Von: mk
Bozen – Die zentrale Bedeutung der Tierzucht für die Erhaltung der Südtiroler Natur- und Kulturlandschaft hat der scheidende Obmann Michael Treyer bei der Vollversammlung der Vereinigung Südtiroler Tierzuchtverbände unterstrichen. „Die Landschaft“, so Treyer, „ist Südtirols größtes Kapital und wer es nicht nachhaltig schädigen will, muss Viehzucht, Alm- und Weidewirtschaft fördern“. Die Vereinigung leiste weiter ihren Beitrag dazu, versicherte auch der neue Obmann Siegfried Gatterer.
Siegfried Gatterer wurde heute von der Vollversammlung der Vereinigung Südtiroler Tierzuchtverbände zum neuen Obmann gewählt und will dort anknüpfen, wo sein Vorgänger heute aufgehört hat. „Es geht darum, die Vereinigung als unser gemeinsames Sprachrohr zu stärken und die bereits heute gute Zusammenarbeit zwischen den Tierzuchtverbänden weiter zu verbessern“, so Gatterer. „Schließlich haben wir alle dasselbe Ziel – das Wohl von Züchtern und Tieren – vor Augen.“
2016 als Jahr der Herausforderungen
2016 sei ein Jahr der Herausforderungen gewesen, bilanzierte Treyer bei der Vollversammlung der Vereinigung. Wirtschaftlich habe den Züchtern vor allem das turbulente Milchwirtschaftsjahr zugesetzt. „Überproduktion, schwankende Preise und schwierige Absatzlage machen unseren Züchtern Sorgen, weil die Milchwirtschaft nach wie vor das wichtigste Standbein der Berglandwirtschaft ist“, erklärte Treyer.
Neben der Milchwirtschaft gewinnen die Bereiche Zucht und Verkauf immer größeres wirtschaftliches Gewicht. Allein 2016 sind in Südtirol fast 28.000 Rinder, Pferde und Schafe aus der Zucht verkauft worden, womit ein Gesamtumsatz von über neun Millionen Euro erwirtschaftet worden ist. „Vor allem im Export sehen wir große Chancen“, so der Obmann, „schon heute haben wir ein Netz in rund zwei Dutzend Abnehmerstaaten geknüpft.“ Neben dem Verkauf von Zuchtvieh wurden im vergangenen Jahr mit dem Verkauf von Schlacht- und Mastvieh fast 18,5 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. „Unsere Tierzucht ist also kein Nischensektor, sondern ein – neben allen anderen gesellschaftlichen Funktionen – auch wirtschaftlich wichtiges Standbein Südtirols“, so Treyer.
Neben wirtschaftlichen nannte der Obmann auch züchterische Herausforderungen, die 2016 zu bewältigen gewesen seien, und dabei vor allem den Ausbruch der Blauzungenkrankheit, durch den Südtirol zum Sperrgebiet erklärt werden musste. „In solchen Krisensituationen müssen alle Räder ineinandergreifen, was zum Glück passiert ist: Züchter, Veterinäre, Verbände und Politik haben gemeinsam Lösungen gesucht und etwa in der öffentlich unterstützten Pflichtimpfung auch gefunden“, so Treyer.
Erhaltung der Landschaft durch Erhaltung der Tierzucht
Gesellschaftlich sieht der scheidende Obmann eine Herausforderung vor allem in neuen Anforderungen von Seiten der Konsumenten. „Die Ernährungssicherheit spielt in der Gedankenwelt der Konsumenten nur mehr eine untergeordnete Rolle, für sie zählen heute vor allem Nachhaltigkeit und Tierschutz“, so Treyer, der darin eine Chance für Südtirols natürlich produzierende und kleinstrukturierte Landwirtschaft sieht. „Wir können bei diesen Faktoren punkten, wenn es uns gelingt, die Vorzüge unserer Landwirtschaft zu vermitteln, und wenn wir auch offen für neue Wege sind.“
Sensibilisierungsarbeit gelte es vor allem mit Blick auf das Engagement der Züchter für das Tierwohl und für die Pflege der Landschaft zu leisten. „Die vielleicht größte Herausforderung unserer Gesellschaft ist, einen Weg zu finden, die einmalige Südtiroler Natur- und Kulturlandschaft zu erhalten“, sagte der scheidende Obmann, „und dabei spielen Vieh-, Alm- und Weidewirtschaft eine zentrale Rolle“. Almen etwa seien nur durch eine aktive Viehwirtschaft zu erhalten, alpine Weideflächen würden vor einem Zuwachsen bewahrt, Wiesen und Weiden von Bauern gepflegt. „Sollte dies alles irgendwann fehlen, dann ist die Landschaft, die wir kennen und lieben, Geschichte“, unterstrich Treyer.
Milchleistungsprüfung und Tierkennzeichnung
Die Vereinigung leiste ihren Beitrag zur Entwicklung der Landwirtschaft vor allem durch züchterische Grundlagenarbeit. So wird die Milchleistungsprüfung Jahr für Jahr ausgedehnt. Zwar sinkt die Anzahl der teilnehmenden Betriebe mit der rückläufigen Zahl von Milchwirtschaftsbetrieben, dafür sind mittlerweile über 80 Prozent der Kühe Teil des Leistungskontrollsystems.
Die Daten zeigen zudem, dass die Milchleistung in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesteigert werden konnte und heute doppelt so hoch ist als noch vor 40 Jahren. „Dieser Erfolg ist vor allem einer optimaleren Fütterung und einem effizienten Herdenmanagement zuzuschreiben“, ist der Obmann überzeugt. Für letzteres spielt auch die künstliche Besamung eine zentrale Rolle, die über die Vereinigung flächendeckend organisiert wird.
Auch die Tierkennzeichnung wird von der Vereinigung der Tierzuchtverbände abgewickelt. „Sie garantiert eine lückenlose Rückverfolgbarkeit und ist ein wichtiger Beitrag zur Lebensmittelsicherheit“, so Treyer. 2016 wurden 111.670 Rinder, Schafe und Ziegen gekennzeichnet. Dies sind 6,3 Prozent mehr als 2015. 60 Prozent der Kennzeichnungen entfallen auf Rinder, ein Viertel auf Schafe und 13 Prozent auf Ziegen. Die Bezirke mit den meisten neu gekennzeichneten Tieren sind das Pustertal und das Burggrafenamt.
Zehn Jahre Haus der Tierzucht
Schließlich wies Obmann Treyer auch auf das zehnjährige Jubiläum des Hauses der Tierzucht hin, dass man 2016 begangen hat. Die Vorteile dieser Struktur könne man heute täglich spüren, so der Obmann: „Die Verbände sind enger zusammengewachsen, Synergien werden genutzt, der Austausch funktioniert besser und Reibungsverluste sind verringert worden.“ Die Entscheidung, die gesamte Vieh- und Milchwirtschaft in einem Haus unterzubringen, sei seinerzeit, so Treyer, eine wegweisende gewesen.