M109L: Nach holprigem Start entscheidende militärische Hilfe – VIDEO

Ukrainer begeistert von „italienischen“ Panzerhaubitzen

Montag, 01. Mai 2023 | 08:36 Uhr

Rom/Kiew – Noch vor einem Jahr waren die Ukrainer von den aus Italien eingelangten Waffen wenig begeistert. Sie galten laut den ukrainischen Militärs „überwiegend als veraltet und von schwieriger Handhabung“. Nur die italienischen gepanzerten Militärfahrzeuge – die in Bozen produzierten Iveco LMV Lince („Luchs“) – die die Ukrainer anfangs von der russischen Armee erbeuteten, später dann aber auch direkt aus Italien erhielten, erfreuen sich bei den ukrainischen Streitkräften wegen ihrer Sicherheit, Zuverlässigkeit und Geländegängigkeit großer Beliebtheit.

Esercito Italiano/M109 L

Denken sie hingegen an die nun aus Italien eintreffenden Panzerhaubitzen M109 L, geraten die ukrainischen Militärs fast ins Schwärmen. Von den in Italien nach US-Lizenz produzierten, aber von italienischen Ingenieuren modifizierten schweren Panzerhaubitzen erhoffen sich die Ukrainer nicht nur zum Halten der Front beizutragen, sondern auch einen vielleicht entscheidenden Beitrag zur geplanten Gegenoffensive zu liefern. Die Lieferung der M109L begann zunächst mit einer Panne, aber von den 60 den Ukrainern versprochenen Panzerhaubitzen sollen sich bereits 30 im Fronteinsatz befinden.

Das Vorhaben, der Ukraine M109 L-Panzerhaubitzen zu liefern, wurde bereits von der Regierung Draghi in die Wege geleitet. Draghis Nachfolgerin Giorgia Meloni setzte die Politik ihres Vorgängers, die Ukraine bei ihrem Überlebenskampf zu unterstützen, nicht nur fort, sondern vergrößerte und beschleunigte die militärische Hilfe sogar. Ein Abkommen mit den USA sah vor, dass die Italiener ihre M109 L, die Anfang der 90er Jahre von OTO-Melara nach US-Lizenz produziert worden waren, aber über zwanzig Jahre lang im Freien gestanden hatten, nach Kiew liefern und die Amerikaner im Gegenzug die Instandhaltungs- und Reparaturkosten übernehmen würden.

Facebook/Palazzo Chigi – Presidenza del Consiglio dei Ministri

Im vergangenen September lieferte die italienische Regierung die ersten 20 Panzerhaubitzen an die ukrainischen Ingenieure aus. Da die amerikanischen Teile für die Reparatur der Geschütze jedoch entweder nie ankamen oder sich als inkompatibel erwiesen, blieben diese an der Front eigentlich dringend benötigten M109 L monatelang in der Ukraine liegen. Letzten Informationen zufolge soll sich die erste Tranche der gelieferten M109 L zur Reparatur auf dem Weg nach Belgien oder auf dem Rückweg nach Italien befinden.

Twitter/Valeria S.

Aus dieser Panne wurden offenbar die nötigen Lehren gezogen. Die M109 L, die zur zweiten Tranche gehörten, wurden vorsorglich bereits in Italien instandgesetzt. Am 14. April passierte ein mit M109 L-Panzerhaubitzen beladener Güterzug den Bahnhof von Udine. Der offene Güterzug mit den gezählten rund 30 Panzerhaubitzen sorgte in der italienischen Öffentlichkeit für Aufsehen. Ein Zug mit etlichen M109 L, der angeblich über Österreich in Richtung Ukraine unterwegs war, wurde auch in Verona gesichtet. Derzeit sollen sich rund 30 M109 L an der Front befinden.

Die M109L werden an der ukrainischen Front sehnlichst erwartet. Die M109 waren zwar schon in den 60er Jahren in Dienst gestellt und im Vietnamkrieg eingesetzt worden, waren in den folgenden Jahren aber immer wieder modernisiert worden, sodass selbst die US-Militärs, die eigentlich über neueste Waffen verfügen, sich nicht von den robusten und flexibel einsetzbaren Panzerhaubitzen trennen wollen.

