Eine Nonne verhaftet und drei Mitschwestern angezeigt – VIDEO

Brutale Erziehungsmethoden: Bub bis zum Nasenbluten geohrfeigt

Donnerstag, 17. November 2022 | 07:02 Uhr

Casamicciola Terme/Ischia – Wie die Carabinieri von Ischia nach einer mehrmonatigen Ermittlungsarbeit herausgefunden haben, ist eine von Nonnen geführte religiöse Einrichtung, in der Minderjährige untergebracht sind, die auf eine Pflegefamilie oder die Adoption warten, für die Kinder zum wahren Albtraum geworden.

Wie das gesammelte umfangreiche Videomaterial, aber auch die Zeugenaussagen mehrerer Minderjähriger bestätigten, wurden die Kinder in den Innenräumen des religiösen Instituts immer wieder Opfer von Misshandlungen. Nachdem die Carabinieri genug belastendes Material zusammengetragen hatten, stellte der zuständige Untersuchungsrichter der Staatsanwaltschaft von Neapel für eine 55-jährige Schwester einen Haftbefehl aus. Über die Mutter Oberin sowie über zwei weitere Schwestern wurde ein Aufenthaltsverbot für die Region Kampanien verhängt.

Carabinieri Napoli

In der von Nonnen geleiteten religiösen Einrichtung „Santa Maria della Provvidenza“, in der nicht nur Minderjährige, die auf eine Pflegefamilie oder die Adoption warten, sondern gegen die Entrichtung einer Gebühr auch externe Gäste betreut werden, schien von außen betrachtet alles in Ordnung zu sein.

Laut den Ermittlungen der Carabinieri hingegen war hinter den verschlossenen Türen der Alltag für die Kinder ein wahrer Albtraum. Wie das gesammelte umfangreiche Videomaterial, aber auch die Zeugenaussagen mehrerer Minderjähriger bestätigten, wurden die Kinder in den Innenräumen des religiösen Instituts immer wieder Opfer von Misshandlungen.

Die Ermittlungen kamen durch ein Video ins Rollen, das ein Mädchen, das in das Institut eingewiesen worden war, heimlich mit ihrem Smartphone gefilmt hatte. Die Aufnahmen, die den Carabinieri übermittelt wurden, zeigten eine Nonne, wie sie einen vierjährigen Buben schlug und ihn bei den Haaren zog. Als sich sein achtjähriger Bruder einmischte, um den Vierjährigen zu verteidigen, ohrfeigte die Nonne den Achtjährigen dermaßen gewalttätig, dass er aus der Nase zu bluten begann. Die anderen Kinder, die die Szene mit ansehen mussten, versuchten vergeblich, die Nonne von ihren brutalen „Erziehungsmethoden“ abzuhalten.

APA/APA/dpa/Patrick Pleul

Die Carabinieri von Ischia leiteten sofort Ermittlungen zum Fall ein. Um das Verhalten der Nonnen dokumentieren zu können, wurden in den Innenräumen versteckte Kameras installiert. Die Auswertung des Videomaterials ergab, dass es in den Innenräumen der religiösen Einrichtung immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen gegen die Kinder, die den Nonnen anvertraut worden waren, kam.

Die Minderjährigen wurden unter anderem mit Schlägen auf den Hinterkopf, Fußtritten, Ohrfeigen und Schlägen mit einem Schuh auf den Händen traktiert. Um sie daran zu hindern, Fotos zu schießen und Videos aufzunehmen, wurden den Kindern von den Nonnen ihre Smartphones konfisziert.

In Beisein und unter der Zuhilfenahme von Kinderpsychologen wurden einige der Kinder von den Ermittlern zu den in der religiösen Einrichtung herrschenden Zuständen befragt. Im Laufe der vier Monate dauernden Ermittlungen gelang es, die Mutter Oberin und die drei Schwestern als Täterinnen zu identifizieren.

Nachdem die Carabinieri genug belastendes Material zusammengetragen hatten, stellte der zuständige Voruntersuchungsrichter der Staatsanwaltschaft von Neapel für eine Nonne einen Haftbefehl aus. Die betreffende Schwester – die ursprünglich aus Madagaskar stammende 55-jährige Marie Georgette Rahasimalala, die für den Kantinendienst des Instituts zuständig war – wurde von den Carabinieri von Ischia festgenommen und in eine Haftanstalt für Frauen überstellt. Sie konnte als jene Schwester identifiziert werden, die die beiden kleinen Brüder misshandelt hatte.

APA/APA (Fohringer)/HELMUT FOHRINGER

Über die 81-jährige Mutter Oberin Angela De Bonis, die 51-jährige Noeline Razanadraozy, die ebenfalls aus Madagaskar stammt und für die Kantine zuständig war, sowie über die 47-jährige Alice Albaracin – eine auf den Philippinen geborene Schwester, die die nachschulische Betreuung innehatte – wurde hingegen ein Aufenthaltsverbot für die Region Kampanien verhängt.

Alle vier Schwestern werden sich vor Gericht wegen Misshandlung von Minderjährigen, schwerer Körperverletzung und schwerer Nötigung verantworten müssen. Das Bekanntwerden der Kindesmisshandlungen, die der erdrückenden Beweislast zufolge in einem religiösen Institut von Nonnen verübt worden waren, löste in der italienischen Öffentlichkeit Abscheu und Entsetzen aus. Neben einer im Falle einer Verurteilung exemplarischen Bestrafung für die Täterinnen fordern viele Italiener, auch bei kirchlich geführten Einrichtungen hinter den Türen genauer hinzusehen.

Von: ka