Von: luk
Bozen – Mehr als 25 Organisationen wollen mit der Petition „Missbrauch in Südtirol aufarbeiten & Kinder und Jugendliche besser schützen“ aufrütteln, enttabuisieren, sensibilisieren und politisch Verantwortliche zum Handeln auffordern. Sie laden alle Menschen in Südtirol ein, die Petition bis
15. Juni unter change.org/missbrauch-abuso zu unterschreiben.
Sexueller Missbrauch und sexuelle Übergriffe finden vielerorts statt: in Familien, innerhalb der Kirche, in Schulen, Sportvereinen und in sozialen Einrichtungen. Im Herbst 2022 ist im Raetia Verlag das Buch „Wir brechen das Schweigen“ von Psychotherapeutin Veronika Oberbichler und Fotograf und Projekt-Initiator Georg Lembergh erschienen: Betroffene sprechen über persönliche Erfahrungen des Missbrauchs und über Phasen der Aufarbeitung. Bei den Teilnehmenden der Buchvorstellungen war der Wunsch groß, etwas zu tun und die Bevölkerung aufzurütteln. Eine Petition, die von mehr als 25 Südtiroler Organisationen aus allen Bereichen mitgetragen wird, fordert die politisch Verantwortlichen auf, endlich eine unabhängige und weisungsfreie Ombudsstelle für Fragen des sexuellen Missbrauchs einzurichten, eine wissenschaftliche Kommission zur Untersuchung und Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch einzusetzen und laufend Sensibilisierungsarbeit zu betreiben. Bei einer Pressekonferenz in Bozen (18. Mai) wurde die Petition heute vorgestellt. Die Initiator:innen laden Südtirols Bevölkerung ein, unter change.org/missbrauch-abuso oder www.future.bz.it zu unterschreiben. In der zweiten Junihälfte werden die Unterschriften den Verantwortlichen der Südtiroler Landesregierung übergeben.
Obwohl es auch in Südtirol Einrichtungen und Organisationen gibt, die sich des Themas der sexualisierten Gewalt punktuell annehmen, brauche es dringend ein entschiedeneres und koordiniertes Vorgehen in Sachen Aufarbeitung und Prävention, das vor allem auch gesellschaftlich sichtbar wird, sagen die Initiator:innen der Petition Veronika Oberbichler, die Promotorinnen von „La Rete – das Netzwerk – La Rëi“ Judith Hafner, Sigrid Seberich und Daniela Delmonego und Johann Kiem vom Institut „De Pace Fidei“.
Im Südtiroler Landtag wurde im Mai 2021 ein Beschlussantrag eingebracht, der die Errichtung einer landesweiten weisungsfreien Ombudsstelle mit einem/einer Beauftragten für Fragen des sexuellen Missbrauchs vorsieht. Außerdem soll in Südtirol eine wissenschaftliche Kommission zur Untersuchung und Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch eingesetzt werden. Derzeit ist zwar eine Arbeitsgruppe dabei, konkrete Vorschläge für die Umsetzung zu erarbeiten. Doch es geht nur langsam voran. Zunehmend mehr Organisationen und Privatpersonen schließen sich deshalb einer aus Südtirols Zivilgesellschaft herausgewachsenen Plattform an, die die Petition „Missbrauch in Südtirol aufarbeiten & Kinder und Jugendliche besser schützen“ und deren Inhalte forciert. Die Petition unterstützt das Landtags-Vorhaben ausdrücklich.
Jede Unterschrift trage dazu bei, dass der Beschlussantrag vollumfänglich, nachhaltig und entschieden umgesetzt wird und die Themen sexualisierte Gewalt und sexueller Missbrauch in Südtirol mit den nötigen Ressourcen angegangen werden, sagen die Initiatoren der Petition. 25 Organisationen – täglich kommen weitere dazu – aus den Bereichen Kultur, Sport, Landwirtschaft, Soziales, Kirche und Genossenschaftswesen haben die Petition „Missbrauch in Südtirol aufarbeiten & Kinder und Jugendliche besser schützen“ heute bei einer Pressekonferenz im Garten des Hotel Mondschein in Bozen vorgestellt und ihre Motivation der Unterstützung mitgeteilt. Sigrid Seberich von Tiatro hat sich mit einer Theater-Performance eingebracht: „Die Magie des Theaters erlaubt uns, Unerhörtes frei von jeder Wortkultur spürbar zu machen“, sagte sie im Anschluss. „Es ist wichtig, sexualisierte Gewalt als Teil unserer Realität zu verstehen, sie nicht weiter zu bagatellisieren, zu vertuschen oder zu verleugnen“, sagte die Verfasserin der Petition, Psychologin und Psychotherapeutin Veronika Oberbichler. Betroffene bräuchten angemessene Information und Unterstützung, auch wenn die Missbrauchserfahrungen schon länger zurückliegen. Betroffenen Kindern und Jugendlichen müsse geholfen werden, damit sie schnellere und kompetentere Hilfe bekommen. Judith Hafner von „La Rete Das Netzwerk La Rëi“ erklärte: Eine wesentliche Voraussetzung sei eine informierte und kompetente Gesellschaft und ein Umfeld, das nicht länger aus Scham oder Ohnmacht die Augen verschließt.“ Johann Kiem von „De Pace Fidei“ betonte: „Wir unterstützen die Petition, weil es um die unantastbare Würde eines jeden Menschen geht.“ Die Vorsitzende von Coopbund Monica Devilli sagte: „Wir unterstützen die Petition, weil die Stärkung, Vernetzung und Beratung von Betroffenen und deren Angehörigen uns alle angeht und unsere Gesellschaft konkrete Hilfsmittel braucht, um Gefahrensituationen besser einzuschätzen.“ Die Vorsitzende des Katholischen Familienverbandes KFS Angelika Mitterrutzner unterstrich die Notwendigkeit der Unterstützung von Familien, in denen es zu Missbrauch kommt. Sensibilisierung sei notwendig, das Tabu nach wie vor groß.
Diese Organisationen tragen die Petition mit:
Arbeitsgemeinschaft der Jugenddienste AGJD, Caritas Diözese Bozen-Brixen, Coopbund Alto Adige Südtirol, Cooperativa/Genossenschaft SAVERA, De Pace Fidei, Familienberatungsstelle Lilith, Frauenarchiv-Archivio storico delle donne, Frauenmuseum Meran-Museo delle Donne Merano, Initiative Frauenmarsch, Katholischer Familienverband Südtirol KFS, Katholische Frauenbewegung KFB, Katholische Jungschar Südtirols KJS, Katholische Männerbewegung KMB, Katholischer Verband der Werktätigen KVW, Kernteam „La Rete Das Netzwerk La Rëi“, La Strada–der Weg „Il Germoglio –Der Sonnenschein“, Netzwerk Eltern-Kind-Zentren Südtirols, Plattform Sexualpädagogik Südtirol, Südtiroler Bäuerinnenorganisation SBO, Südtirols Katholische Jugend SKJ, Teatro Cristallo, Tiatro, Unione Societá Sportive Altoatesine USSA, Verband der Sportvereine Südtirols VSS, Verein für Kinderspielplätze und Erholung VKE
Alle Südtiroler sind aufgerufen, die Petition bis 15. Juni 2023 unter change.org/missbrauch-abuso oder www.future.bz.it zu unterschreiben.