Mutmaßliche Neugeborenenmörderin Chiara Petrolini schwer belastet – VIDEO

Erschütternd: „Eines atmete noch, bevor sie die Schere benutzte“

Dienstag, 04. November 2025 | 07:04 Uhr

Von: ka

Parma/Traversetolo – Im Schwurgerichtsprozess gegen die 22-jährige Chiara Petrolini in Parma, die beschuldigt wird, ihre zwei Neugeborenen kurz nach der Geburt getötet und im Garten des Hauses ihrer Eltern vergraben zu haben, kommen immer mehr erschütternde Details über das Verbrechen ans Tageslicht, das im Sommer des vergangenen Jahres ganz Italien bewegte.

Laut der Gerichtsmedizinerin lebte zumindest das zweite Neugeborene mehrere Minuten lang, bevor es durch Verbluten starb. „Eines atmete noch, bevor sie die Schere benutzte“, sagte die Sachverständige aus. Der psychiatrische Gutachter der Staatsanwaltschaft von Parma bescheinigte der 22-Jährigen zwar eine „emotionale Armut“, fügte jedoch hinzu, dass sie „keine Persönlichkeitsstörung“ habe, sondern „voll zurechnungsfähig“ sei. Beide Gutachten belasten Chiara Petrolini erheblich.

Die traurige Geschichte begann am 9. August 2024, als der Hund der Familie eine unter einer dünnen Erdschicht vergrabene Leiche eines Neugeborenen entdeckte. Unter strenger Wahrung des Untersuchungsgeheimnisses begannen die Ermittler mit ihren Nachforschungen. Nachdem das Ergebnis des DNA-Tests vorlag und feststand, dass die Babyleiche von der Tochter der Besitzer der Villa, der damals 21-jährigen Chiara Petrolini, stammte, wurde die Studentin mehrmals einvernommen.

ANSA/ELISABETTA BARACCHI

Zugleich wurde das Smartphone der damals 21-Jährigen einer forensischen Untersuchung unterzogen. Auch hierbei wurden die Ermittler fündig. Sie fanden heraus, dass die junge Studentin die Frage „Wie bringt man ein zweites Kind zur Welt?” in das Suchfeld ihres Smartphones eingegeben hatte. Die Carabinieri der Sondereinheit RIS kehrten daraufhin umgehend zur Villa in Vignale di Traversetelo zurück, um im Garten nach einer zweiten Leiche zu suchen. Es dauerte nicht lange, bis sie in der Nähe des ersten Fundorts die sterblichen Überreste eines weiteren Babys aus der Erde bargen. Diese Leiche war mindestens ein Jahr vor der des zweiten Babys begraben worden. In beiden Fällen war der Vater der ehemalige Freund der heute 22-Jährigen, der von beiden Schwangerschaften nichts wusste. Auch vor ihren Eltern verbarg sie ihr „dunkles Geheimnis”.

Die junge Frau stritt zunächst jegliche Verantwortung ab, gab aber in einem zweiten Verhör ihre Beteiligung an beiden Fällen zu. „Es war eine Totgeburt, ich habe niemanden umgebracht”, beteuerte Chiara Petrolini. Ihre Aussage stand jedoch im Widerspruch zum Ergebnis der Autopsie, demzufolge der Säugling männlichen Geschlechts lebend zur Welt gekommen war.

Nachdem die heute 22-Jährige ein Jahr lang abwechselnd im Hausarrest und in Untersuchungshaft verbracht hatte, wurde vor dem Schwurgericht von Parma der Prozess gegen sie wegen Mordes und Begrabens ihrer beiden zwischen Mai 2023 und August 2024 geborenen Kinder eröffnet.

Das von den Ermittlern zusammengetragene belastende Material wiegt schwer. Für das Strafmaß von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob es sich um Totgeburten handelte oder ob die Neugeborenen lebend zur Welt gekommen sind und erst dann getötet wurden. Zudem ist entscheidend, ob Chiara Petrolini zum Zeitpunkt der Taten voll zurechnungsfähig war.

