"Liquidität wird beschnitten"

lvh-Spitze gegen Ausweitung des Split Payment

Freitag, 28. April 2017 | 12:10 Uhr

Bozen – Schien die Abschaffung des in Vergangenheit stark kritisierten Split-Payment-Systems für viele schon greifbar in greifbarer Nähe, wurde diese Hoffnung von den jüngsten Entscheidungen der italienischen Regierung zerschlagen: Ab Juni ist es nicht mehr nur für die öffentliche Verwaltung verpflichtend, die Mehrwertsteuer bei Lieferantenrechnungen einzubehalten und direkt an die Staatskasse auszuzahlen, sondern wird diese Maßnahme nun auch auf öffentliche Gesellschaften ausgeweitet. „Dadurch wird die Liquidität  und Existenzsicherung unserer Unternehmen weiter beschnitten“, betont lvh-Präsident Gert Lanz.

Südtirols Mittel- und Kleinunternehmen, die in den vergangenen Monaten auf eine Abschaffung oder zumindest auf eine Lockerung des Split-Payment-Systems gehofft haben, sind nun von der italienischen Regierung bitter enttäuscht worden. Während das wenig effektive Verfahren aufrecht bleibt, soll es jetzt zudem auch von Seiten der öffentlichen Gesellschaften – also Betriebe, die von öffentlichen Einrichtungen direkt oder indirekt kontrolliert werden  bzw. Betriebe, die im MIB der Mailänder Börse gelistet sind -angewandt werden. Ursprünglich als Werkzeug zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung eingeführt, verpflichtet Split-Payment seit 2015 die öffentliche Verwaltung, die Mehrwertsteuer der Lieferantenrechnungen einzubehalten und direkt an das Steueramt abzuführen. Die ausbezahlten Betriebe befinden sich dadurch im Steuerguthaben und müssen nicht nur auf die oft sehr späten Rechnungszahlungen der öffentlichen Hand, sondern zusätzlich monatelang auf die zögerlichen Rückzahlungen der Mehrwertsteuer seitens des italienischen Staates warten. Auch ist das Ansuchen um die Rückzahlung der Mehrwertsteuer nicht nur mit Kosten, sondern auch mit einem hohen bürokratischen Aufwand für die Betriebe verbunden. „Wir kommen nicht umhin, immer wieder auf die Absurdität dieses Mechanismus hinzuweisen und weiter vehement dagegen zu protestieren“, unterstreicht lvh-Präsident Gert Lanz. „Will man effizient gegen die Steuerhinterziehung vorgehen und vor allem den Klein- und Mittelbetrieben als Basis der Wirtschaft nicht noch weitere Schwierigkeiten aufhalsen, wäre beispielsweise die Ausweitung der elektronischen Fakturierung die sinnvollere Maßnahme,“ erklärt er. Diese besteht in Italien ebenfalls seit 2015 und ist hier in der Häufigkeit ihrer Anwendung sogar über dem europäischen Mittelwert. „Der Staat ist nicht nur generell unfähig, innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne offene Summen bei den Betrieben zu begleichen. Allein die korrekte Berechnung der geschuldeten Beträge stellt ihn vor größte Probleme. Das Split-Payment-System ist deshalb äußerst fragwürdig und eine reine Zerreißprobe für unsere Betriebe!“, bringt lvh-Präsident Lanz das größte Problem am gesamten Verfahren abschließend auf den Punkt.

Von: luk

Bezirk: Bozen