Von: ka
Bozen – Mehrere Tage nach der Landtagswahl und wenige Tage vor der hundertjährigen Wiederkehr des Endes des Ersten Weltkriegs steht das deutsch-patriotische Lager vor einem politischen Scherbenhaufen und heute fast genau dort, wo es vor einem Vierteljahrhundert begonnen hatte.
Vor fünf Jahren, 2013, war für sie die Welt noch in Ordnung. Mit den Freiheitlichen als stärkster Oppositionspartei, einer starken Süd-Tiroler Freiheit und der Bürgerunion eroberte das Lager, das die Selbstbestimmung, die Abtrennung vom ungeliebten Stiefelstaat, die historische Ortstafellösung und den Doppelpass auf ihre Fahnen geschrieben hatte, 10 von 35 Mandaten.
Angesichts der nur mehr mit fünf Abgeordneten vertretenen Italiener und einer geschwächten Volkspartei hoffte man damals, der Legislatur den eigenen Stempel aufzudrücken und vielleicht den großen Edelweißdampfer auf die eigene Linie zu bringen. Niemals glaubte man den eigenen Träumen näher zu sein, als am Anfang der ersten „Kompatscher-Jahre“. Aber das Erwachen kam schnell. Der Rentenskandal traf die selbsternannten Saubermänner weit stärker als die Mander und Damen der SVP. Dazu gesellten sich gerade bei den Blauen eine nie enden wollende Serie von Querelen, Rücktritten und Skandalen.
So kam es, dass die „Patrioten“ dem aufgehenden, liberalen Stern Paul Köllensperger und seinem Team sowie den effizienteren und glücklicheren Ausländerkritikern von der Lega nichts mehr entgegenzusetzen hatten. Auch der letzte Trumpf – der Doppelpass – stach nicht und wurde vielleicht sogar zum Bumerang. Den Südtirolern ist der Frieden im Land wichtiger, als ein Papier, das nur zur Spaltung der Heimat taugt.
2018 sind die auf vier Abgeordnete zusammengeschrumpften „Selbstbestimmungsparteien“ ihren Zielen ferner den je. Als Wahlverlierer sind sie heute nur mehr Statisten und Komparsen der politischen Brautschau der noch einmal mit einem blauen Auge davongekommenen SVP.
Aber jede Niederlage bietet die Chance zum Neuanfang. Jede Niederlage regt auch zum Nachdenken über sich selbst an. Vielleicht reift dann die Erkenntnis, dass es keine Zukunft geben kann, die nicht alle ethnischen und gesellschaftlichen Realitäten des Landls berücksichtigt. Südtirol braucht Menschen und Parteien, die die Tradition pflegen, die die Heimat hochhalten und vor allem auch unbequem sind. Aber Südtirol 2018 ist anders als Südtirol 1918.
Der Ball liegt nun im Feld „Patrioten“. Ob sie im liberalen, friedliebenden, autonomistischen Südtirol des 21. Jahrhunderts Mitspieler oder politisch Ausgegrenzte sein wollen, das müssen sie selbst entscheiden – für sie wahrlich eine Stunde Null.