ANSA/SANDRO CAPATTI/Chiara Petrolini

Das Gutachten der Gerichtsmedizinerin belastet die heute 22-jährige Chiara Petrolini schwer. Denn zumindest das zweite Kind soll geatmet haben und somit lebend geboren worden sein. Laut der vor dem Schwurgericht von Parma als Gutachterin aussagenden Gerichtsmedizinerin Valentina Bugelli starb das zweite Kind, das als erstes gefunden wurde, wenige Minuten nach dem Durchtrennen der Nabelschnur. Die Untersuchungen ergaben einen „sauberen Schnitt durch ein scharfes Instrument” an der Nabelschnur. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die junge Frau diese mit einer Schere durchtrennt hatte, die nie gefunden wurde. Dadurch wurde der Tod des Säuglings verursacht. Bugelli geht davon aus, dass das Neugeborene mehrmals geatmet hat und zwischen dem Durchtrennen der Nabelschnur und seinem Tod einige Minuten vergangen sind. „Vier oder fünf, höchstens sieben”, betonte die Gerichtsmedizinerin.

Was Petrolinis Erstgeborenes betrifft, das im Mai 2023 geboren wurde und einige Wochen nach dem anderen Neugeborenen gefunden wurde, ist es schwieriger, die Todesursache zu bestimmen. „Anhand der Skelettüberreste können wir niemals eine eindeutige Todesursache feststellen”, erklärte Bugelli. „Betrachtet man jedoch die Wahrscheinlichkeiten, so ist es vernünftig anzunehmen, dass auch dieses Neugeborene lebend geboren wurde. Tatsächlich verlief die erste Entbindung von Chiara Petrolini völlig selbstständig und ohne geburtshilfliche Komplikationen. Außerdem war die Schwangerschaft bereits zu Ende, sodass ein intrauteriner Tod des Fötus unter diesen Umständen äußerst selten ist. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei eins zu einer Million“, sagte die Ärztin.

Auch das zweite Gutachten belastet Chiara Petrolini schwer, möglicherweise sogar entscheidend. Laut dem psychiatrischen Sachverständigen der Staatsanwaltschaft Parma, Mario Amore, leidet sie nicht an einer „eindeutig dokumentierbaren psychiatrischen Störung“ und weist auch keine „klar organisch definierten psychischen Erkrankungen“ auf.

Auf die Fragen des Staatsanwalts Alfonso D’Avino hin fügte der Psychiater hinzu, dass die junge Frau „keine Persönlichkeitsstörung“ habe, sondern „voll zurechnungsfähig“ sei. Nach den drei Gesprächen mit der Angeklagten kam der Gutachter zu dem Schluss, dass Petrolini eine „innere emotionale Armut“ aufweise, widersprüchlich sei und nur wenig Empathie zeige.

Domenico Berardi, einer der psychiatrischen Gutachter der Anklage, pflichtet seinem Kollegen bei. „Indem sie es ihren Eltern nicht gesagt hat und auf die Art und Weise, wie sie entbunden hat, zeigt sich, dass sie durch die Schwangerschaften hemmungslos geworden ist. Sie scheint von einem Computer gesteuert zu werden, folgt einem eigenen Plan, der schwer zu verstehen und zu erahnen ist, aber es gibt eine Kontinuität, nichts widerspricht sich“, so Berardi.

Der Prozess gegen Chiara Petrolini lässt die italienische Öffentlichkeit an die schrecklichen Tage vor eineinhalb Jahren zurückdenken, als das „dunkle Geheimnis” buchstäblich aus dem Boden gegraben wurde. Zu ergründen, was in dem Kopf der jungen Frau vorging, gleicht dem Abseilen in einen finsteren Abgrund menschlicher Verwahrlosung.

 

 

Kommentare

Aktuell sind 6 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen