Von: ka
Bozen – Die Nachricht, dass über 450 Kinder von den öffentlichen Schulen abgezogen wurden, um sie fortan von Eltern und Privatlehrern unterrichten zu lassen, erregt die heimische Öffentlichkeit. Die Nachricht passt ins immer gereizter werdende Klima im Land. In Südtirol, das in Italien Impfschlusslicht ist und im In- und Ausland mittlerweile als Hochburg der Impfgegner und Coronaleugner gilt, werden besonders mit Blick auf die kommende Einführung des Grünen Passes für die gesamte Arbeitswelt die Auseinandersetzungen zwischen der großen Mehrheit, die die Impfung als Chance für einen Neuanfang sieht, und jenen, die sie wie der Teufel das Weihwasser fürchten, immer härter.
Einerseits ist der Druck, der vom Grünen Pass ausgeht, ohne den in Zukunft fast kein normales Leben mehr möglich ist, notwendig, um das angepeilte Impfziel von 90 Prozent zu erreichen. Andererseits treibt der steigende Druck die Impfgegner immer mehr in die Enge, was dazu führt, dass sich diese kleine Gruppe immer stärker radikalisiert. Demonstrationen mit zutiefst zweifelhaften Transparenten und der Blick in die einschlägigen sozialen Netzwerke zeigen, dass eine abgeschottete Gruppe von radikalen Impf-, Masken- und Testgegnern längst ein sektenähnliches Eigenleben pflegt.
In dieser Hinsicht ist es keine Überraschung, dass diese Eltern auch ihre eigenen Kinder in diese von den absurdesten Verschwörungstheorien beherrschte Welt hineinziehen wollen. Der Schritt zum Elternunterricht ist dann nur mehr sehr klein.
Aber ist dies auch im Interesse der Kinder? Sinn und Zweck des „Elternunterrichts“, in dessen „Genuss“ die Kinder von Impfgegnern und Coronaleugnern kommen sollen, dürfte vor allem jener sein, Bestimmungen der Schulordnung zu umgehen. In der Folge dürften Kinder und Jugendliche aus ihrem gewohnten schulischen und sozialen Umfeld herausgerissen werden, könnten womöglich nicht mehr an Sport- und Vereinstätigkeiten teilnehmen und auch den Kontakt zu Gleichaltrigen verlieren. Es ist schlimm praktisch live miterleben zu müssen, wie Eltern auf dem Rücken der eigenen Kinder ihren „Krieg gegen das System“ austragen.
Das Land, die Gemeinden und ganz besonders die Sozialdienste sind nun gefordert, in jedem Einzelnen der Fälle ganz genau hinzusehen und wenn nötig die entsprechenden vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen. Wir sollten nicht dabei zusehen, wie die Schwächsten unserer Gesellschaft um ihre Rechte sowie um eine normale Kindheit und Jugend gebracht werden.