Von: mk
Bozen – Zwar ist die Milchwirtschaft europaweit unter Druck, zwei große gesellschaftliche Trends sprechen aber für die Südtiroler Milchbauern und Milchhöfe: „Der erste Trend ist jener hin zu einem immer bewussteren, regionalen Konsum, der andere jener hin zu Produkten, die eine Geschichte zu erzählen haben“, so Obmann Joachim Reinalter bei der Vollversammlung des Sennereiverbandes Südtirol. Die Geschichte hinter den Südtiroler Milchprodukten handle von Almen und Weiden, kleinen Höfen, von Bergbauernfamilien, der gebündelten Kompetenz der Milchhöfe sowie einer durch den Sennereiverband garantierten Qualität.
„Konsumentinnen und Konsumenten entscheiden sich beim Einkauf immer öfter für Produkte, die Einzigartigkeit versprechen und sich von Massenprodukten abheben“, so Reinalter. „Das ist ein Trend, der unseren Produkten mit ihrer langen Tradition und der beeindruckenden Herkunft zugutekommt.“ Entsprechend lege der Sennereiverband bei all seinen Marketing- und Kommunikations-Aktivitäten Wert darauf, die Geschichte hinter den Produkten zu erzählen. Und weil man mit der Sensibilisierung für Qualität, Herkunft und Kontrolle nicht früh genug beginnen könne, laufe auch das Milchschulprojekt des Verbandes erfolgreich. So sind 2018 nicht weniger als 260 Klassen mit mehr als 2000 Drittklässlern in den Genuss des Projektes gekommen.
Regionalität als Trumpf
Regionalität ist der zweite gesellschaftliche Trend, auf den die Südtiroler Milchwirtschaft setzt. „Studien von Zukunftsforschern gehen davon aus, dass 2030 schon rund 70 Prozent eines Supermarktsortiments aus regionalen Produkten bestehen wird“, berichtet Reinalter. Auch dies komme den Südtiroler Milchprodukten zugute, die zum Großteil auf dem heimischen und dem nationalen Markt abgesetzt würden. „Aber auch der internationale Milchmarkt wird verstärkt bearbeitet, vor allem den Markt für Käse bedient man schon erfolgreich“, so der Obmann, der darauf verweist, dass Südtiroler Milchprodukte mittlerweile in 40 Ländern weltweit zu haben seien.
Stabile Mengen, steigende Qualität
Mengenmäßig entwickelt sich die Südtiroler Milchwirtschaft stabil. Die Menge angelieferter Kuhmilch etwa lag 2018 bei 405,8 Millionen Kilogramm (davon 13,9 Millionen Kilogramm Biomilch), jene der Ziegenmilch ist um rund drei Prozent auf 1,44 Millionen Kilogramm gestiegen. „Wir sind froh, dass wir die Liefermenge stabil halten konnten, obwohl die Witterung nicht mitgespielt hat“, erklärt Reinalter und verweist auf den trockenen Sommer und das instabile Wetter, das die Heuernte hinausgezögert und deren Qualität beeinträchtigt habe.
Umso erstaunlicher ist, dass die Qualität der Rohmilch in Südtirol Jahr für Jahr gesteigert wird. „Unsere Rohmilchanalysen zeigen, dass die Qualitätsparameter Fett- und Eiweißgehalt steigen, während die Keimzahl stabil bleibt und die Zellzahl kontinuierlich sinkt, was für eine noch weiter verbesserte Hygiene und Tiergesundheit spricht“, erklärt Annemarie Kaser, Direktorin des Sennereiverbandes.
Sie verweist auf eine lückenlose Qualitätskontrolle entlang der gesamten Produktionskette. Diese beginnt mit rund 2500 Hofberatungen des Sennereiverbandes jährlich, setzt sich über die Kontrolle der Milchsammelwagen und der Rohmilch fort und endet mit umfassenden Kontrollen in den Milchhöfen und der Produkte. „Wir haben 2018 mit 792.000 rund 5000 Proben mehr gezogen als 2017 und fünf Millionen Analyseergebnisse produziert“, so Kaser.
