Von: luk
Bozen – Wer finanzielle Schwierigkeiten oder eine geringe Kreditwürdigkeit hat, könnte auf die Idee kommen, im Internet nach einem Geldgeber zu suchen. Hier ist jedoch äußerste Vorsicht geboten, denn im Web ist es nicht leicht, ein interessantes Angebot von einem Betrug zu unterscheiden, mahnt die Europäische Verbraucherzentrale und thematisiert einen konkreten Fall.
1.500 Euro ergaunert
Rosa muss mehrere persönliche, nicht vorhersehbare Ausgaben bewältigen. Über die sozialen Netzwerke stößt sie auf mehrere Werbungen, die mit Slogans wie “Wir lehnen keinen ab” oder “Niedrige Zinssätze für das, was du dir wünscht” ihre Produkte anpreisen. Auf einer Internetseite liest Rosa dann, dass Kredite auch an jene vergeben werden, die, wie sie, eine geringe Kreditwürdigkeit haben: Zinssatz zwei Prozent, monatliche Rate geringer als 200 Euro, keinerlei Kontrolle zur Kreditwürdigkeit. Rosa freut sich, endlich einen Finanzier gefunden zu haben und bittet um nähere Informationen, die ihr zunächst über E-Mail, wenn auch nicht sehr ausführlich, gegeben werden.
Die kontaktierte Person stellt sich als Vermittler heraus, welcher die Verbraucherin mit einer privaten Person, Carla, französische Staatsbürgerin, in Kontakt setzt, die anscheinend mit ihr den Kredit abschließen würde. Carla bestärkt Rosa über Whatsapp, den Kreditvertrag abzuschließen und Rosa schickt, wieder über Whatsapp, eine Kopie ihrer Identitätskarte und der Telefon- und Stromrechnungen.
Um Rosa zu überreden, mehr als 1.500 Euro als angebliche Verwaltungsspesen und um Kosten für die Abwicklung des Kreditverfahren auf das deutsche Bankkonto der vermeintlichen Carla zu überweisen, und sie in Bezug auf die Verlässlichkeit der Finanzierung zu beruhigen, schickt man ihr einen Entwurf des Finanzierungsvertrages. In der Folge überweist Rosa dann in drei Etappen den Betrag.
Aber Rosa erhält die versprochene Summe nicht innerhalb des vereinbarten Termins, und da ihr erste Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Kreditanbieters kommen, wendet sie sich an das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Italien. Die Beraterinnen sind sich sofort darüber im Klaren, dass es sich hierbei um Betrug handelt. Nach Überprüfung der Homepage und Unterlagen stellt das EVZ fest:
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Der Online-Finanzier führt keinerlei Kontrollen in Bezug auf die Kreditwürdigkeit durch.Diesem Aspekt misst er auch keinerlei Interesse bei, drängt auf der anderen Seite aber die Verbraucherin dazu, persönliche Dokumente zu schicken.
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Die finanzierende Person war nicht dazu ermächtigt, in Italien tätig zu sein. Jeder EU-Staat verlangt nämlich, dass Unternehmer, welche Geld verleihen, eine Ermächtigung der zuständigen Aufsichtsbehörde haben. All jene, die in Italien Kreditvermittlung betreiben, müssen von der Banca d’Italia dazu ermächtigt worden sein.
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Das von der Verbraucherin erhaltene Angebot war unvollständig: Die in diesem Bereich geltende Gesetzgebung sieht zwingend vor, dass dem Verbraucher eine umfangreiche Information zu den finanziellen Bedingungen des Kredits, einschließlich der Abwicklungsspesen, des Zinssatzes und der Informationen zum Rücktrittsrecht gegeben werden muss. Weiters wurden in dem Entwurf grammatikalische und sprachliche Fehler festgestellt.
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Die Internetseite enthält unvollständige Kontaktdaten: Es gibt lediglich ein Online-Kontaktformular und eine Handynummer der vermeintlichen Carla, währenddessen das Gesetz die Angabe einer Festnetznummer, einer Postadresse sowie des Links zur ODR-Plattform und zu einem außergerichtlichen Streitbeilegungsorgan, meist ein Bankenombudsmann, vorsieht.
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Der Finanzier hatte mehrere Beträge als Vorauszahlungen gefordert und dies mit scheinbaren Verwaltungs- und Abwicklungsspesen sowie für notarielle Dokumente gerechtfertigt. Es bestehen sicherlich berechtigte Zweifel, inwieweit ein Kreditanbieter eine Summe vor Genehmigung des Kredits einfordert.
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Der Geldgeber fordert, dass die Zahlung mittels Banküberweisung auf ein ausländisches Bankkonto, über Geschenkkarten oder Aufladungen von Prepaid-Karten zu erfolgen hat: Alles Zahlungsmodalitäten, die kaum oder überhaupt nicht rückverfolgbar sind.
Die Experten des EVZ konnten im Fall von Frau Rosa nichts anderes machen, als der Verbraucherin zu bestätigen, dass es sich hier um Betrug handelt und sie aufzufordern, Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Dies vor allem deshalb, weil sie persönliche Dokumente und Rechnungen an Fremde geschickt hatte. Dieser Aspekt ist keineswegs zu unterschätzen, da diese Dokumente durchaus von den Betrügern dazu benutzt werden können, um weitere Straftaten zu begehen.