Von: ka
Villa Lagarina – Nicht in einer abgelegenen Gegend in irgendeinem Winkel des Trentino, sondern in einem Gebiet, das von Einheimischen und Wanderern sowohl zu Fuß als auch mit dem Mountainbike stark besucht wird, begegneten Marco Bruschetti und seine Frau zwei Bären. Nach der Begegnung, bei der es zum Glück keinen Angriff der Bären gab, sitzt besonders bei der Frau der Schock tief. Wenn man selbst an Orten, die nicht nur bei Bergsportlern, sondern auch bei Familien mit Kindern und älteren Leuten als beliebte Ausflugsziele gelten, Bären begegnet, bedeutet das – so Marco Bruschetti – dass das Bärenmanagement komplett aus dem Ruder gelaufen ist.
Nach der Begegnung von Angesicht zu Angesicht mit zwei Bären sitzt bei Marco Bruschetti und seiner Frau Michela Marchi der Schock tief. „Was nützt es, wie die Experten raten, zu singen, zu pfeifen und Lärm zu machen, wenn zwei Bären um die Ecke kommen? Welche anderen Vorkehrungen müssen getroffen werden, um nicht in den Armen der Bären zu landen? Wie viele hätten die Geistesgegenwart, sich mit dem Gesicht nach unten regungslos auf den Boden zu legen und darauf zu warten, dass das Tier entscheidet, ob es uns beschnuppert und wieder verlässt, ob es uns nur einen freundlichen und leichten Prankenhieb gibt, oder unsere Kleidung und Haut zerreißt?“, fragt sich Marco Bruschetti.
Seit der Begegnung mit den beiden Bären beschäftigen diese Fragen Marco Bruschetti, der in Rovereto die Musikschule Jan Novak leitet. Marco Bruschetti, seine Frau Michela Marchi und eine Freundin, die in der Nähe des bei Familien beliebten Cei-Sees oberhalb von Villa Lagarina bei Rovereto mit ihren Mountainbikes unterwegs waren, befanden sich bereits auf dem Heimweg, als sie hinter einer Kurve plötzlich auf zwei Bären trafen. Die beiden Bären, bei denen es sich wahrscheinlich um ein Muttertier und ihr Junges handelte, verschwanden sofort wieder im Dickicht des Waldes. Der Gedanke, dass in einem Gebiet, in dem Marco Bruschetti und viele andere sehr oft ihre Freizeit verbringen, sich auch Bären befinden, ließ die kleine Gruppe mit einem mulmigen Gefühl zurück.
„Wir waren auf dem Rückweg. Da wir bereits einem Auto begegnet waren, fühlten wir uns recht sicher. Nach einer Kurve bremste meine Frau, die rund 15 Meter vor mir fuhr, plötzlich stark ab. Ich konnte sehen, wie zwei Bären, die sich kurz zuvor auf der Fahrbahn befunden hatten, den grasbewachsenen Hang hinaufrannten. Meine Frau, die die beiden Tiere vor mir gesehen hatte, erschrak und hatte Todesangst. Sie wäre fast ‚in den Armen der Bären‘ gelandet, was zu unkalkulierbaren Folgen geführt hätte“, so Bruschetti, der sich angesichts dieser Begegnung an den Tod von Andrea Papi erinnert fühlt.
„Die gemischten Gefühle aus Angst und Neugier, die die Bären früher in mir ausgelösten, verwandeln sich in letzter Zeit in ein mulmiges Gefühl ständiger Sorge. Die Tatsache, dass wir zu dritt waren, vertrieb zwar die schlimmsten Befürchtungen, aber um die Bären zu ‚verscheuchen‘, fingen wir an, mit einer gewissen Beharrlichkeit Lärm zu machen, wobei wir die Ruhe des Waldes und die anderen Leute, die ebenfalls auf diesem Weg spazieren gingen, störten“, erzählt Marco Bruschetti dem Trentiner Tagblatt L’Adige.
Es war gewiss ein großer Schock, aber es war auch einer, der zu einer Reihe von Überlegungen führte, die in Marco Bruschetti nachdenkliche Gefühle weckten. „Die Risiken, das sagen sogar die Experten, lassen sich nur dann zu 100 Prozent vermeiden, wenn man aufhört, sich im Wald und auf den angrenzenden Straßen zu bewegen. Ich persönlich halte das für eine ungeheure Beeinträchtigung meines gewohnten Lebens und meiner Freiheit“, ist der Leiter der Musikschule empört.
„Wenn die Vermeidung solcher Begegnungen darin besteht, nur mehr in der Stadt oder auf dem Fahrradweg zu spazieren oder den Wald, der ein Ort der Ruhe sein soll, so laut zu machen, dass er dem Trubel gleicht, der in einem Einkaufszentrum herrscht, haben wir ein Problem. Angesichts der heute herrschenden Alarmbereitschaft ist es klar, dass das Projekt zur Wiederansiedlung des Bären im Trentino gefährlich geworden ist. Es ist nunmehr ein Projekt, das den Menschen nach und nach ihre Freiheit nimmt, das dem Tourismus und der Berglandwirtschaft schadet und das Jugendlichen und Erwachsenen, die ihre Beziehung zum Wald und zur Natur für unverzichtbar halten, ihr Lebensgefühl kostet. Ich glaube, dass die Verantwortung bei der heutigen Landesregierung und bei allen früheren Landesregierungen, die seit der Geburt des Projekts bis heute aufeinandergefolgt sind, liegt. Es ist schlimm, dass wir an diesem Punkt angelangt sind“, klagt Marco Bruschetti an.
Die Menschen sollen Respekt vor der Natur zeigen, aber sie sollen sich nicht fürchten müssen, in den Wald und auf die Berge zu gehen, so der Grundgedanke, der Marco Bruschetti bewegt. Der Leiter der Musikschule, der meint, dass das Bärenmanagement komplett aus dem Ruder gelaufen sei, verlangt von der Trentiner Landesregierung ein hartes Durchgreifen.