Von: mk
Bozen/Trient – Die Finanzpolizei von Trient und die Straßenpolizei von Bozen haben zwölf Personen angezeigt – wegen eines mutmaßlichen Millionenbetrugs zulasten der Brennerautobahngesellschaft.
Im Rahmen der Operation „Tarantella“ wurden in ganz Italien rund 50 Hausdurchsuchungen vorgenommen. Über eine Million Euro ließ der Ermittlungsrichter aus Trient auf präventivem Weg beschlagnahmen. Insgesamt standen 125 Trientner Finanzbeamte und 30 Straßenpolizisten aus der Region und aus Belluno im Einsatz.
Die Hausdurchsuchungen fanden in acht Regionen statt: Neben dem Trentino-Südtirol wurden auch Wohnungen im Veneto, in der Lombardei, in der Emilia-Romagna, in der Toskana, im Latium und in Kampanien überprüft. Während in den Provinzen Trient, Verona und Brescia Finanz- und Straßenpolizei gemeinsam vorgingen, arbeitete in Pavia, Reggio Emilia, Modena, Pisa, Roma und Avellino die Finanzpolizei mit den hiesigen Behörden zusammen.
Die Untersuchung war durch eine Reihe von Indizien ins Rollen gekommen, auf die die Straßenpolizei gestoßen war. Demnach soll es Hinweise auf illegale steuerrechtliche Aktivitäten einer privaten Firma gegeben haben, die mit der Führung von Verkaufsstellen auf Autobahnraststätten beauftragt worden war.
Bei den Steuervergehen ist es im Prinzip um Erträge gegangen, die nicht erklärt wurden. Gemeinsam mit der Finanzpolizei, die informiert wurde, hat die Straßenpolizei seit August 2018 die Ermittlungen geführt.
Den Ermittlern zufolge haben die Verantwortlichen der Firma, die ihren Sitz in Kampanien hat, ein raffiniertes betrügerisches System ausgeklügelt.
Die Betreiber von Raststätten müssen die Autobahnen anteilsmäßig am Verkauf von Produkten beteiligen. Je nach Art der verkauften Ware schwankt der Prozentsatz zwischen fünf Prozent bei typischen lokalen Produkten und 49 Prozent bei Konsumgütern. Der Betrug ist dadurch einerseits gelungen, dass systematisch Kassenbelege nicht ausgestellt worden waren, sobald sich am meisten Kunden im Lokal befanden.
Andererseits wurden die Produkte fast immer als „lokale“ Produkte erklärt oder als Musik-CDs, Bücher, Zeitschriften und Zigaretten „getarnt“, denn bei solchen Produkten musste die Firma überhaupt keinen Prozentsatz der Betreibergesellschaft der Autbobahn entrichten.
Damit niemand Verdacht schöpfte, wurde eigens die Software der Registrierkassen modifiziert. Bei der Ausstellung der Kassenbelege achteten die Verantwortlichen darauf, wie viele Kontrollen von Angestellten der A22 anstanden. Wurde „grünes Licht“ gegeben, waren die Angestellten angehalten, weniger Kassenbelege zu tippen.
Die Ermittler überprüfen, ob die Firmenspitze in Avellino in die illegalen Machenschaft involviert ist und davon ebenfalls profitiert hat.
Unklar ist, wie die Verantwortlichen wissen konnten, wann Personal der A22 die Kontrollen durchführt. Die Ermittler prüfen deshalb auch, ob es „Maulwürfe“ innerhalb der Brennerautobahngesellschaft gegeben hat.
Dieselbe Firma führt auch in sieben weiteren Regionen in Italien Verkaufsstellen auf Autobahnen. Auch dort werden nun Kontrollen durchgeführt.
Laut den Ermittlern ist es den Verdächtigen gelungen, in den letzten zwei Jahren die Autobahnen um rund 1,1 Millionen Euro zu „erleichtern“. Die mutmaßlichen Betrüger betrieben nicht nur Verkaufsstellen entlang der A22, sondern auch in öffentlichen Krankenhäusern, wie etwa im Trientner Krankenhaus.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Personen, die angezeigt wurden Steuerhinterziehung, Betrug, Korruption und Geldwäsche vor.