Vegane und „klassische“ Tiramisù auf demselben Arbeitstisch zubereitet – VIDEO

Traurig: Anna Bellisario [20] vermied streng Milchprodukte

Donnerstag, 09. Februar 2023 | 07:51 Uhr

Mailand – Vier Tage nach dem Tod von Anna Bellisario kommen immer mehr Details zum Hergang dieser Tragödie ans Tageslicht. Die 20-Jährige, die seit ihrer Geburt an dieser schweren Form der Allergie litt und streng darauf achtete, keine Milchproteine zu sich zu nehmen, las nicht nur die Etikette des Tiramisù-Bechers, sondern ließ sich vom Inhaber des Lokals auch die Liste der Allergene geben.

Derzeit ist zwar noch unklar, wie die Milchproteine in die eigentlich als vegan deklarierte Süßspeise gelangt waren, aber erste Ermittlungen ergaben, dass die veganen und „normalen“ Tiramisù auf demselben Arbeitstisch zubereitet worden waren. Es wird vermutet, dass während der Zubereitung die veganen Tiramisù mit Milchproteinen kontaminiert worden waren. Da bei schweren Allergien auch sehr kleine Mengen genügen, um wie im Falle der 20-Jährigen aus Mailand einen schweren anaphylaktischen Schock auszulösen, halten es die Ermittler für plausibel, dass Anna Bellisario Opfer fahrlässigen Handelns geworden sein könnte.

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Anna Bellisario litt seit ihrer Geburt an einer schweren Form der Allergie auf Milchproteine. Die 20-Jährige, die von klein auf gelernt hatte, mit dieser schweren Allergie zu leben, achtete sehr streng darauf, keine Milchproteine zu sich zu nehmen. Um eine Kontamination auch nur zwischen den Essbestecken zu vermeiden und um jegliche mögliche Gefährdung auszuschließen, verzichtete ihre ganze Familie auf den Verzehr von Milchprodukten und Eiern. Sie träumte davon, Designerin zu werden. Anna Bellisario studierte daher Kommunikationsdesign am Europäischen Institut für Design in Mailand.

Ihre Freundinnen beschreiben die 20-Jährige als einfache und zurückhaltende junge Frau. Aufgrund ihrer schweren Allergie waren die gemeinsamen Ausgehabende sehr selten. Ganz konnte Anna Bellisario, die sich nicht zu sehr von den jungen Frauen ihres Alters unterscheiden wollte, dennoch nicht auf gemeinsam in Restaurants verbrachte Mittag- und Abendessen verzichten. So war es auch am Abend des 26. Januar, als Anna Bellisario zusammen mit ihrem Freund ein veganes Restaurant in Mailand besuchte, um dort gemeinsam zu essen.

Zunächst schien der Abend ganz normal zu verlaufen. Die Probleme setzten ein, als die 20-Jährige als Nachspeise einen Tiramisù wählte. Bevor sie ihn aß, ließ Anna Bellisario größte Vorsicht walten. Sie las nicht nur das Etikett des Bechers – die veganen Tiramisù wurden dem Restaurant von einem Konditoreibetrieb geliefert – sondern ließ sich vom Inhaber des Lokals auch die Liste der Allergene geben.

Da alles in Ordnung schien und sie sich sicher fühlte, dass die Süßspeise keine Milchbestandteile enthielt, begann die junge Frau, den Tiramisù zu essen. Aber bereits beim zweiten Löffel merkte sie, dass etwas nicht stimmte. Ihr wurde übel. Anna Bellisario rannte sofort auf die Toilette, wo sie sich vergeblich zu übergeben versuchte. Es half aber nichts. Wenige Minuten später verlor sie das Bewusstsein.

Ein Notarzteinsatzfahrzeug brachte die junge Frau, die einen schweren anaphylaktischen Schock erlitten hatte, sofort ins Krankenhaus „San Raffaele“ von Mailand, wo sie kurz nach der Einlieferung ins Koma fiel. Anna Bellisario erlangte nie mehr das Bewusstsein. Die 20-Jährige starb in der Nacht vom Sonntag auf den Montag.

Die Carabinieri der Sondereinheit Nas und die Polizei leiteten umgehend Ermittlungen ein. Noch am Abend der Einlieferung der jungen Frau ins Krankenhaus beschlagnahmten Beamte der Mailänder Polizei sowohl den Becher, aus dem die junge Frau gegessen hatte, als auch sieben weitere Tiramisù, die dem veganen Restaurant vom selben Zulieferer gesandt worden waren.

