Von: apa
Der Prozess rund um eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Tschetschenen und Syrern im vergangenen Sommer in einem Wiener Park ist am Mittwoch mit einem Schuld- und einem Freispruch zu Ende gegangen. Der 30-jährige Erstangeklagte, der am 5. Juli 2024 auf Syrer geschossen haben soll, wurde wegen versuchten Mordes zu 14 Jahren Haft verurteilt. Sein Freund wurde vom Tatbeitrag freigesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Die beiden Angeklagten zeigten sich zu den Vorgängen im Anton-Kummerer-Park in der Brigittenau nicht geständig. Für den Wahrspruch brauchten die acht Geschworenen fast vier Stunden. Am zweiten und letzten Verhandlungstag vor dem Schwurgericht (Vorsitz: Wolfgang Etl) kamen weitere Zeugen und der Schießsachverständige Ingo Wieser zu Wort.
Rufdatenauswertung zeigt Nähe zum Tatort
Die von den Verteidigern Alexander Philipp und Florian Kreiner vertretenen Männer versicherten, sie hätten den Park gar nicht betreten, nachdem dieser von Dutzenden mit Holzlatten, Eisenstangen, Macheten und anderen waffentauglichen Gegenständen ausgerüsteten Syrern gestürmt worden sei. Rufdatenauswertungen der Handys der Beschuldigten hatten ergeben, dass sie zumindest in der Nähe waren, mit einer Abweichung von einem Kilometer.
Dem 30-Jährigen wurde vorgeworfen, mit einer Pistole zumindest sechs Mal in Tötungsabsicht auf fünf Kontrahenten gefeuert zu haben. Die Kugeln verfehlten die Syrer laut Anklage nur knapp. Zwei von ihnen wurden durch von Fahrzeugen abprallende Projektile verletzt. Der eine erlitt eine vier Zentimeter messende Splitterverletzung im Bereich der Brustbeinspitze, der andere eine oberflächliche Rissquetschwunde am rechten Oberschenkel.
Partikel von Hülsen passen zu Schmauchspuren im Auto
Der 30-Jährige bestritt stets die Abgabe der Schüsse, er war zwar in der Nähe des Tatorts, wäre aber mit seinem Auto weggefahren, sobald er die Schüsse vernommen hätte. Allerdings wurden in seinem Wagen Schmauchspuren gefunden, die eindeutig zu den Partikeln aus den sichergestellten Patronenhülsen passen, wie Wieser am Mittwoch ausführte. Seine Rechtfertigung, er habe regelmäßig auf einem Schießstand in der Slowakei geschossen und davon stammten die Schmauchspuren, wurden sowohl von dem Schießstandbetreiber als auch vom Sachverständigen verneint. Keine der bei ihm zuhause entdeckten Patronen würde zu den Partikeln im Auto passen.
Der 29-Jährige soll wiederum in Kenntnis des Tatplanes den Hauptangeklagten, mit dem er eigenen Angaben zufolge seit 14 Jahren befreundet ist, begleitet haben. Laut Anklage bewaffnete sich der Jüngere am Tatort ebenfalls, ein Waffengebrauch war ihm allerdings nicht nachzuweisen. Die Anklageschrift unterstellte ihm, er hätte den 30-Jährigen “zumindest psychisch bei dessen Schussabgaben bestärkt”. Eine Freundin des 29-Jährigen sagte allerdings als Zeugin bei der heutigen Verhandlung aus und betonte, dass der Mann mit ihr in der Nähe des Parks Pizza essen war. Danach hätten sie sich in der Nähe des Brigittenauer Schwimmbads auf eine Bank gesetzt. Plötzlich seien junge Tschetschenen an ihnen vorbeigelaufen. Der 29-Jährige sprach mit ihnen und ging kurz mit. Als die Schüsse fielen, kam er zurück und meinte: “Wir sollten uns entfernen”, so die junge Frau. “Wir sind dann in ein Cafe gegangen.” Die beiden hätten dann noch den Polizeieinsatz beobachtet.
Schießgutachter Wieser führte aus, dass es sich bei der Tatwaffe um eine Walther P5 gehandelt haben muss, eine Waffe, die den Auswurf der Patronenhülsen auf der linken Seite hat. Der Täter habe sechs Mal geschossen. Zudem wurden weitere Einschusslöcher bei einem Parkplatz entdeckt, die darauf schließen lassen, dass dort noch zwei Mal geschossen wurde. Da man keine Hülsen gefunden hatte, könnte es möglich sein, dass die Waffe aus einem Auto abgefeuert wurde. Ob es sich um den gleichen Täter oder um einen zweiten Verdächtigen gehandelt hat, könne der Sachverständige nicht sagen. Die Patronen hatten alle eine Größe von neun Millimetern. Im Auto des Erstangeklagten wurden neben dem Lenkrad auch auf einer Bauchtasche des 29-Jährigen Schmauchspuren entdeckt. Da diese nur in zwei Fächern aus der Innentasche zu finden waren, gehen die Gutachter davon aus, jemand mit kontaminierten Händen hineingegriffen haben könnte.
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