Von: ka
Viterbo – Ein verheerender Terroranschlag auf die bekannte Prozession zum Transport der Macchina di Santa Rosa in Viterbo, der Stadt der Päpste, konnte durch den Einsatz von Spezialkräften der italienischen Polizei im letzten Moment vereitelt werden. Während bekannte Persönlichkeiten in Sicherheit gebracht wurden, schlugen die Einsatzkräfte der Digos zu und verhafteten zwei schwer bewaffnete türkische Männer, die sich in einer Bed-and-Breakfast-Unterkunft im Zentrum von Viterbo eingemietet hatten.
Ersten Erkenntnissen zufolge wollten sie in die Menge schießen, um das folgende Chaos auszunutzen und einen inhaftierten Boss der türkischen Mafia zu befreien. „Zwei Türken waren bereit, mit Maschinenpistolen und Pistolen zu schießen“, so die Ordnungskräfte. Von den beiden Mitgliedern der türkischen Mafia wird vermutet, dass sie auch Verbindungen zum IS haben.
Der traditionelle Transport der Macchina di Santa Rosa gilt in Viterbo in der mittelitalienischen Region Latium als der religiöse Höhepunkt des Jahres. Er wurde jedoch dieses Jahr von einem im letzten Moment vereitelten Terroranschlag überschattet. Da der Transport der Macchina di Santa Rosa durch das historische Zentrum von Viterbo normalerweise bei ausgeschaltetem Licht erfolgt und die Kleinstadt am Mittwochabend jedoch hell erleuchtet blieb, wurde vielen Einwohnern klar, dass etwas nicht stimmte.
Sie ahnten jedoch nicht, dass die traditionelle Prozession zum Schauplatz eines verheerenden Terroranschlags werden könnte. Wie später bekannt wurde, stand eine mit dem kriminellen Netzwerk des türkischen Mafiabosses Boris Boyun verbundene Kampfgruppe aus vermutlich drei Männern bereit, einen Anschlag zu verüben. Sie wollten das entstandene Chaos vermutlich nutzen, um ihren Boss aus dem Gefängnis zu befreien. Nachdem die Inhaberin einer Bed-and-Breakfast-Unterkunft misstrauisch geworden war, weil ihre türkischen Gäste keinerlei Gepäck dabei hatten, alarmierte sie die Polizei.
Als Spezialeinheiten der Polizei des Nocs und der Digos gegen 18.00 Uhr das Zimmer der Bed-and-Breakfast-Unterkunft in der Via di Santa Rosa, die direkt am Ende des Prozessionsweges liegt, stürmten, nahmen sie zwei Männer fest, die mit einem Maschinengewehr und zwei geladenen Pistolen bewaffnet waren. Da die Beamten einen Reisepass sicherstellten, der keiner der beiden Festgenommenen gehörte, wird vermutet, dass sich ein Mitglied des Kommandos weiterhin auf der Flucht befindet. Die beiden Festgenommenen haben die Fragen der Ermittler bisher noch nicht beantwortet.
Zur selben Zeit wurde in der Präfektur ein Sicherheitskomitee einberufen. Um die Sicherheit der rund 40.000 Besucher der Prozession zu gewährleisten, patrouillierten unauffällig Beamte der Nocs und mehrere Hundestaffeln mit Sprengstoffspürhunden durch das Zentrum von Viterbo. Zum selben Zweck wurden Scharfschützen auf die Dächer der Altstadt entsandt.
Um jegliche Panik zu vermeiden, wurde auf Anordnung der Bürgermeisterin von Viterbo, Chiara Frontini, und der Sicherheitskräfte bis Donnerstag Stillschweigen über die ausgedehnte Polizeiaktion vereinbart.
Trotz der Unzufriedenheit vieler Menschen und der Pfiffe gegen die Entscheidung, die Beleuchtung beizubehalten, fand der traditionelle Transport der Macchina di Santa Rosa schließlich regulär statt. Einige Behördenvertreter wurden jedoch zu sichereren Orten geleitet. So wurde beispielsweise Außenminister und Vizepremier Antonio Tajani in einer Kaserne der Carabinieri in Sicherheit gebracht. Aus Sicherheitsgründen beobachteten Kulturminister Alessandro Giuli, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Antonella Sberna, die Leiterin des politischen Sekretariats von Fratelli d’Italia, Arianna Meloni, der Abgeordnete Mauro Rotelli und andere die Prozession aus der Ferne von den Fenstern des Rathauses aus. Dem israelischen Botschafter, der zur Prozession erwartet wurde, wurde von einer Teilnahme abgeraten.
Der Transport der Macchina di Santa Rosa stand dieses Jahr ganz im Zeichen des Friedens, wie Bürgermeisterin Chiara Frontini betonte. Sie erklärte weiter, dass „eine konkrete Gefahr bestand, weshalb wir uns gezwungen sahen, die Lichter nicht auszuschalten”. Tatsächlich kehrte ab der Hälfte der Prozession bis zum Endziel die Dunkelheit zurück.
Die türkische Mafia ist in Viterbo leider kein Unbekannter. Das Netzwerk des Bosses Boris Boyun, der im vergangenen Jahr zusammen mit einigen seiner Komplizen verhaftet wurde, breitet sich weiter aus. Es nutzt unter anderem die Verwaltung von B&Bs, die als Waffenlager und Aktionsbasen missbraucht werden.
Am 25. August wurde Ismail Atiz verhaftet. Er ist wegen Geldwäsche, Erpressung, Sachbeschädigung, Waffengebrauch und -besitz angeklagt. Die italienischen Anti-Terror-Behörden deckten den Plan für den Anschlag auf die Prozession auf, indem sie den Spuren des zuletzt Festgenommenen folgten. Von dort aus gelangten sie zu der terroristischen Kampfgruppe, die in Viterbo auf den Befehl, in Aktion zu treten, wartete. Dank der aufmerksamen Vermieterin konnte der genaue Aufenthaltsort der Männer ermittelt werden.
Die beiden Festgenommenen sind in Italien nicht vorbestraft, stehen jedoch in Verbindung mit der organisierten Kriminalität in der Türkei. Es wird auch von Verbindungen zum islamistischen Fundamentalismus ausgegangen. Insbesondere wird nach Kontakten zu ISIS Khorasan gesucht, der Dschihadistenzelle von Abu Bakr al-Baghdadi. Er hatte sich zum „Emir des Islamischen Staates” ernannt und wurde Ende Oktober 2019 bei einem US-Angriff in Syrien getötet. Ein Teil seiner Anhänger zog nach seiner Tötung in die Türkei, sodass der islamistische Fundamentalismus des IS Khorasan dort fortlebt. In der Türkei kam es offenbar zu Kontakten zwischen islamistischen Fundamentalisten und Mitgliedern der türkischen Mafia.
Nach dem vereitelten Anschlag herrscht in Italien Erleichterung. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Außenminister Antonio Tajani und Innenminister Matteo Piantedosi lobten den Einsatz der Polizeikräfte.
Die Tatsache, dass es in Italien schlafende IS-Zellen und bis an die Zähne bewaffnete, zu großer Grausamkeit bereite kriminelle Kampfgruppen gibt, bereitet vielen Italienern jedoch ein mulmiges Gefühl. Laut der italienischen Öffentlichkeit können nur eine noch intensivere internationale Zusammenarbeit und ein noch härteres Vorgehen gegen solche Gruppen auch in Zukunft die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten.
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