Südtiroler EU-Wahlkampf nimmt Fahrt auf – ein Kommentar

Von Duce-Bauchschmerzen und versäumten Chancen

Donnerstag, 25. April 2019 | 14:51 Uhr

Bozen – Die eingegangene Listenverbindung für die EU-Wahlen der Sammelpartei mit Forza Italia lässt innerhalb und außerhalb der SVP die Wogen hochgehen. Nachdem nach der Zweckehe der SVP mit der Lega der langjährige SVP-Partner PD abgewunken hatte, schien Forza Italia für die Sammelpartei der einzig übrig gebliebene, „natürliche Partner“ zu sein.

Allerdings sorgte die Verbindung mit Berlusconis Forza Italia, deren Bozner Frontfrau Micaela Biancofiore vielen SVPlern als politische Gegnerin schlechthin gilt, von Anfang an für heftige Bauchschmerzen. Die Tatsache, dass sich auch die Duce-Enkelin Alessandra Mussolini für Forza Italia um einen Sessel im EU-Parlament bewirbt, sorgte endgültig für Ernüchterung. Zu allem Pech kam hinzu, dass nicht nur die Enkelin, sondern mit Caio Mussolini auch noch ein Urenkel des Duce sich um einen Sitz bewirbt, was zum Leidwesen der Edelweißpartei das mediale Echo um die „Mussolinis“ noch weiter vergrößerte.

ANSA/MAURIZIO DEGL INNOCENTI

SVP-Landessekretär Stefan Premstaller und EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann haben angesichts der hochkochenden Emotionen die wenig beneidenswerte Aufgabe, die Fakten – das Edelweiß tritt mit einer eigenen Liste an und sie braucht zum Überspringen der Vierprozenthürde unbedingt einen „nationale Partei“ – zu benennen. Süffisant weist die Opposition zu Recht darauf hin, dass aufgrund der technischen Listenverbindung die Duce-Enkelin immer mit im Boot sitzt.

Aber ist bei der Opposition alles eitel Sonnenschein? Mitnichten. Zwar geht das Team Köllensperger, das mit Renate Holzeisen eine bekannte Persönlichkeit ins Rennen schickt, mit der Sammelpartei besonders hart ins Gericht, aber die Chancen des Teams selbst, die streitbare Rechtsanwältin in das EU-Parlament zu hieven, sind eher überschaubar. Die angepeilte gemeinsame Kandidatur des Teams mit den Grünen – Holzeisen war schon einmal für die Grünen in den Ring gestiegen – scheiterte nach dem ersten Versuch. Angesichts der Bauchschmerzen mit der für Forza Italia kandidierenden Duce-Enkelin stünden die Chancen der Opposition weit besser, wenn sie an einem Strang ziehen würde. So aber besitzen Holzeisen und die Grünen, die getrennt auf nationalen Listen kandidieren müssen – sofern ihre Listen überhaupt die Hürde nehmen oder Mitbewerber auf einen Sitz verzichten – nur geringe Möglichkeiten, ins Straßburger Parlament einzuziehen.

Bisher zeigen sich die Südtiroler am EU-Wahlkampf nur mäßig interessiert. Mit Dorfmann versus Holzeisen und den Polemiken rund um die Verbindung der SVP mit der Berlusconipartei, für die auch Alessandra Mussolini antritt, kommt nun endlich etwas Pfeffer in das bisher müde Ringen.

Von: ka