Beim Zulieferer handelt es sich um einen Konditoreibetrieb, der sowohl vegane als auch „klassische“ Tiramisù herstellt. Erste Analysen der Carabinieri und der Mailänder Gesundheitsbehörde ergaben, dass in der von der 20-Jährigen verzehrten Süßspeise mit dem Namen „Tiramisun“ Spuren von Milcherzeugnissen enthalten waren, die nicht auf dem Etikett angegeben waren. Wegen des bestehenden „Risikos des Vorhandenseins von Allergenen“ ordnete das römische Gesundheitsministerium an, diese Süßwaren vom Markt zu nehmen.

Als die Beamten den Betrieb näher in Augenschein nahmen, beschlagnahmten sie 95 Becher dieser Süßspeise. Sie fanden auch heraus, dass die veganen und die „klassischen“ Süßspeisen auf demselben Arbeitstisch zubereitet worden waren. Es wird vermutet, dass während der Zubereitung die beanstandeten veganen Tiramisù mit Milchproteinen kontaminiert worden waren.

Da bei schweren Allergien auch sehr kleine Mengen genügen, um wie im Falle der 20-Jährigen aus Mailand einen schweren anaphylaktischen Schock auszulösen, halten es die Ermittler für plausibel, dass Anna Bellisario Opfer fahrlässigen Handelns geworden sein könnte. Da insbesondere das Ergebnis der Autopsie noch aussteht, handelt es sich dabei aber – noch – um eine Vermutung. Der Firmeninhaber, der Produktionsleiter und zwei Angestellte wurden wegen fahrlässiger Tötung ins Ermittlungsregister eingetragen.

Nicht nur ihre Familie, ihr Freund und ihre Freundinnen von der Universität, sondern ganz Mailand trauert um die junge Frau, die trotz ihrer schweren Allergie so viele Zukunftsträume hatte. Ihre Angehörigen und ihre Freunde, die für Anna Bellisario Gerechtigkeit fordern, sind traurig und entsetzt darüber, dass die 20-Jährige, die selbst so vorsichtig war, Opfer einer unglaublichen Schlamperei geworden sein könnte.

Von: ka

Kommentare

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8 Kommentare auf "Traurig: Anna Bellisario [20] vermied streng Milchprodukte"


Sortiert nach:   neuste | älteste | Relevanz
HeinzRuediger
1 Monat 17 Tage

Wenn man so stark Allergisch ist, wäre es allgemein besser Restaurants zu meiden…

Neumi
Neumi
Kinig
1 Monat 16 Tage

… und Leute, die kein Koffein vertragen, sollten ganz auf Bars verzichten anstatt einen koffeinfreien Kaffee oder was anderes ohne Koffein zu bestellen, richtig?

Wenn der Betreiber so was gar nicht im Angebot hat, geht man klarerweise auch nicht hin. Aber man sollte sich schon darauf verlassen können, dass man kriegt, was man bestellt.
Und in diesem Fall ist ja auch nicht der Betreiber schuld, sondern der Hersteller.

Paladin
Paladin
Superredner
1 Monat 16 Tage

@Neumi: Du hast vollkommen Recht, aber wie man an diesem traurigen Beispiel sieht, gibt es keine absolute Sicherheit. Wenn man so stark allergisch ist, riskiert man viel. Das sollte nicht der Fall sein, aber ich würde mir mehrmals (auch nach Zusicherung des Betreibers) überlegen etwas in einem Restaurant zu essen was solche Auswirkungen haben könnte.

N. G.
N. G.
Kinig
1 Monat 16 Tage

@Neumi Wo gearbeitet wird, passieren Fehler! Garantien gibt es leider nie. Man kann zwar darauf pochen, aber was ist perfekt! Der Zeitgeist sagt es muss alles sein wie gewünscht, wie gefordert, aber das wird nie so sein.

Neumi
Neumi
Kinig
1 Monat 16 Tage

@Paladin richtig. Absolute Sicherheit gibt’s nie, man muss immer auch etwas Vertrauen haben. Anders kann man nicht mehr vor die Tür gehen.

Und was Allergien angeht … sieh dir mal das Mastzellaktivierungssyndrom an, damit ist man wirklich am Arsch. Da kann man wirklich fast gar nichts mehr essen.

Neumi
Neumi
Kinig
1 Monat 17 Tage

Das gleiche Problem gibt’s z.B. bei glutenfreien Pizzen, auch die haben oft noch Reste der Zutaten drin, das für die anderen verwendet wurde. Nicht alle trennen da penibel genug.

brunner
brunner
Universalgelehrter
1 Monat 17 Tage

Sehr traurig!

ieztuets
ieztuets
Superredner
1 Monat 16 Tage

Wahnsinnig tragisch… dass so eppas möglich isch!

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