Die Zweifel und Leiden der Boxerin Angela Carini – VIDEO

IBA-Gynäkologe zum Fall Imane Khelif: “Tests offenbarten männliche Genprofile”

Freitag, 09. August 2024 | 08:06 Uhr

Von: ka

Neapel/Paris/Rom – Die Tatsache, dass sowohl die algerische Athletin Imane Khelif als auch Lin Yu-Ting aus Taiwan alle ihre bisherigen Matches gewonnen haben und demnächst im Kampf um die Goldmedaille in den Ring steigen werden, lässt die heißen Diskussionen, ob es fair sei, Athletinnen, deren Geschlechtsangabe strittig ist und die das männliche Chromosom Y aufweisen sollen, zu den Boxwettbewerben der Olympischen Spiele in Paris zuzulassen.

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APA/APA/AFP/MOHD RASFAN

Da sowohl Imane Khelif als auch Lin Yu-Ting vor einem Jahr von den Boxweltmeisterschaften ausgeschlossen worden waren, sie aber laut dem Internationalen Olympische Komitee IOC beide alle geschlechtsspezifischen Zulassungsprüfungen bestanden haben, befinden sich in dieser Frage auch das IOC und der von ihr nicht mehr anerkannte Weltboxverband International Boxing Association IBA auf Konfrontationskurs.

Nach Kontroversen um finanzielle Transparenz und andere Unregelmäßigkeiten hatte das IOC der IBA die Anerkennung entzogen, was vom Internationalen Sportgerichtshof CAS in einem Urteil bestätigt wurde. Dass die International Boxing Association IBA vom russischen Oligarchen Umar Nasarowitsch Kremlew geleitet wird, dürfte bei dieser Entscheidung ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

ANSA / CIRO FUSCO

Anlässlich einer Pressekonferenz der IBA, die nach dem Aufflammen der kontrovers geführten Geschlechterdebatte am 5. August eiligst in Paris einberufen wurde, versuchte der vom IOC nicht anerkannte Verband seine Sicht der Sachlage darzulegen. An dieser Pressekonferenz nahm auch Dr. Ioannis Filippatos teil. Der Gynäkologe war Vorsitzender des medizinischen Ausschusses der IBA und steht heute der an der IBA angeschlossenen European Union Boxing Confederation als Präsident vor.

Instagram/Imane Khelif

Dr. Ioannis Filippatos betont, dass er von den an Imane Khelif und Lin Yu Ting durchgeführten Tests Kenntnis hatte, die zum Ausschluss der beiden Boxerinnen von den Weltmeisterschaften 2023 geführt hatten. In einem Interview bekräftigt der Gynäkologe, dass die Algerierin und die Taiwanesin biologisch männlich seien und daher nicht an Frauenwettbewerben teilnehmen dürften.

EUBC/Dr. Ioannis Filippatos

Zu den im Jahr 2023 an Khelif und Ting durchgeführten Tests nimmt Dr. Ioannis Filippatos detailliert Stellung. “Es handelte sich um Gentests, die in zwei von der Schweizer Organisation für Normung ISO und vom College of American Pathologists akkreditierten Laboren – im Tip Laboratuvari System in Istanbul und im Dr. Lal PathLabs in Neu-Delhi – an Blutproben durchgeführt wurden. Ich weiß nicht, warum das IOC sie nicht anerkennen will, aber das Ergebnis ist eindeutig. Die Chromosomenanalyse ergab in beiden Fällen einen männlichen Karyotyp”, erklärt Dr. Ioannis Filippatos gegenüber der Zeitung La Verità.

Der Gynäkologe räumt jedoch selbst ein, dass zum Ausschluss einer Störung der Geschlechtsentwicklung bei beiden Sportlerinnen weitere Untersuchungen notwendig wären. Dr. Ioannis Filippatos betont, dass diese Untersuchungen zwar “invasiv”, aber notwendig seien, um die Sicherheit der Athletinnen zu gewährleisten.

APA/APA/AFP/MOHD RASFAN

Dr. Ioannis Filippatos, der in diesen Jahren Vorsitzender des medizinischen Ausschusses der IBA war, behauptet, dass zum Fall von Imane Khelif beim Verband im Jahr 2022 Beschwerden aus mindestens 22 Ländern, einschließlich Italien, eingegangen seien. Dem Gynäkologen zufolge habe sein Verband noch im selben, aber auch im Jahr darauf entsprechende Tests durchgeführt.

“Die Beschwerden waren darauf zurückzuführen, dass es Zweifel am Phänotyp der Athletin gab. Es ging vor allem darum, dass ihre sekundären Geschlechtsmerkmale, angefangen bei ihrem Körperbau, nicht mit denen der anderen Athletinnen übereinstimmten. Nach mehreren Anfragen beschloss die IBA, eine Untersuchung des Falls einzuleiten”, erklärt Dr. Ioannis Filippatos.

Instagram/Imane Khelif

Dr. Ioannis Filippatos’ Ausführungen stehen mit jenen von Professor Bruno Dallapiccola nicht im Widerspruch, zumal die Vermutung des Genetikers, dass Imane Khelif am Morris-Syndrom leide – also eine Frau mit XY-Chromosomen und einem testosteronproduzierenden Hoden sei – bei einem Gentest einem männlichen Karyotyp entsprechen würde.

Facebook/Federazione Pugilistica Italiana

In den letzten Tagen wurden auch Einzelheiten um die Vorgeschichte des Matches zwischen Angela Carini und Imane Khelif bekannt.

Als sie die Auslosung verfolgte und erfuhr, dass ihre Gegnerin Imane Khelif sein würde, soll sie ihrem Trainer zufolge die Worte “Das ist nicht fair” gesagt haben. An diesem Nachmittag war die 25-jährige Neapolitanerin sehr aufgeregt. Als es ihr am Abend endlich gelang, einen Verantwortlichen des CONI zu erreichen, bat sie um Hilfe. “Ihr müsst mir helfen. Ich kämpfe gegen einen Mann”, so Angela Carini. Die, die mit ihr sprachen, versuchten sie zu beruhigen, aber sie beharrte darauf. “Ja, mir wurde gesagt, dass meine Gegnerin ein Mann ist und deshalb vom Verband disqualifiziert wurde”.

Instagram/Imane Khelif

Als sich die Geschlechterdebatte zwei Tage vor dem Kampf zwischen Angela Carini und Imane Khelif zuspitzt, sucht die 25-jährige Neapolitanerin erneut Rat beim CONI. “Was soll ich tun? Ich weiß nicht so recht, wie ich mich verhalten soll”. Man rät ihr, nicht mehr ans Telefon zu gehen und sich nur mehr auf das Match zu konzentrieren, was ihr aber nicht wirklich gelang.

Facebook/Federazione Pugilistica Italiana

Als Angela Carini am 1. August gegen Imane Khelif in den Ring stieg, genügten zwei harte rechte Schläge und 46 Sekunden, um sie davon zu überzeugen, dass sie dem Kampf nicht gewachsen sein konnte. Angela Carini denkt seither daran, das Boxen aufzugeben.

 

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