Trugbild einer „perfekten Familie“ – VIDEO

Mord an Zwillingen: „Du hast unsere Familie ruiniert“

Montag, 29. Juni 2020 | 08:06 Uhr

Margno/Gessate – Während nach dem unfassbaren Doppelmord an den eigenen Kindern und dem folgenden Selbstmord des Täters – Südtirol News berichtete – in Margno, wo die Bluttat geschah, und in Gessate, dem Heimatort der Familie, Stille und Trauer herrschen, kamen am Sonntag immer mehr Hintergründe der Bluttat ans Tageslicht.

Wie am Tag nach dem Verbrechen bekannt wurde, hatte der Vater, der 45-jährige Mario Bressi, in der Mordnacht seiner Frau, der gleichaltrigen Daniela Fumagalli, nicht nur eine, bereits am Samstag bekannte Nachricht – „Non li rivedrai mai più“(Du wirst sie nie wieder sehen, Anmerkung der Redaktion) – geschickt, sondern ihr noch zwei weitere WhatsApp-Nachrichten gesendet. Bei der letzten Nachricht soll es sich laut den Ermittlern weniger um eine Nachricht, sondern vielmehr um einen langen „Abschiedsbrief“ handeln, in dem der 45-Jährige gegenüber seiner Frau schwere Beschuldigungen erhebt und sie bezichtigt, die Familie ruiniert zu haben.

Neben den direkt an seine Frau gerichteten Nachrichten hatte Mario Bressi kurz vor oder nach dem Doppelmord an den Zwillingen auf seinem Instagram-Profil zwei Fotos mit seinen Kindern, denen er die Worte „Coi miei ragazzi sempre insieme“ (Mit meinen Kindern für immer vereint, Anmerkung der Redaktion) zugefügt hatte, gepostet. Um weiterführende Untersuchungen durchführen zu können, wurde der Computer des 45-Jährigen beschlagnahmt.

Am Sonntag wandte sich auch der Anwalt der unter Schock stehenden Mutter der ermordeten Zwillinge an die Öffentlichkeit. Er teilte mit, dass sich die Trennung in der absoluten Anfangsphase befunden hatte. Der Anwalt bestritt, dass es zwischen dem 45-Jährigen und seiner Mandantin zu Spannungen und Drohungen gekommen war, und verneinte insbesondere, dass Daniela Fumagalli ihren Mann damit gedroht hätte, ihm die Kinder wegzunehmen.

ANSA/INSTAGRAM MARIO BRESSI

Überhaupt schien es sich bei der Familie Bressi-Fumagalli um eine „perfekte Familie“ zu handeln. Freunde und Nachbarn beschrieben Mario Bressi, der als Verkaufsleiter gearbeitet hatte, als liebevollen Vater, der komplett im Familienleben aufgegangen war. Er und seine Frau Daniela Fumagalli, die als Ingenieurin in einem biomedizinischen Betrieb angestellt ist, hatten als ruhige, unauffällige Familie gegolten.

Andere zeichneten vom 45-Jährigen ein weniger vorteilhaftes Bild. Ihnen zufolge sei Mario Bressi zwar „ruhig, korrekt und zuverlässig“ gewesen, habe aber auch die Angewohnheit gehabt, alles penibel genau zu planen. Dies habe vor allem für seine Kinder gegolten, deren Freizeit er genau organisiert habe. Alles nicht Planbare habe hingegen bei ihm Unruhe und Anspannung ausgelöst. Laut diesen Aussagen sei der 45-Jährige, dessen Facebook- und Instagram-Seiten von schönen Familienfotos überquellen, auch immer darauf bedacht gewesen, seiner Außenwelt das Bild einer „perfekten Familie“ mit wohlerzogenen Musterkindern zu vermitteln.

„Was ist in ihn gefahren?“, schrie die verzweifelte Frau die Freunde und Angehörigen an, die sie besucht hatten, um ihr Beistand zu leisten. Was Mario Bressi genau dazu bewegt hat, seine eigenen Kinder zu töten und sich anschließend das Leben zu nehmen, und die Frage, ob die Tat in Affekt geschehen oder genau geplant worden war, ist nun Gegenstand von Ermittlungen.

Die Ermittler zögern aber nicht, vor allem ein mutmaßliches Motiv zu nennen. Laut ihnen habe der 45-Jährige die von seiner Frau ausgehende Trennung nie akzeptiert und den abscheulichen Plan einer größtmöglichen „Rache“ gefasst: ein Doppelmord, um seiner Frau „das Wertvollste zu nehmen, was sie hatte – ihre Kinder“.

 

Von: ka