Von: mk
Bozen – Die Einführung des 13-Stunden-Tages in Griechenland als Maßnahme zur Verlängerung der Arbeitszeit hat einiges an Aufsehen erregt. Wenige wissen jedoch, dass in Österreich bereits seit 2018 die maximale tägliche Arbeitszeit zwölf Stunden betragen kann – allerdings entstand dieses Gesetz hier sogar aus dem gegenteiligen Grund, nämlich um den Missbrauch von Überstunden einzudämmen. In Italien ist der 13-Stunden-Arbeitstag bereits seit 2003 geregelt, aber für die lohnabhängig Beschäftigten nach wie vor kaum vorteilhaft. Vor diesem Hintergrund sieht der Entwurf des Haushaltsgesetzes 2026 ein Modell der steuerlichen Entlastung vor, um Überstunden finanziell attraktiver zu machen. Während des achten Webinars der Reihe „AFI im Dialog…“ hat das Arbeitsförderungsinstitut versucht herauszufinden, welche Beweggründe dieser neuen Arbeitsmarktpolitik zugrunde liegen, die auf die Förderung von Mehrarbeit setzt.
Vor dem Hintergrund des italienischen Haushaltsentwurfs zur Steuersenkung auf Überstunden hat das AFI | Arbeitsförderungsinstitut im Rahmen seines achten Webinars der Reihe „AFI im Dialog…“ die europäische Situation im Bereich der Arbeitszeitpolitik in den Blick genommen.
Dafür wurden die Fälle Griechenlands und Österreichs betrachtet und vom Ökonomen Leonidas Vatikiotis und dem Arbeitsrechtler Michael Gogogla vorgestellt.
Der griechische Fall: 13 Stunden als Ausdruck von Resignation
Der Ökonom und Professor Leonidas Vatikiotis schilderte die Entwicklungen der griechischen Wirtschaft seit 2010 und erläuterte die Auswirkungen der Gehaltskürzungen, die im Rahmen der Memoranden-Politik zur Reduzierung der Staatsverschuldung vorgenommen wurden. „Die Gehälter der öffentlich Beschäftigten“, erklärt Vatikiotis, „wurden um 20% gekürzt, jene der privat Beschäftigten sogar um 50%. Dies hat die griechischen Arbeitnehmenden besonders ‚verwundbar‘ und eher dafür bereit gemacht, eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen hinzunehmen, die durch eine drastische Einschränkung der Kollektivverhandlungen verursacht wurde. Auch aus diesem Grund stieß die Einführung des 13-Stunden-Tages auf wenig Widerstand.“
Die österreichischen zwölf Stunden als Schutz vor Überarbeitung
In seinem Beitrag betonte der Arbeitsrechtsexperte Michael Gogola von der österreichischen Gewerkschaft GPA, dass der Zwölf-Stunden-Arbeitstag häufig missverstanden werde. Obwohl er grundsätzlich kritisch zu betrachten sei, könne er in einigen Branchen eine positive Begrenzung darstellen, da er zumindest formal exzessive und schwer kontrollierbare Überstunden einschränke. Gleichzeitig stellte er klar, dass dies keineswegs bedeute, dass die derzeitigen Arbeitszeitregelungen ausreichend seien. Im Gegenteil: Österreich brauche insgesamt eine kürzere Wochenarbeitszeit, um langfristig Gesundheit, Fairness und eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zu gewährleisten.
Italien: Attraktivere Überstunden als „Trostpflaster“ für ausbleibende Lohnerhöhungen
In Italien wird die Arbeitszeit durch das Gesetzesdekret 66/2003 geregelt, wo sich die maximale tägliche Arbeitszeit aus den Ruhezeiten ergibt: Arbeitnehmende haben Anspruch auf elf Stunden ununterbrochene Ruhe innerhalb von 24 Stunden, was bedeutet, dass ein Arbeitstag nicht länger als 13 Stunden dauern darf. Nach jeweils sechs Stunden muss eine Pause von mindestens zehn Minuten eingelegt werden. Auch für Überstunden gibt es Grenzen: Sie dürfen acht Stunden pro Woche und 250 Stunden pro Jahr nicht überschreiten. Zudem darf ein Arbeitnehmer innerhalb von sieben Tagen niemals mehr als 48 Stunden arbeiten. Die „lange“ Arbeitszeit ist in Italien also bereits seit Langem gesetzlich verankert.
Nicht zufällig erwähnt der Haushaltsentwurf daher nicht die Arbeitszeit selbst, sondern eine steuerliche Vergünstigung von 15 Prozent für Überstunden, Feiertags- und Nachtarbeit für Beschäftigte mit einem Einkommen bis zu 40.000 Euro. „Der Vorschlag scheint daher eine teilweise Antwort auf das Problem der Lohnanpassungen zu sein: Indem zusätzliche Arbeit für diejenigen, die weniger als 40.000 Euro brutto verdienen, ‚lohnender‘ gemacht wird, soll dem Kaufkraftverlust entgegengewirkt und ermöglicht werden, mehr zu arbeiten, zumindest für jene, die dies können. Es fällt jedoch schwer, diesen Vorschlag mit einem erhöhten Produktionsbedarf zu begründen, da die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stagniert, während die Reallöhne weiterhin sinken“, sagt AFI-Forschungsmitarbeiterin Maria-Elena Iarossi.




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