Übertragung von Viren befürchtet, viele Einwohner trotzen Evakuierungsbefehl – VIDEO

Romagna: Große Angst vor Mückenplage

Dienstag, 30. Mai 2023 | 07:12 Uhr

Conselice/Ravenna/Forlì/Cesena/Faenza – Angesichts des Wassers, das nur sehr langsam zurückweicht, sind bei den Gesundheitsbehörden die Sorgen groß. Die Verantwortlichen der lokalen Sanitätsbetriebe der von der Flutkatastrophe betroffenen Gebiete der Emilia-Romagna befürchten, dass die großen Flächen übelriechenden stehenden Wassers zu einer Brutstätte für die Larven der Stechmücke werden könnten.

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Gesundheitsexperten zufolge sind die Plagegeister Überträger gleich mehrerer Viren – allen voran das Zika-Virus.

Nicht zuletzt aus Angst vor einer Infektionswelle erließ die Bürgermeisterin der vom Überschwemmungsdesaster stark betroffenen Gemeinde Conselice einen Evakuierungsbefehl, aber rund ein Drittel der Einwohner beschloss trotz der Verbote in ihren überschwemmten Häusern zu bleiben.

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In den Überschwemmungsgebieten gehen die Anstrengungen zur Rückkehr zur Normalität, an denen auch viele Südtiroler Feuerwehren beteiligt sind, unvermindert weiter. Aber der Schlamm und die ganzen Schäden, die die Wasserfluten anrichteten, sind nicht das einzige Problem, mit dem sich die leidgeprüften Bewohner der Hochwassergebiete auseinandersetzen müssen.

APA/APA (dpa)/Andreas Lander

Da das Wasser nur sehr langsam zurückweicht, befürchten die Gesundheitsbehörden eine rasante Vermehrung der Tigermücken und anderer Mückenarten. Die übelriechende Brühe, die ganze Landstriche bedeckt, bietet den Plagegeistern, die für die Übertragung einer ganzen Reihe von Erregern – allen voran dem Zika-Virus – verantwortlich sind, ideale Brutbedingungen.

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„Im Moment erkennen wir noch keine Vermehrung dieser Insekten, aber wie jedes Jahr werden wir nach der Auswertung der gesammelten Daten geeignete Vorsorgemaßnahmen ergreifen. Wir sind bereit, diese Anstrengungen zu verstärken“, so die zuständigen Gesundheitsbehörden der Region. Den Einheimischen ist die Gefährdung durch Stechmücken seit Langem bekannt. In den Supermärkten und Apotheken sind Anti-Mücken-Sprays und -Cremen längst ausverkauft. Die Einwohner der betroffenen Gebiete hoffen aber auch, dass die Region heuer eine ausgedehnte Entwesungsaktion durchführen wird. Die Gemeindeverwaltung von Conselice in der Provinz Ravenna führte in der Nacht vom Montag auf den Dienstag bereits eine erste ausgedehnte Entwesungsaktion durch.

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In der Zwischenzeit werden die Impfzentren, in denen Impfungen gegen Tetanus und Hepatitis A angeboten werden, regelrecht gestürmt. Seit Beginn der Impfaktion vor wenigen Tagen ließen sich in den Überschwemmungsgebieten der Romagna fast 3.000 Personen gegen die beiden gefährlichen Krankheitserreger impfen. Durch die Eröffnung weiterer Impfzentren soll die Impfkampagne weiter ausgedehnt werden.

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Angesichts der Ängste der Bevölkerung und des plötzlichen Temperaturanstiegs in den letzten Tagen gaben die Gesundheitsbehörden der Region einen Ratgeber heraus, in dem die vom Hochwasser betroffenen Bürger vor den Risiken, die vom stehenden Wasser ausgehen, gewarnt werden. Im Leitfaden wird unter anderem dazu geraten, direkten Hautkontakt mit dem Schlamm und dem stehenden Wasser unbedingt zu vermeiden und bei den Reinigungsarbeiten desinfizierbare Bekleidung sowie wasserdichte Stiefel und Handschuhe zu tragen.

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Bei nicht wenigen Überschwemmungsopfern scheint jedoch die Angst vor Diebstählen und Plünderungen größer zu sein als jene vor ansteckenden Krankheiten. Trotz des von der Bürgermeisterin erlassenen Evakuierungsbefehls beschlossen in Conselice in der Provinz Ravenna nicht weniger als 500 Einwohner, weiter in ihren überschwemmten Häusern zu bleiben.

Vom langsam sinkenden Wasser „ermutigt“ trotzen sie allen Verboten. Obwohl die Verordnung die Einrichtung einer „Roten Zone“ vorsieht, zu der nur die Ordnungskräfte, die Feuerwehr und der Zivilschutz Zugang haben, ist in den zu Kanälen gewordenen Straßen ein reges Kommen und Gehen zu beobachten.

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„Wohin soll ich denn gehen? Mein ganzer Lebensinhalt ist hier! Die können so viele Verordnungen erlassen, wie sie wollen. Ich lasse mein Hab und Gut nicht unbeaufsichtigt“, rechtfertigt sich ein Bewohner von Conselice, Stefano Morando. Auch die Appelle der Hausärzte verhallten ungehört. Ihr Schreiben, in dem sie den Einheimischen dringend dazu raten, ihre Häuser zu verlassen und „zuerst an ihre Gesundheit zu denken“, wurde weitgehend ignoriert. Von den rund 1.500 Einwohnern der Gemeinde entschied sich rund ein Drittel dazu, zu Hause zu bleiben und die Anweisungen der Behörden schlicht zu ignorieren.

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Während das übelriechende Wasser auf den Feldern und zwischen den Häusern verharrt, steigen die Temperaturen stark an. Beobachter und Experten gehen davon aus, dass die vorhergesagte Mückenplage nicht lange auf sich warten lassen wird. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die verschiedenen Mückenarten, von denen die ursprünglich aus Asien stammende Tigermücke die gefährlichste ist, Viren wie das West-Nil-Virus, das Gelbfieber-Virus, das Dengue-Virus, das Zika-Virus, das Chikungunya-Virus und das Virus, das die sogenannte St.-Louis-Enzephalitis auslöst, übertragen können.

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Von: ka