Von: idr
Brüssel – Wer mit Billigairlines fliegt, kennt das Spiel: Für jedes Gepäckstück extra wird kräftig zur Kasse gebeten. Doch damit könnte bald Schluss sein. Die Verkehrskommission des EU-Parlaments hat sich in dieser Woche mit großer Mehrheit für ein neues Passagierrecht ausgesprochen: Handgepäck soll künftig ohne Aufpreis mit an Bord dürfen.
Konkret sieht der Vorschlag vor, dass Fluggesellschaften kein zusätzliches Entgelt für Handgepäck verlangen dürfen – vorausgesetzt, das Gepäckstück überschreitet nicht die Gesamtmaße von 100 Zentimetern (Länge + Breite + Höhe) und wiegt höchstens sieben Kilogramm. Ein erster Schritt in Richtung Verbraucherfreundlichkeit, wie viele finden. Doch die Luftfahrtbranche zeigt sich wenig begeistert – und weist auf zahlreiche Schlupflöcher hin.
Das sagen die Airlines
Ryanair, Wizz Air & Co. dürften sich kaum gezwungen sehen, ihre Tarifstruktur umzustellen. Ihre derzeit kostenfreien „persönlichen Gegenstände“ sind meist kleiner (85 bis 90 Zentimeter Umfang), während zahlungspflichtige Trolleys mit rund 115 bis 118 Zentimetern noch über den vorgeschlagenen 100 liegen. „Der Vorschlag ändert faktisch nichts“, sagen Vertreter der Branche.
Ein weiteres Streitthema: Wo soll das Gepäck untergebracht werden? Der Text lässt offen, ob es sich um klassisches Handgepäck in der Kabine oder um aufzugebendes Gepäck im Frachtraum handelt. Für viele ein Widerspruch in sich – schließlich ist ein kostenloser Trolley im Laderaum kaum ein Gewinn für den Kunden.
Umsetzung könnte dauern
Ein sofortiges Inkrafttreten ist allerdings nicht zu erwarten. Die Verordnung muss noch weitere Hürden nehmen, insbesondere die Zustimmung der EU-Kommission als Exekutivorgan. Bis dahin dürften noch etliche Monate vergehen. Zudem ist der aktuelle Entwurf recht vage formuliert – was den Airlines Spielraum lässt.
Fest steht: Die Zusatzgebühren für Kabinengepäck sind ein lukratives Geschäft. Allein im Jahr 2024 sollen Europas Billigfluggesellschaften laut einer Recherche des „Corriere della Sera“ rund zehn Milliarden Euro damit verdient haben. Ob der Vorstoß des EU-Parlaments also wirklich den Geldbeutel der Passagiere schont – oder doch nur Symbolpolitik bleibt – wird sich zeigen. Klar ist nur: Die Diskussion ist eröffnet.
Aktuell sind 8 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen