Wohnungsvergabe an Nomaden entfacht Tumulte - VIDEO

„Zuerst kommen die Palermitaner“

Freitag, 10. August 2018 | 07:55 Uhr

Palermo – Der Plan der Stadtgemeinde von Palermo, Mitglieder des Volkes der Roma, welche aus einem aufgelösten Nomadenlager stammen, in „Villen der Mafia“ unterzubringen, droht zu scheitern. Im Laufe der Proteste wurden zwei der Häuser, die ursprünglich als Besitz der Mafia vom Staat beschlagnahmt worden waren und eigentlich für die Nomaden bestimmt waren, von armen palermitanischen Familien illegal besetzt.

ANSA

Am Donnerstag kam es in einem Vorort von Palermo zu großem Aufruhr. Die Vergabe von Sozialwohnungen an Nomaden des Volkes der Roma führte in der sizilianischen Hauptstadt zu wilden Tumulten. Nachdem die Gemeindeväter von Palermo beschlossen hatten, das illegale Nomadenlager Campo della Favorita aufzulösen und die Roma-Familien in Häuser, die ursprünglich als Besitz der Mafia vom Staat beschlagnahmt worden waren, umzusiedeln, kam es zu ersten Protesten und Unmutsäußerungen. In der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag hingegen schufen insgesamt sechs Familien mit Kindern aus Palermo Fakten. Unter Slogans wie „Palermitaner zuerst“ besetzten sie illegal zwei der konfiszierten Villen und halten seitdem dort die Stellung. Die Lage ist heikel. Der Protest und die illegale Hausbesetzung wird offen von den Neofaschisten von Forza Nuova und Audaces sowie von der Rathausopposition von #DiventeràBellissima, einer vom Präsidenten der Region, Nello Musumeci, gegründeten Autonomiebewegung, unterstützt. Rechtsextreme und #DiventeràBellissima setzen die Gemeindeverwaltung gehörig unter Druck.

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„Viele Palermitaner befinden sich schon seit Jahren auf der Warteliste für eine Sozialwohnung. Es gibt Mitbürger, die gezwungen sind, in einem Camper oder in einem Auto zu schlafen. Jene hingegen, die seit ungefähr 20 Jahren illegal in einem Park kampieren, sind dabei, innerhalb von 15 Tagen ein Haus zu erhalten“, so zwei Exponenten von #DiventeràBellissima.

Dem Protest schlossen sich bis in die Abendstunden Dutzende von Einwohnern des Viertels an. Am Donnerstagnachmittag war die Spannung mit Händen zu greifen. Als der Gemeindeassessor Giuseppe Mattina in der betreffenden Straße erschien, wurde er mit lauten Sprechchören wie „Wir haben Angst“, „Keine Wohnungen den Roma“ und „Wir können nicht auf der Straße bleiben, während ihr Häuser den Roma gebt“ empfangen. Aufseiten der Protestierenden ist man wild entschlossen, nicht klein beizugeben und solange weiterzumachen, bis die Anliegen der „armen Palermitaner“ und der Einwohner des Viertels Gehör finden.

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Die Stadtgemeinde von Palermo hingegen kündigte rechtliche Schritte an und reichte bei der Staatsanwaltschaft von Palermo eine Eingabe ein, um – so Bürgermeister Leoluca Orlando – all jene, die den richterlich verfügten Umsiedlungsplan verhindern wollen und illegale und gewalttätige Handlungen begehen, ausfindig zu machen und rechtlich zu belangen.

Linke Vertreter des Gemeinderats gingen mit den Vertretern von #DiventeràBellissima und den Neofaschisten hart ins Gericht und beschuldigten diese, einen „Krieg zwischen Armen“ anzuzetteln. In einer Aussendung wies die linke Gruppierung Sinistra Comune darauf hin, dass die Roma in ihrer übergroßen Mehrheit italienische Staatsbürger seien und schon seit Jahrzehnten in der Stadt wohnen würden. Die Auflösung des Lagers würde der gesamten Gemeinschaft von Palermo keine Rechte und finanziellen Mittel entziehen. Zuletzt sprach sich Sinistra Comune gegen ethnische Diskriminierung aus.

Wie das Kräftemessen zwischen den Demonstranten und Hausbesetzern auf der einen und der Stadtverwaltung auf der anderen Seite ausgeht, steht in den Sternen.

Von: ka