Von: ka
Santi Cosma e Damiano – Nach der Verzweiflungstat des 14-jährigen Paolo Mendico aus Santi Cosma e Damiano bei Latina, der Opfer zahlreicher Mobbingvorfälle geworden ist, schreiten die Ermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaft von Cassino sowie die Untersuchungen des römischen Bildungsministeriums zügig voran.
Vier Jugendliche, die des Mobbings beschuldigt werden, wurden von der Jugendstaatsanwaltschaft in Rom vorgeladen. Zudem übergaben die Eltern des 14-Jährigen den Behörden während der Inspektion des Bildungsministeriums Schulhefte, in die andere Schüler Beleidigungen gegen Paolo geschrieben hatten. Paolos Vater sagte aus, dass er sich mit dem Vater eines der Mobber gestritten habe. „Die stellvertretende Schulleiterin wusste davon”, so Giuseppe Mendico. Er betonte, dass er und seine Frau alle Rechtsmittel ausschöpfen werden, um ihrem Sohn Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
Nach der Verzweiflungstat von Paolo kommen immer mehr Details über den erschütternden Leidensweg des Jugendlichen ans Tageslicht. In der Toilette der Turnhalle der Technischen Fachoberschule „Pacinotti“ stellten die Ermittler zahlreiche obszöne und beleidigende Zeichnungen und Schmierereien mit Kugelschreiber und Filzstift sicher, die alle den Namen des 14-Jährigen erwähnen. Er hatte sich am Abend vor der Rückkehr zur Schule in seinem Zimmer das Leben genommen. „Sie sind und bleiben Unglückselige, mein Sohn lebt nicht mehr”, schrie der Vater am Ende der Inspektion der Oberschule durch die Beauftragten von Minister Giuseppe Valditara am Montagnachmittag.
Bei der etwa vierstündigen Inspektion der Oberschule, die Paolo besucht hatte, waren sein Vater Giuseppe, seine Mutter Simonetta sowie seine beiden Schwestern und sein Bruder anwesend. Wie schon am Morgen bei den Carabinieri schilderte die Familie erneut die Jahre voller Beleidigungen, Beschimpfungen, Hänseleien und Gewalt, die in der Grundschule begonnen hatten, sich während der drei Jahre der Mittelstufe fortsetzten und in der ersten Klasse der Technischen Fachoberschule ihren Höhepunkt erreichten. „Die Mobber zerbrachen seine Stifte, stahlen seine Hefte und beschmierten sie mit Kritzeleien. Sie traten gegen seinen Rucksack. Einmal wurde er sogar gegen die Wand geschleudert“, so der Vater des Opfers, Giuseppe Mendico.
Hinzu kamen die fürchterlichen Hänseleien, weil Paolo schmächtig war und lange blonde Haare hatte. „Sie haben ihn wegen seiner blonden Haare, die er früher sehr lang getragen hatte, gehänselt und ‚Nino D’Angelo‘, ‚Memme‘ und ‚Paoletta‘ genannt“, fährt der Vater des Jugendlichen fort.
Sehr schwerwiegende Vorfälle ereigneten sich bereits in der Grundschule. „Bereits in der fünften Klasse hatten wir bei der Polizei Anzeige erstattet, weil er gemobbt wurde. Ein Kind kam sogar mit einem Plastikschraubenzieher in die Klasse und drohte, ihn umzubringen. Anstatt die Situation unter Kontrolle zu bringen, stachelte eine Lehrerin die Schüler mit den Worten ‚Schlägerei, Schlägerei!‘ an. Diese Anzeige wurde jedoch archiviert und zu den Akten gelegt“, erzählt die Mutter von Paolo Mendico.
In der Mittelschule setzten sich die Probleme mit mobbenden Mitschülern fort. In einem Fall wurde der 14-Jährige während einer Auseinandersetzung mit einem Klassenkameraden von der Lehrerin mit den Worten „Du willst immer Recht haben“ zurechtgewiesen. „Es gab einen Tyrannen, den die Lehrer beschützten“, erzählte Giuseppe Mendico den Inspektoren. Nach mehreren Mobbingvorfällen durch diesen Jugendlichen kam es zwischen Paolos Vater und den Eltern des anderen Schülers zu einem Streit auf WhatsApp.
An der Oberschule eskalierten die Mobbingvorfälle weiter. „Die stellvertretende Schulleiterin wusste Bescheid. Sie hatte meinen Sohn sogar gebeten, jedes Mal zu ihr zu kommen, wenn es zu Vorfällen kam“, schildert der Vater. Konkrete Maßnahmen wurden jedoch nicht ergriffen. „Sie drohte höchstens mit einer Suspendierung, aber tatsächlich passierte nichts.“
Die obszönen Zeichnungen, Streiche, geschmacklosen Witze und ständigen Hänseleien über sein Aussehen dürften das Fass schließlich zum Überlaufen gebracht haben. „Wie muss sich mein Sohn gefühlt haben, als er bemerkte, dass alle Bescheid wussten und ihm niemand half? Ich sage nicht, dass sie beim ersten Mal hätten einschreiten müssen, aber wenn sie beim zweiten Mal Maßnahmen ergriffen hätten, hätten diese Jugendlichen vielleicht aufgehört und mein Sohn wäre heute noch am Leben“, sagt Giuseppe Mendico und senkt den Blick.
Nach der Inspektion des römischen Bildungsministeriums schreiten die Ermittlungen voran. Vier Jugendliche, die des Mobbings beschuldigt werden, wurden von der Jugendstaatsanwaltschaft Rom vorgeladen. Es handelt sich um ehemalige Klassenkameraden des Opfers aus Santi Cosma e Damiano in der Provinz Latina. „Sie gehörten zu jenen, die ihn im ersten Jahr der Oberschule schikaniert haben“, sagt Giuseppe Mendico. Trotz ihrer Hinweise und Anzeigen hätten die Verantwortlichen der Schule wenig unternommen, um die Jugendlichen zu unterstützen. „Ich wiederhole seit Tagen, dass es die Schule war, die meine Beschwerden ignoriert hat und nie tätig geworden ist”, betont der Vater.
Der Tod von Paolo Mendico sorgt in der italienischen Öffentlichkeit weiterhin für großes Aufsehen. Wenn ihr selbst von Suizidgedanken oder Depressionen betroffen seid oder wenn jemand in eurem Umfeld betroffen ist, findet ihr unter infopoint.bz/suizid/ niederschwellige sowie spezifische Hilfeangebote. Im Notfall solltet ihr die Notrufnummer 112 wählen oder euch in ein Krankenhaus begeben. Dort wird euch weitergeholfen.
Aktuell sind 9 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen