Unklarheiten beim Motiv

Schwester von Benno Neumair lässt sich als Nebenklägerin ein

Dienstag, 09. März 2021 | 10:54 Uhr

Bozen – Wie berichtet, hat Benno Neumair ein Geständnis abgelegt. Der 31-Jährige steht bekanntlich seit Wochen unter Verdacht, am 4. Jänner seine Eltern Laura Perselli und Peter Neumair getötet und die Leichen dann beseitigt zu haben. Trotzdem sind Staatsanwaltschaft und Carabinieri weiterhin damit beschäftigt, Indizien und Beweise zusammenzutragen. Auch Madé Neumair, die Schwester des 31-Jährigen, will sich als Nebenklägerin in das Verfahren einlassen, berichtet die Tageszeitung Alto Adige.

Laut der Nachrichtenagentur Ansa erfolgte das Schuldeingeständnis bereits vor mehreren Wochen, nachdem Benno Neumair einen schweren Nervenzusammenbruch erlitten haben soll. Kurz zuvor erreichte ihn die Nachricht, dass die Leiche seiner Mutter gefunden worden war.

Nun soll seine Zurechnungsfähigkeit von einem Psychiater überprüft werden. Dem Antrag auf ein entsprechendes Gutachten stimmte auch die Verteidigung von Benno Neumair zu.

Benno Neumair hatte die Vorwürfe lange bestritten. Dann soll er plötzlich doch gesprochen haben. Der 31-Jährige soll angegeben haben, seinen Vater nach einem Streit mit einem Kletterseil erwürgt zu haben. Der Mord an seiner Mutter fand dann in einem zweiten Moment statt. An ihrem Leichnam wurden Würgemale festgestellt. Benno Neumair hat demzufolge auch zugegeben, beide Körper in die Etsch geworfen zu haben.

Der Leichnam von Peter Neumair ist noch nicht gefunden worden. Wann die Suche wieder aufgenommen wird, steht noch nicht fest.

Flavio Moccia und Angelo Polo, die Anwälte von Benno Neumair, hoffen vermutlich darauf, dass die Zusammenarbeit mit der Justiz ihres Mandanten vor Gericht als mildernder Umstand gewertet wird. Ziel ist es, eine lebenslange Haftstrafe abzuwenden. Die Schwester des Angeklagten, die sich an Anwalt Carlo Bertacchi als Rechtsbeistand gewandt hat, kündigte allerdings bereits an, sich als Nebenklägerin in das Verfahren einzulassen.

Madé Neumair, die in Deutschland als Ärztin arbeitet, hatte die Nachricht vom Geständnis ihres Bruders erreicht, kurz bevor sie in den Operationssaal zu einem chirurgischen Eingriff musste.

Laut dem leitenden Staatsanwalt Giancarlo Bramante sei der Beschuldigte bereits angehört worden und habe „in Anwesenheit der eigenen Verteidiger seine Verantwortlichkeit zugegeben“. Dies sei bei zwei Verhören geschehen. Dem Bericht des Alto Adige zufolge ist das Motiv für die Tat aber weiter nicht gänzlich geklärt. Im Rahmen des Verhörs hat der 31-Jährige keine größeren familiären Konflikte nachgezeichnet – abgesehen von Diskussionen wegen mangelnder Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Abläufe im gemeinsamen Haushalt.

Medienberichten zufolge soll es darüber Streit gegeben haben, weil die Eltern den 31-Jährigen bei der Handhabung seiner ökonomischen Ressourcen kritisiert hätten. Außerdem hätten ihm die Eltern vorgeworfen, dass er nichts zur Miete und zum Einkauf von Lebensmitteln beitrage, obwohl er in der gemeinsamen Wohnung lebte.

Eine erste Einschätzung, wie er die Dinge sieht, hat Anwalt Carlo Bertacchi bereits abgegeben. „Bei dem Geständnis gibt es viele Widersprüche. Die Tatsache, dass niemand im Haus etwas gehört hat, scheint nicht mit der Hypothese übereinzustimmen, dass ein heftiger Streit zu einem Mord in der Hitze des Gefechts geführt hat“, erklärte der Rechtsbeistand der Schwester laut Alto Adige. Eine entscheidende Rolle für den Verlauf des Prozesses wird dem psychiatrischen Gutachten zugesprochen.

Von: mk

Bezirk: Bozen