Heftige Debatte um Waleri Gergijew

Putin-Dirigent soll Konzert in Kampanien spielen

Mittwoch, 16. Juli 2025 | 14:33 Uhr

Von: Ivd

Caserta – Der geplante Auftritt des russischen Stardirigenten Waleri Gergijew nächsten Sonntag im Königspalast von Caserta hat in Italien eine Welle der Empörung ausgelöst. Während Politiker und Kulturschaffende zur Absage des Konzerts aufgerufen haben, verteidigt die Region Kampanien das Engagement mit dem Hinweis auf ihre kulturelle Offenheit.

Gergijew, ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, soll im Rahmen des Festivals „Un’Estate da Re“ dirigieren, ausgerechnet an einem UNESCO-Weltkulturerbe, dem Bourbonenpalast bei Neapel. Kritiker sehen darin ein fatales Signal, insbesondere angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Gergijew wollte sich nicht von Putins Überfall auf die Ukraine distanzieren und wurde daher 2022 aus seiner Position als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker entlassen.

Sorge vor russischer Propaganda

Das Kulturministerium in Rom äußerte sich unmissverständlich: Zwar sei Kunstfreiheit ein hohes Gut, doch ein Auftritt Gergijews könne das Festival in ein Sprachrohr russischer Propaganda verwandeln. Auch Julia Nawalnaja, Witwe des in Haft gestorbenen Oppositionellen Alexej Nawalny, meldete sich zu Wort. In einem Gastbeitrag nannte sie den Dirigenten einen „Komplizen Putins“ und forderte die sofortige Absage. Das Konzert sei ein gezielter Versuch, Putins Ansehen in Europa wiederherzustellen.

Unterstützung bekam sie von zahlreichen Stimmen aus Politik und Kultur. Peter Gelb, Leiter der Metropolitan Opera in New York, bezeichnete Gergijew als „künstlerischen Stellvertreter Putins“ und betonte, es könne keinen Austausch mit einem Unterstützer von Kriegsverbrechen geben. Auch die italienische Demokratische Partei sowie die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Pina Picierno, stellten sich gegen den Auftritt.

Präsident der Region setzt auf Dialog

Trotz der Proteste hält der Präsident der Region Kampanien, Vincenzo De Luca, an der Einladung fest. Kultur sei ein Mittel des Dialogs, erklärte er. Man könne Künstler nicht für die Politik ihrer Herkunftsländer verantwortlich machen. Neben Gergijew sei auch der israelische Dirigent Daniel Oren geladen worden.

Ob das Konzert tatsächlich wie geplant stattfinden wird, bleibt offen. Die Kritik reißt jedenfalls nicht ab. Auch Protestaktionen vor Ort sind nicht ausgeschlossen. Nächste Woche Sonntag wird sich zeigen, ob der kulturelle Dialog mit Russland bestehen bleibt oder ob der Putin-Vertraute unerwünscht ist.

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