Think Tank will es wissen

Kriegsmüde Italiener

Samstag, 18. März 2023 | 13:39 Uhr

Rom – Rund ein Jahr nach dem Start des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine scheinen zumindest bestimmte Positionen Moskaus ausgerechnet in Italien an Sympathie zu gewinnen. Einer Umfrage des europäischen Think Tanks European “Council on Foreign Relations” zufolge liebäugelt zumindest ein Teil der Italiener mit einem Friedensabkommen, das Russland auch territoriale Zugeständnisse auf ukrainischem Boden einräumt. Grund dafür ist, dass die Befragten Russland als unverzichtbaren Partner auf politischer und wirtschaftlicher Ebene betrachten.

Die Umfrage wurde in mehreren Ländern durchgeführt. Während in Frankreich, in Großbritannien und in Deutschland jeweils 2.000 Personen befragt wurden, waren es in Italien und in Polen jeweils 1.500. In China, in der Türkei und in den USA wurden je 1.000 Interviews geführt, während es in Russland selbst 800 waren.

Die Stichprobe aus Italien spiegelt durchaus unterschiedliche Auffassungen verschiedener Gesellschafts- und Bildungsschichten oder geografischer Zonen wider. Insgesamt erkennen immerhin 53 Prozent der Italiener Russland als einen Gegner, mit dem es aktuell einen Konflikt gibt. 32 Prozent betrachten die USA dabei als notwendigen Verbündeten. Allerdings sehen 20 Prozent in Russland einen Partner, der unverzichtbar sei und mit dem man auf strategischer Ebene kooperieren müsse. Italien hat in dieser Hinsicht im Ländervergleich den höchsten Prozentsatz. In Frankreich sind nur 18 Prozent der Befragten dieser Auffassung, während in Rumänien 15 Prozent dies vertreten.

Vier Prozent halten in Italien – genauso wie in Rumänien – Russland sogar für einen Alliierten mit gemeinsamen Interessen und Werten.

Etwas allgemeiner betrachtet, zeichnet sich bei den Italienern eine bestimmte Müdigkeit angesichts der Ukraine-Krise ab, deren Ende nicht absehbar ist. Mit 41 Prozent hat Italien im Ländervergleich auch den höchsten Anteil jener, die glauben, der Konflikt müsse so schnell wie möglich beendet werden, auch wenn dies bedeutet, dass die Ukraine gezwungen ist, Russland territoriale Zugeständnisse zu machen.

Italien hat außerdem den höchsten Prozentsatz jener, die an den Motiven der USA zweifeln. Viele glauben, die USA würden die Ukraine unterstützen, um die Vormachtstellung des Westens in der Welt zu sichern. Nur zehn Prozent der Italiener gehen davon, es gehe den Amerikanern darum, die territoriale Einheit der Ukraine zu wahren oder die Demokratie zu schützen.

Ein Großteil der Italiener hält Russland außerdem nach wie vor für ein militärisch starkes Land. Gleichzeitig befürwortet ein Großteil der Italiener, die Energieversorgung weiter zu diversifizieren, um von Russland unabhängiger zu werden.

Von: mk