viel unbürokratischer und einfacher“, so Weis.
Um die vielversprechenden Eindrücke aus den ersten Versuchen vom Juni 2020 zu überprüfen, wird das Experiment in diesem Jahr wiederholt, erklärt Weis: „Wir wiederholen das Projekt eins zu eins – derselbe Partner, dieselben Mengen an eigens gezüchteten Schlupfwespen, dieselben Standorte der Freilassung. Somit gehen wir davon aus, dass wir im nächsten Jahr ein runderes Bild haben werden über Wirkungsweise und Erfolg.“