Fall Don Giorgio Carli

Bischof Muser räumt Fehler ein und setzt auf Transparenz

Samstag, 20. September 2025 | 11:19 Uhr

Von: luk

Brixen – Mit seinem Impulsreferat bei der Pastoraltagung 2025 hat Diözesanbischof Ivo Muser heute eine klare Standortbestimmung für die Diözese Bozen-Brixen vorgenommen. In seiner Rede verband er eine selbstkritische Auseinandersetzung mit aktuellen Herausforderungen rund um die Missbrauchsaufarbeitung mit einem Aufruf zur Erneuerung und Anpassung kirchlicher Strukturen und Haltungen. Unter dem Leitsatz „Wir sind stark in Beziehung“ betonte Muser die Bedeutung von Synodalität als geistlicher Weg und als konkrete Verantwortung für eine Kirche, die Beziehung lebt und trägt.

„Noch nie in den vergangenen 14 Jahren haben mir so viele Menschen ihre Sorge und Verbundenheit ausgedrückt wie in diesen Tagen“, sagte der Bischof mit Blick auf die öffentliche Diskussion rund um den Fall Don Giorgio Carli. Muser räumte erneut Fehler im Umgang mit der Situation ein, übernahm persönlich Verantwortung und unterstrich die Bedeutung von Transparenz, Aufarbeitung und konsequentem Handeln.

Externe Fachleute seien damit beauftragt, die Abläufe rund um die Ernennung und Rücknahme zu analysieren und daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten. Diese würden in den begonnenen Kurienreformprozess sowie in das Projekt Mut zum Hinsehen integriert. Ziel sei es, künftige Fehler zu vermeiden, das Vertrauen wiederherzustellen und die Kirche zu einem sicheren Ort zu machen – besonders für Kinder und Jugendliche. „Vertrauen kann niemand fordern, um Vertrauen kann man nur bitten“, betonte Muser. Entscheidend sei nicht das gesprochene Wort, sondern das gelebte Handeln.

Synodalität als Haltung – nicht als Methode

Im zweiten Teil seiner Rede vertiefte der Bischof das diözesane Zukunftsbild, das bei der Pastoraltagung 2023 vorgestellt worden war. Nach den bisherigen Leitgedanken stand heuer der Leitsatz „Wir sind stark in Beziehung“ im Mittelpunkt.

Synodalität bedeute mehr als eine organisatorische Methode – sie sei eine Grundhaltung der Kirche: „Kirche lebt aus Beziehung, nicht aus Funktion“, so Muser. Aus der persönlichen Beziehung zu Christus erwachse die Sendung der Kirche, den Menschen in ihrer Verletzlichkeit zu begegnen. Gerade jenen am Rand von Kirche und Gesellschaft. „Unsere Aufgabe ist eine Beziehungsaufgabe“, betonte der Bischof mit Bezug auf Papst Franziskus und dessen Schreiben Dilexit nos.

Strukturwandel im Dienst lebendiger Beziehungen

Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher und kirchlicher Umbrüche kündigte der Bischof eine tiefgreifende Weiterentwicklung kirchlicher Strukturen an. Pfarreien, Seelsorgeeinheiten, Dekanate und das bischöfliche Ordinariat müssten sich neu ausrichten, um tragfähige und lebendige Beziehungen zu ermöglichen. Die bisherigen Modelle seien vielfach aus einer Zeit starker Priesterpräsenz und territorialer Volkskirche erwachsen, doch diese Voraussetzungen seien nicht mehr gegeben.

Ein konkretes Beispiel sei die Neubesetzung der pfarrlichen Gremien im Jahr 2026. Die Form der Pfarrgemeinderäte müsse auf die neuen Realitäten reagieren – etwa dort, wo Pfarreien keine residierenden Pfarrer oder nicht genügend Ehrenamtliche mehr haben. Nicht mehr zentrale Vorgaben, sondern synodale Prozesse vor Ort sollen künftig den Weg bestimmen. Aufgabe des Ordinariats sei es, zu begleiten, zu vernetzen und zu unterstützen, aber nicht zu steuern.

Reform des Ordinariats: Unterstützung statt Vorgabe

Auch das bischöfliche Ordinariat selbst müsse sich verändern, um den synodalen Wandel zu ermöglichen. Der Bischof kündigte an, die pastoralen Ämter des Ordinariats im laufenden Arbeitsjahr gemeinsam mit den Mitarbeitenden zu überprüfen und neu aufzustellen. Dabei sollen Erfahrungen aus der Seelsorge vor Ort systematisch einfließen – sowohl positive als auch kritische Rückmeldungen.

In Arbeitsgruppen während der Tagung waren die Teilnehmenden eingeladen, konkrete Hinweise und Erwartungen an die pastoralen Dienste zu formulieren. Diese sollen die Grundlage für weitere Reformschritte bilden.

Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung – Kirche auf dem Weg

Zum Abschluss rief Bischof Muser dazu auf, das Heilige Jahr 2025 als geistliche Einladung zu verstehen, als Kirche gemeinsam unterwegs zu sein – als „Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung“. Synodalität sei keine Organisationsform, sondern eine geistliche Haltung: ein Gehen miteinander, in dem niemand ausgeschlossen ist.

Hoffnung entstehe dort, wo Beziehungen erneuert und Strukturen verändert würden – getragen vom Hören auf Gottes Geist und im Vertrauen darauf, dass auch in Zeiten des Umbruchs Gottes Gegenwart erfahrbar sei. „Auch jetzt ist unsere Zeit eine Heilszeit“, schloss der Bischof – „in Freude und Hoffnung, unter schwierigen, aufgeregten und herausfordernden Vorzeichen.“

Bezirk: Eisacktal

Kommentare

Aktuell sind 25 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen