INAIL-Gutachten zu Schutzausrüstungen eingetroffen - Kritik der STF

Negatives Gutachten: Schutzausrüstung darf nicht mehr verwendet werden

Sonntag, 19. April 2020 | 19:30 Uhr
Update

Bozen – Der Südtiroler Sanitätsbetrieb teilt mit, dass zwischen gestern Abend und heute Früh mehrere Gutachten des gesamtstaatlichen Versicherungsinstituts für Arbeitsunfälle INAIL eingelangt sind.

Dieses hat im Rahmen einer außerordentlichen Validierung überprüft, ob die persönlichen Schutzausrüstungen, die die Firma Oberalp im Auftrag des Südtiroler Sanitätsbetriebes in China angekauft und geliefert hat, den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.

Geprüft wurden die Atemschutzmasken („dust mask“  KN-95), die Einwegschutzanzüge und die Schutzanzüge für den aseptischen Gebrauch. “Nicht Teil der Validierung waren die sogenannten ‘chirurgischen Masken’, da diese vom Gesetzgeber nicht als ‘Persönliche Schutzausrüstungen’ eingestuft werden und demnach nicht in den Kompetenzbereich des Versicherungsinstitutes fallen”, so der Sanitätsbetrieb. Diesbezüglich sei das Comitato Tecnico Scientifico, das beim italienischen Zivilschutz angesiedelt ist, um ein Gutachten angerufen worden, das ebenfalls gestern eingelangt ist.

Die Bewertung des Versicherungsinstitutes INAIL, welches eine reine Dokumentenprüfung und keine Materialprüfung vorgenommen hat, fällt wie bereits am 7. April dieses Jahres negativ aus; auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen wird im Wesentlichen festgestellt, dass die eingereichte Dokumentation nicht ausreichend sei, um die „Konformität“ mit den spezifischen technischen Bestimmungen zu überprüfen („risulta non sufficiente per condurre una valutazione di conformità alle norme tecniche specifiche“), weiters die Zertifikate nicht von akkreditierten Stellen stammen.

Die Direktion des Südtiroler Sanitätsbetriebes hat deshalb heute Morgen (19.04.2020) sofort den Stopp der Verteilung und Verwendung dieser Schutzausstattungen verfügt und alle Verantwortlichen aufgefordert, die Materialien unter Verschluss zu halten und dafür zu sorgen, dass diese nicht mehr verwendet werden, heißt es in einer Aussendung.

“Bereits in den vergangenen Tagen wurde fieberhaft nach Ersatzmaterial gesucht. Für die nächsten Tage wurden verschiedenen Lieferungen in Aussicht gestellt. Zum einen hat der Sanitätsbetrieb Trient zugesagt, für nächste Woche 5.000 Schutzanzüge leihweise zu liefern, zum anderen gibt es auch die Zusage des italienischen Zivilschutzes, ab Mittwoch nächster Woche Schutzanzüge zu stellen”, so der Sanitätsbetrieb.

Nach diesem negativen Gutachten des gesamtstaatlichen Versicherungsinstitutes für Arbeitsunfälle INAIL strebt der Südtiroler Sanitätsbetrieb eine Materialprüfung der in China erworbenen Persönlichen Schutzausrüstungen durch ein unabhängiges akkreditiertes Institut an. Diesbezüglich bestehen bereits Kontakte mit dem italienischen Zivilschutz, der ebenfalls die Materialprüfung von chinesischen Atemschutzmasken anstrebt.

Generaldirektor Zerzer äußerst sich betroffen über die neuerliche negative Rückmeldung des gesamtstaatlichen Versicherungsinstitutes für Arbeitsunfälle INAIL, „vor allem, weil ich weiß, dass diese Schutzausrüstungen andernorts problemlos verwendet werden und das Personal damit auch zufrieden ist und wir leider hier aus bürokratischen Gründen diese dringend benötigten Materialien im Magazin verschließen müssen.“

Eine positive Nachricht gebe es auf jeden Fall: “Die chirurgischen Masken wurden vom ‘Comitato Tecnico Scientifico’ des italienischen Zivilschutzes geprüft. Dieses Gutachten fällt positiv aus. Diese Schutzmasken aus China (immerhin eine Million Stück) können in den dafür vorgesehenen Bereichen weiterhin verwendet werden.

STF: “Ärzte und Pfleger jetzt völlig ohne Schutz”

“Nachdem ein Gutachten des österreichischen Bundesheeres die Schutzmasken aus China bereits für fehlerhaft befunden hatte, ist dieses negative Gutachten nun auch von den Behörden des italienischen INAIL bestätigt worden. Der Skandal um die Schutzmasken wird damit immer dramatischer. Ärzte und Pfleger stehen in Südtirol jetzt vollkommen ohne Schutzausrüstung da. Generaldirektor Zerzer, der dieses ganze Chaos mitzuverantworten hat, hat das Südtiroler Gesundheitswesen in eine brandgefährliche Krise gestürzt. Nun gilt es sofort Maßnahmen zu ergreifen, um so schnell als möglich brauchbare Schutzausrüstung für Ärzte und Pfleger zu besorgen”, meint die Süd-Tiroler Freiheit.

“Durch das negative Gutachten des INAIL darf die fehlerhafte Schutzausrüstung aus China in Südtirol nicht mehr verwendet werden. Damit entsteht ein akuter Notstand, da sich das Südtiroler Gesundheitswesen ─ trotz aller Warnungen ─ auf die Lieferung aus China verlassen und keinen Ersatz besorgt hat. Ärzte und Pfleger haben dadurch nun überhaupt keinen Schutz mehr”, so die Süd-Tiroler Freiheit weiter.

“Angesichts dieser dramatischen Entwicklung erneuert die Süd-Tiroler Freiheit ihren Vorschlag, die Regierung des Vaterlandes Österreich um Hilfe zu bitten, damit Südtirol in den nächsten drei bis vier Wochen in das Kontingent der Schutzausrüstung für die österreichischen Bundesländer aufgenommen wird. Bis Schutzausrüstung auf dem internationalen Markt angekauft und geliefert werden kann, werden Tage und Wochen vergehen. Es braucht aber sofort Schutzausrüstung”, fährt die Süd-Tiroler Freiheit fort.

“Sofort nach Bekanntwerden des Masken-Skandals hat sich eine Firma aus Österreich bei uns gemeldet, die im internationalen Vertrieb von Masken und Schutzausrüstung arbeitet und Südtirol ihre Hilfe angeboten. Wir haben der Landesregierung sofort die Kontaktdaten und angebotenen Produkte ─ samt der Zertifizierungen ─  weitergeleitet, damit dieses Angebot umgehend geprüft werden kann”, abschleißend die Süd-Tiroler Freiheit.

Von: luk

Bezirk: Bozen