Von: luk
Bozen – Rund 20 verschiedene Apfelsorten werden in Südtirol professionell angebaut, und diese breite Vielfalt gehört mit zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren der Südtiroler Obstbauern. Jüngste Neueinführung war im Herbst 2016 die Sorte Shinano Gold yello®, eine Züchtung aus Japan. Japan? Wie kann es sein, dass ein Südtiroler Apfel aus Japan kommt? Viele Menschen fragen sich das – doch das hat seine Gründe. Tragende Rollen spielen das Sortenerneuerungskonsortium Südtirol und das Versuchszentrum Laimburg.
Ob Fuji, Golden Delicious oder Braeburn: So richtig Südtirolerisch klingt eigentlich kein Name von Äpfeln, die in Südtirol wachsen und in viele Länder der Welt exportiert werden. In der Tat stammen die wichtigen, international erfolgreichen Apfelsorten aus den großen Forschungszentren u.a. in Neuseeland, Australien, in den USA und Japan. Vor der neuen, gelben Sorte Shinano Gold yello® kam bereits 1985 der Fuji aus Japan nach Südtirol.
Weltweit gibt es rund 80 wichtige Züchtungsprogramme. Schnittstelle für die Südtiroler Obstwirtschaft ist das von den Erzeugerverbänden VOG und VI.P getragene Sortenerneuerungskonsortium Südtirol (SK Südtirol), an dem auch das Versuchszentrum Laimburg und der Beratungsring für Obst- und Weinbau im Rahmen einer technischen Kommission mitwirken. Das SK Südtirol hält Kontakt zu internationalen Forschungszentren, zu Züchtungsinstituten, zu Inhabern von Sortenvermehrungsrechten und Baumschulen weltweit. Sein Leiter Markus Bradlwarter erklärt: „Wir sind laufend auf der Suche nach geeigneten Sorten für alle Anbaulagen in Südtirol.“ Dazu pflegt das SK Südtirol Beziehungen in alle Welt, verhandelt Testverträge für Sortenneuheiten und leitet so die Sortenprüfung in Südtirol ein.
Sortenprüfung: Viel Arbeit über viele Jahre
Federführend in der Sortenprüfung in Südtirol ist das Versuchszentrum Laimburg mit dem verantwortlichen Pomologen Walter Guerra. Die Sortenprüfung erfolgt in drei Phasen, die sich im Durchschnitt insgesamt über ein Jahrzehnt erstreckt.
Zunächst werden Edelreiser einer oder mehrerer neuer Sorten nach Südtirol importiert. „In der ersten Testphase werden je fünf Bäume an zwei makroklimatischen Standorten gepflanzt“, erklärt Guerra. Diese Standorte liegen in Pfatten auf 220 Metern Meereshöhe sowie in Latsch auf 700 Metern Meereshöhe. So wird fünf bis zehn Jahre lang geprüft, wie sich die Bäume und Früchte in den unterschiedlichen Anbaulagen entwickeln. „Erweist sich eine Sorte in dieser Phase als potentiell interessant, wird sie in die zweite Phase aufgenommen: Dann werden Pilotreihen mit je 50 bis 100 Bäumen an fünf bis zehn mikroklimatischen Standorten in Südtirol angelegt“, so Guerra. In dieser Phase werden auch bereits erste Markttests und Lagerversuche durchgeführt, denn es gilt zu klären: Wie schmecken die Äpfel, wie kommen sie bei den Konsumenten in den verschiedenen Märkten an? Wie lange sind sie lagerfähig – in den Kühlzellen und anschließend außerhalb, etwa im Geschäftsregal oder in der Obstschüssel zu Hause?
Die dritte Teststufe nennt sich prekommerzielle Phase: In dieser Zeit werden die Erkenntnisse über Anbau, Baumpflege und die Äpfel selbst intensiv erweitert und vertieft.
Zu diesem Zweck werden Anlagen mit bis zu 5.000 Bäumen erstellt.
Nach dieser intensiven Testung tritt der Vorstand des SK Südtirol zusammen und trifft eine Entscheidung: Die Sorte wird entweder eingeführt oder abgelehnt, weil ihre Eigenschaften im Anbau in Südtirol oder in der Vermarktung als ungeeignet bewertet werden.
Diesen jahrelangen Prozess macht jede neu einzuführende Apfelsorte in Südtirol durch – ab 1985 der Fuji und zuletzt die Neuheit Shinano Gold yello®. Übrigens arbeitet das Team an der Laimburg auch an eigenen, neuen Züchtungen – die ebenso diese und viele weitere verschiedene Teststufen durchlaufen.
Zahlreiche Sorten gleichzeitig im Test
Das SK Südtirol forscht gezielt nach Sorten mit bestimmten Eigenschaften, berichtet Bradlwarter. Dazu gehören Sorten, die gegen die Pilzkrankheit Schorf resistent sind, weiters süße rotschalige Sorten, gelbschalige Sorten, rotfleischige Sorten, kleinfruchtige Sorten und besser färbende Mutanten bestehender Sorten. Und natürlich werden nicht jeweils nur eine, sondern gleich mehrere Sorten in die Testprogramme aufgenommen. So setzte sich die nun im Handel unter den Markennamen yello® erhältliche Sorte Shinano Gold, eine Kreuzung aus Golden Delicious und Senshu, gegen rund 50 weitere gelbschalige Sorten durch, die in Südtirol gleichzeitig im Test standen.
Für die fast 8.000 Südtiroler Obstbauern ist jede neue Sorte ein weiterer wichtiger Meilenstein: Auch die Bauern müssen wandlungs- und erneuerungsfähig sein, um die Zukunft ihrer landwirtschaftlichen Betriebe zu sichern. Einige weitere neue Sorten stehen heute schon wieder in der dritten und letzten Testphase – die Südtiroler Obstverantwortlichen kündigen die Neuvorstellungen für die nächsten Jahre an.