Kostenexplosion und niedrige Auszahlungspreise gefährden bäuerliche Existenzen

Traurig: „Uva Italia“-Tafeltrauben verrotten auf den Reben – VIDEO

Montag, 24. Oktober 2022 | 07:55 Uhr

Canicattì – Die immer höheren Kosten für Energie und Düngemittel zusammen mit Auszahlungspreisen machen den sizilianischen Bauern, die die bekannten und beliebten weißen „Uva Italia“-Tafeltrauben produzieren, schwer zu schaffen.

Während den Bauern für ihre weißen Tafeltrauben Kilopreise von nur 40 Cent geboten werden, müssen Supermarktkunden für die gleiche Menge mancherorts bis zu fünf Euro bezahlen. Da infolge der massiv gestiegenen Energiepreise die Produktion eines Kilogramms Trauben aber mindestens 60 Cent kostet, verläuft die Ernte der schönen Trauben nur schleppend. Es besteht die Gefahr, dass die noch an den Rebstöcken verbliebenen Trauben entweder verrotten und die bereits gewimmten Trauben für wenige Cent der Saftindustrie zugeführt werden müssen. Die Bauern, für die es mittlerweile um das nackte Überleben geht, erheben lautstark Protest und fordern den Staat dazu auf, ihnen finanziell unter die Arme zu greifen.

Facebook/Uva Italia di Canicattì IGP

Wer kennt nicht die großen verlockenden weißen Tafeltrauben, die ab September an der Obsttheke auch den Südtiroler Supermarktkunden ins Auge fallen. Nur wenige von ihnen wissen allerdings, dass sich um diese Tafeltrauben gerade eine bäuerliche Tragödie abspielt. Die Bauern, die die Traubenvarietät „Uva Italia“-Tafeltrauben produzieren, geraten infolge der gestiegenen Kosten für Energie und Düngemittel und der zu niedrigen Auszahlungspreise immer stärker in eine Kostenfalle. Da den Bauern für ein Kilogramm Tafeltrauben nur 40 Cent geboten werden, die Produktionskosten für die gleiche Menge aber nunmehr bei 60 Cent liegen, verläuft die Ernte nur schleppend. Angesichts dieser Auszahlungspreise sehen viele Bauern keinen Sinn darin, die Trauben länger zu ernten, und sind dazu übergegangen, die verbliebenen Tafeltrauben an den Reben hängenzulassen. Anstatt in den Supermarktregalen landen viele Zentner der bereits geernteten „Uva Italia“-Tafeltrauben für wenige Cent in den Pressen der lokalen Saftindustrie.

Facebook/Massimo Secolo

Dies setzt einen wahren Teufelskreis in Gang. Da weniger Trauben zur Verfügung stehen, erklimmt der Supermarktregalpreis der „Uva Italia“-Tafeltrauben nie gekannte Höhen und erreicht mancherorts einen Kilogrammpreis von fünf Euro. Dieser Umstand hat zur Folge, dass die Kunden, die durch die gestiegenen Energiekosten selbst über immer weniger Geld verfügen, um die verbliebenen Trauben einen Bogen machen, wodurch die Nachfrage weiter sinkt.

Facebook/Gio’ Cani Uva Italia

Die „Traubenkrise“ gefährdet inzwischen nicht „nur“ die Existenz der betroffenen Bauern, sondern die Wirtschaft einer ganzen Region. Im Gebiet zwischen den sizilianischen Städten Canicattì und Caltanissetta, die als Wiege der Sorte „Uva Italia“ gilt, werden auf Tausenden von Hektar Rebfläche Tafeltrauben für ganz Italien und teilweise auch für das Ausland produziert. In diesem Gebiet sind etwa 20 Gemeinden und mehrere Zehntausend Menschen direkt oder indirekt vom „gelben Gold Siziliens“, wie die Trauben genannt werden, abhängig. Insgesamt werden im geschützten Ursprungsgebiet mit den Tafeltrauben 800 Millionen Euro umgesetzt. Rund 15.000 Personen finden dank der Tafeltrauben in diesem Gebiet eine Beschäftigung.

Facebook/Massimo Secolo

Um ihrer Not mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, schlossen sich alle 20 Bürgermeister des Gebiets dem Protest der Bauern an. Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden verlangen von der Regierung die Ausrufung des Notstands und fordern den EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni dazu auf, bei der Europäischen Gemeinschaft Maßnahmen zur Linderung der Not der Bauern zu ergreifen.

Im Raum steht dabei die Forderung nach finanziellen Not- und Überbrückungshilfen. Die schweren Einkommensverluste, die die Erzeuger erleiden, könnten zur Entlassung von Tausenden von Arbeitskräften führen, und die Bürgermeister befürchten auch, dass der Anstieg der Arbeitslosenquote zu sozialen Problemen führen könnte.

Die wirtschaftliche Lage in Sizilien ist nicht rosig und die Gefährdung der „Uva Italia“-Produktion, die in diesem Teil der größten Mittelmeerinsel bisher eine große Stütze des lokalen Wirtschaftslebens war, könnte wahrlich soziale Probleme nach sich ziehen. Wie den sizilianischen Bauern, die Tafeltrauben erzeugen, geht es italienweit vielen ihrer Kollegen, die für hochwertige landwirtschaftliche Erzeugnisse keinen angemessenen Auszahlungspreis mehr erhalten.

Von: ka