Von: mk
Bozen – Erstmals kürt Südtirol einen eigenen „Fisch des Jahres“. Mit dieser Initiative wollen der Fischereiverband Südtirol, das Amt für Wildtiermanagement und das Aquatische Artenschutzzentrum die Aufmerksamkeit auf heimische Fischarten und deren Lebensräume lenken. Für das Jahr 2025 fiel die Wahl auf die Mühlkoppe oder oder Tolm auf Südtirolerisch – einen unscheinbaren, aber ökologisch äußerst bedeutsamen Fisch, dessen Bestände sich in den letzten Jahrzehnten erfreulich erholt haben.
Im Rahmen einer Pressekonferenz präsentierte Markus Heiss, Präsident des Fischereiverbands Südtirol, gemeinsam mit dem für die Fischerei zuständigen Landesrat Luis Walcher, den ersten „Südtiroler Fisch des Jahres“. Schauplatz war die Mündung der Talfer in den Eisack – ein symbolträchtiger Gewässerort im Herzen von Bozen.
Von der Gefährdung zur Erfolgsgeschichte
Ab den 1950-er Jahren war die Mühlkoppe stark gefährdet – insbesondere durch Gewässerverschmutzung und die Zerschneidung ihrer Lebensräume. Das Fischereigesetz von 1978 stellte die Art schließlich unter Schutz. Doch erst in den letzten beiden Jahrzehnten sind deutliche Erholungszeichen sichtbar geworden. Eine aktuelle Studie zeigt: Zwischen 2000 und 2020 nahmen die Bestände in 78 Prozent der untersuchten Südtiroler Gewässer jährlich um durchschnittlich sieben Prozent zu – ein beeindruckender Beleg für die Wirksamkeit konsequenter Gewässerschutzmaßnahmen.
Symbol für erfolgreichen Gewässerschutz
Die Wahl der Mühlkoppe zum „Fisch des Jahres“ unterstreicht den Erfolg gezielter Schutzmaßnahmen. Landesrat Walcher betont:„Die Bestandszunahme der Mühlkoppe seit den 2000er Jahren zeigt, dass Südtirol mit dem Ausbau der Kläranlagen eine flächendeckende und vorbildliche Abwasserreinigung erreicht hat. Auch Renaturierungen, die Wiederherstellung naturnaher Uferstrukturen und die Beseitigung von Wanderhindernissen zeigen Wirkung. Das sollte Mut machen – auch für den Schutz weiterer gefährdeter Fischarten.“
Weit verbreitet – aber nicht ungefährdet
Heute ist die Mühlkoppe in vielen Hauptgewässern Südtirols wie Etsch, Eisack und Rienz wieder weit verbreitet. Auch in zahlreichen Seitengewässern, etwa im Antholzer Bach, finden sich stabile Populationen. Selbst in hochgelegenen alpinen Seen bis auf 2.222 Meter Seehöhe wurden selbsterhaltende Bestände nachgewiesen.
Trotzdem bleibt die Art lokal gefährdet – vor allem durch den Klimawandel und den damit einhergehenden steigende Wassertemperaturen und zunehmend häufige Extremwetterereignisse, oder infolge der Spülungen von Stauanlagen.
Lebensweise eines besonderen Fisches
Die Mühlkoppe ist ein bodenlebender Fisch, der sich langsam und ruckartig fortbewegt. Da sie keine Schwimmblase besitzt, lebt sie ausschließlich am Gewässergrund. Zum Schutz vor Fressfeinden ist sie überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Tagsüber zieht sie sich in Verstecke zurück – bevorzugt in strukturreiche Gewässer mit grobem Kies, Steinen, Totholz oder unterspülten Ufern.
Mit ihren kräftigen, fächerförmigen Brustflossen bewegt sie sich ruckartig voran und kann bei Gefahr auch kurze Strecken schwimmend zurücklegen. Ihr hoher Sauerstoffbedarf wird durch das sauerstoffreiche Wasser ihres Lebensraums zuverlässig gedeckt.
Die Mühlkoppe ist ein räuberischer Fisch. Sie ernährt sich hauptsächlich von Kleinkrebsen, Insektenlarven und Würmern, gelegentlich auch von Jungfischen oder Laich. Entgegen einem verbreiteten Irrglauben gilt sie jedoch nicht als ausgesprochener Laichräuber.
Gleichzeitig stellt sie eine wichtige Nahrungsquelle für viele Raubfische dar – insbesondere für Südtirols bekannteste Fischart, die Marmorierte Forelle. „Diese profitiert deutlich davon, wenn in einem Gewässer viele Mühlkoppen vorkommen“, erklärt Heiss, „und somit profitieren auch die Fischer davon.“
Hoffnungsträger für Südtirols Fischbestände
Die positive Entwicklung der Mühlkoppe steht sinnbildlich für den erfolgreichen Schutz und die ökologische Aufwertung heimischer Fließgewässer. Sie zeigt, wie wirkungsvoll nachhaltiges Gewässermanagement sein kann – und gibt Anlass zur Hoffnung für den Erhalt naturnaher aquatischer Lebensräume in Südtirol.
„Die Mühlkoppe beweist: Wenn die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, können sich auch gefährdete Fischbestände wieder erholen“, so Heiss. „Das gibt uns Zuversicht für die zukünftige Entwicklung unserer Fischbestände.“
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