Es ist aber besonders die italienische Variante der M109, die M109 L, für die sich die Ukrainer interessieren. Bei der M109 L handelt es sich um eine modernisierte Version der ursprünglich amerikanischen Panzerhaubitze M109, die in Italien unter Lizenz von OTO-Melara, die zum italienischen Rüstungskonzern Leonardo Defence Systems gehört, hergestellt wird. Die italienischen Ingenieure tauschten das 23-Kaliber-Geschütz der M109 durch ein verlängertes 39-Kaliber-Geschützrohr aus, wodurch sich nicht nur die Reichweite der verschossenen 155-Millimeter-Granaten auf 24 Kilometer, sondern auch deren Treffergenauigkeit erhöhte. Im Falle einer Verwendung von aktiven und reaktiven Granaten, die bereits von den Streitkräften der Ukraine verwendet werden, beträgt die maximale Reichweite sogar 30 Kilometer. In Anbetracht des erhöhten Rückstoßes des Geschützes modifizierten die Italiener auch das Anti-Rückstoß-System.

Zusammen mit seiner Zuverlässigkeit und der modernen Panzerung gehört die hohe Feuerkraft zu den Hauptvorteilen der M109 L. Die Reichweite von 24 bis 30 Kilometern ermöglicht es der „italienischen“ Panzerhaubitze, die Truppen an der Front wirksam zu unterstützen. Der Einsatz von für dieses Geschütz verfügbaren hochexplosiven Splittergeschossen – schreibt die Kyiv Post – lässt die Zerstörung gegnerischer Stellungen und Befestigungen zu. Darüber hinaus ist die Haubitze in der Lage, schwere Ziele wie Panzer, schwere Artillerie und Munitionsdepots erfolgreich zu bekämpfen. Das automatische oder halbautomatische Ladesystem, durch das das Laden der Geschosse erfolgt, ermöglicht es zudem, pro Minute bis zu vier Granaten abzufeuern.

Die M109L verfügt auch über ein fortschrittliches Feuerleitsystem, das eine hohe Genauigkeit und Feuereffizienz gewährleistet. Ihre hohe Geländegängigkeit, die gegenüber dem klassischen Modell ebenfalls verbessert wurde, erlaubt es der Panzerhaubitze zudem, nach dem Schießen schnell die Position zu wechseln.

Die ukrainischen Bedienmannschaften loben auch die Benutzerfreundlichkeit der „italienischen“ Panzerhaubitzen und heben hervor, dass sie den sowjetischen Modellen des Typs 2S3 Akazija überlegen sind. Die M109 L zeichnet sich gegenüber der 2S3 Akazija durch ein größeres Kaliber, eine stärkere Munition, eine größere Reichweite und Bedienfreundlichkeit sowie eine bessere Panzerung aus. Unter anderem hat die M109 L einen größeren Gefechtsraum, besitzt anstelle von Hebeln ein Lenkrad und verfügt anstelle eines mechanischen Getriebes ein automatisches Getriebe. Erfahrene Kanoniere loben auch die Qualität der 155-Millimeter-Granaten. Sie sind hermetisch versiegelt, sodass sie nie feucht werden.

Wertvolle Fronterfahrungen blieben nicht aus. Während der Feindseligkeiten hielt eine ukrainische Panzerhaubitze sogar drei Angriffen mit Tochka-U-Raketen stand, wobei sie selbst nur geringe Schäden erlitt. Die Explosion eines von der M109 abgefeuerten Geschosses, das nur wenige Meter von sowjetischen Schützenpanzern entfernt einschlug, führte hingegen zu deren schwerer Beschädigung oder vollständigen Zerstörung.

Die Ukrainer sollen von den Leistungen der M109 L sehr angetan sein. Von den schweren Panzerhaubitzen erhoffen sich die Ukrainer nicht nur zum Halten der Front beizutragen, sondern auch einen vielleicht entscheidenden Beitrag zur geplanten Gegenoffensive zu liefern.

APA/APA/AFP/JOHANNA GERON

Angesichts der bedeutenden Unterstützung der Ukraine durch Italien, die von der neuen italienischen Regierung noch weiter intensiviert und ausgeweitet wurde, verwundert es nicht, dass Giorgia Meloni in Kiew ein gerne gesehener Gast ist.

 

 

 

 

 

Von: ka