Stabile Preise und leichtes Umsatzplus
Während 2018 europaweit erneut Einbußen von über zwei Prozent beim Milchpreis zu verzeichnen waren, entwickelte sich der Südtiroler Milchpreis stabil und belief sich auf 50,64 cent pro Kilogramm. Erfreulich ist auch der Umsatz von knapp über 503 Millionen Euro, der 2018 bei den Milchhöfen zu verzeichnen war. Das damit erzielte Plus von knapp über drei Prozent und die daran hängenden mehr als 1000 Arbeitsplätze im Land sind vor allem der leicht gestiegenen Menge und einer weiterhin konsequenten Veredelung zu verdanken. Deutlich positiv entwickelten sich vor allem die Produktionsmengen von Joghurt, Mozzarella und Mascarpone.
Sorgen bereitet Minus bei Betrieben und Plus bei Kosten
Sorgen bereiten indes die steigenden Kosten vor allem bei Verpackung, Energie und Entsorgung sowie die kostenintensiven steigenden Anforderungen der Handelsketten. „Bei den Kostensteigerungen die richtige Balance zwischen Konsumenten und Lieferanten zu finden, ist schwierig“, so Obmann Reinalter. So dürften die Konsumentinnen und Konsumenten nicht über die Maßen belastet werden, während die Bauern ein Auskommen
haben und für ihre Arbeit fair entlohnt werden müssten. „Schon heute sind die allermeisten Betriebe auf ein Zusatzeinkommen und öffentliche Förderungen angewiesen, um überleben zu können“, erklärt Reinalter.
Dies wirkt sich auch auf die Zahl der Milchbetriebe in Südtirol aus. So gab es 2018 noch 4691 aktive Milchlieferanten. „Das sind im Vergleich zu 2017 85 und zum Jahr 2000 fast 1500 weniger“, so der Obmann. Durchschnittlich stehen in den Ställen der Betriebe gerade einmal 15 Milchkühe. „Man muss sich bewusst sein, dass sich hinter dem Produkt Milch die tägliche Arbeit mit den Tieren, der achtsame Umgang mit Grund und Boden und das Leben der bäuerlichen Familie verbirgt“, so Verbandsdirektorin Kaser, die zudem betont: „Die Bäuerinnen und Bauern produzieren nicht nur Milch, sie produzieren auch Landschaft, wovon das ganze Land profitiert.“
Beste Milch kommt aus Prettau
Wie es bereits Tradition ist, wurde im Rahmen der Vollversammlung des Sennereiverbandes Südtirol auch der beste Milchlieferant des Landes ausgezeichnet, jener Betrieb also, dessen Milch die besten Qualitätswerte aufzuweisen hat. In diesem Jahr ist Franz Innerbichler vom Götschhof in Prettau der Landesbeste, auch wenn die Voraussetzungen alles andere als optimal sind: Die Wiesen des Götschhofes sind steil, die Heuernte muss zum Großteil von Hand gezogen und getragen werden und im Stall stehen gerade einmal vier Melkkühe. „Es ist wirklich verwunderlich, dass wir so eine Milch zusammenbringen“, sagt dann auch Franz Innerbichler, „wenn man nicht Hand in Hand arbeitet, dann geht das nicht“.
Hand in Hand arbeiten am Götschhof Bauer Franz und seine Frau Paula, ihre drei Kinder und Franz‘ Vater, geliefert wird die Milch an die Bergmilch Südtirol und die Frage, warum man sich das alles antue ist eine, die sich für den Landesbesten 2018 erst gar nicht stellt. „Wenn die Leute wüssten, was das für eine Genugtuung für uns ist. Wenn uns die Arbeit nicht freuen würde, würden wir sie ja nicht machen.“