Galgenfrist

Nach tödlicher Attacke: Wie geht es weiter mit “Problembärin” JJ4?

Samstag, 15. April 2023 | 08:21 Uhr

Trient/Caldes – Für Aufsehen hat eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Trient nach der tödlichen Bärenattacke im Val di Sole gesorgt. Das Gericht hat den Befehl zum Abschuss der Problembärin, den der Trientner Landeshauptmann Maurizio Fugatti in der vergangenen Woche erlassen hatte, vorerst ausgesetzt und damit der von Tierschutzvereinen eingelegten Berufung stattgegeben. So steht es in einem Dekret, das am Freitag veröffentlicht wurde.

Der 26-jährige Jogger Andrea Papi ist am 5. April in der Trentiner Gemeinde Caldes im Val di Sole von einer Bärin attackiert und getötet worden. Ein DNA-Abgleich bestätigte dies.

Bei dem Tier handelt sich bei ihr um die Schwester des 2006 in Bayern erschossenen “Problembären” Bruno. Bereits 2020 sollte das Bärenweibchen erlegt werden. JJ4 hatte damals zwei Menschen, einen Vater und seinen Sohn, auf dem Monte Peller angegriffen. Auch 2020 entschied das Verwaltungsgericht gegen die Tötung.

Ein weiterer Beschluss zur Gefangennahme des Tieres war am 11. August 2020 unterzeichnet worden. Wie der Landeshauptmann erklärt, habe der Staatsrat auch diesen Beschluss gekippt. Das Verwaltungsgericht von Trient hatte daraufhin das Urteil übernommen.

Die Vereine LAV und LAC, die bereits zuvor den Abschussbefehl scharf kritisierten, haben nun nach dem tödlichen Angriff im Val di Sole bei dem Gericht Berufung eingelegt. Dem Dekret zufolge wird es am 11. Mai eine Anhörung vor dem Gericht in Trient geben.

Dass JJ4 trotzdem abgeschlossen wird, ist aber noch nicht gänzlich ausgeschlossen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht den Tierschützern eine Galgenfrist zugestanden. Diese argumentierten, dass die genaue Dynamik der Attacke noch nicht ermittelt worden sei.

Trotzdem ging das Gericht davon aus, dass alle Voraussetzungen für den Erlass des Abschussbefehls gegeben seien. Sollte die Bärin nun eingefangen werden, muss die JJ4 in das mit Strom gesicherte Gehege des Tierpflegezentrums Casteller oberhalb von Trient gebracht werden. Mitarbeiter der Forstbehörde sind mit eigenen Bärenhunden ausgeschwärmt und suchen nach dem Tier.

Über die weitere Vorgangsweise trifft das Gericht eine Entscheidung aufgrund eines Gutachtens vom Höheren Institut für Umweltschutz und Forschung ISPRA. Die staatliche Behörde soll sich zu einem eventuellen Abschuss oder eine Verfrachtung des Tiers außerhalb der Region äußern.

Das Gutachten wird innerhalb von fünf Tagen erwartet. Der Tierschutzverein LAV kommentierte das Dekret des Gerichts bei Twitter so: “Die Bären und Bürger des Trentino haben das Recht, in Frieden zusammenzuleben!”

In Italien hat sich seit dem Tod des Trentiner Joggers die Debatte um das Zusammenleben von Bär und Mensch indes zugespitzt. Die Provinz will die Bärin töten und generell die Bärenanzahl in dem Gebiet massiv verringern.

Von: mk