Von: APA/Reuters
Die europäischen Staaten haben machen Front gegen das Ultimatum von US-Präsident Donald Trump an die Ukraine. Am Rande des G20-Gipfels hatten die sogenannten E3-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) mit einer Reihe weiterer EU-Staaten sowie Japan und Kanada verabredet, dass sie Trumps 28-Punkte-Plan nicht akzeptieren. Sie übersandten der US-Regierung eine stark überarbeitete Version des US-Plans und betonten, dass Russland seinen Angriffskrieg beenden müsse.
“Kriege können nicht beendet werden durch Großmächte über die Köpfe der betroffenen Länder im Krieg”, sagte Deutschlands Kanzler Friedrich Merz am Samstag am Rande des G20-Gipfels in Johannesburg Richtung Trump. Es bedürfe sowohl der Zustimmung der Ukraine als auch der Europäer.
Merz hatte am Freitag mit dem US-Präsidenten telefoniert. Dabei war verabredet worden, dass sich am Sonntag in Genf die sicherheitspolitischen Berater der E3 sowie Italiens und der Ukraine mit der US-Regierung treffen sollen. Nach Angaben aus US-Kreisen sollen daran US-Sondergesandter Steve Witkoff und Außenminister Marco Rubio teilnehmen. EU-Ratspräsident Antonio Costa kündigte zudem an, dass er alle 27 EU-Regierungen zu einer Sondersitzung zur Ukraine am Rande des EU-Afrika-Gipfels in Angola am Dienstag geladen hat. An dem Gipfel mit der Afrikanischen Union nehmen ohnehin Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni teil.
Trump relativiert Aussagen wieder
US-Präsident Trump hatte gesagt, dass er eine Zustimmung der Ukraine zu einem vorgelegten 28-Punkte-Plan bis Donnerstag möchte. Ansonsten würde die Ukraine die für die Kriegsführung wichtigen amerikanischen Aufklärungsdaten und Waffenlieferungen verlieren, hatte es auch Washington geheißen. Die Europäer unterstützen die Ukraine zwar militärisch, sind aber darauf angewiesen, in den USA Waffen für das Land zu kaufen.
Am Samstag relativierte Trump aber seine Aussagen wieder – offenbar unter dem Einfluss des Widerstands nicht nur aus Europa, sondern auch von US-Senatoren, die seine Ukraine-Politik offen ablehnen und schärfere Sanktionen gegen Russland forderten. Der Krieg müsse “auf die eine oder andere Weise enden”, sagte Trump vor Journalisten. Auf die Frage, ob der US-Plan sein letztes Angebot sei, antwortete Trump: “Nein.”
US-Beamte und Abgeordnete sind zunehmend besorgt über ein Treffen im vergangenen Monat, bei dem Vertreter der Trump-Administration mit Kirill Dmitrijew, einem russischen Gesandten, der unter US-Sanktionen steht, zusammenkamen, um einen Plan zur Beendigung des Krieges in der Ukraine auszuarbeiten. Dies bestätigten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Quellen.
Das Treffen fand Ende Oktober in Miami statt. Unter anderem nahm der Sondergesandte Witkoff, Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und Dmitrijew, der Leiter des Russian Direct Investment Fund (RDIF), teil, einem der größten Staatsfonds Russlands. Zahlreiche hochrangige Beamte des Außenministeriums und des Nationalen Sicherheitsrats wurden nicht informiert, sagten zwei mit dem Plan vertraute Personen. Auch der Sondergesandte für die Ukraine, Keith Kellogg, der mit den Ukrainern an Verhandlungen zur Beendigung des Krieges gearbeitet hatte und im Jänner zurücktreten wollte, sei von den von Witkoff und Dmitrijew geleiteten Gesprächen ausgeschlossen worden.
Europäer betonen: Keine Absprachen ohne uns
Frankreichs Präsident Macron bezeichnete wie auch Merz den amerikanischen Plan zwar als Grundlage für Gespräche – er müsse aber stark verändert werden. Macron verwies in Johannesburg darauf, dass sich die eingefrorenen russischen Vermögenswerte vor allem in Europa befänden. Die europäische Integration der Ukraine liege im übrigen in den Händen der Europäer.
Merz sagte, ohne die Zustimmung der Ukraine und der Europäer komme man nicht voran. “Denn es ist ein Krieg auf dem europäischen Kontinent. Und je nachdem, wie dieser Krieg ausgeht, wird es Auswirkungen auf die Sicherheit Europas haben”, betonte er. Er habe Trump in dem Telefonat daran erinnert, dass die Supermacht USA der Ukraine 1994 beim Budapester Memorandum bereits einmal vertraglich zugesagt habe, die Souveränität des Landes im Gegenzug zur Abgabe der sowjetischen Atomwaffen zu schützen. Weder Russland noch die USA hätten die damaligen Zusagen eingehalten. “Deswegen müssen jetzt andere Sicherheitsgarantien gegeben werden”, mahnte Merz.
Zugleich trat er angesichts des Trump-Ultimatums auf die Bremse. Die Europäer und Deutschen seien bereit, sich an einem Prozess Richtung Kriegsende zu beteiligen. “Wir sind mittendrin, und es gibt aus meiner Sicht im Augenblick eine Chance, diesen Krieg zu beenden”, betonte er. Aber Merz fügte hinzu: “Wir sind von einem gemeinsamen guten Ergebnis noch ziemlich weit entfernt.”
Trumps Ultimatum für Ukraine nicht annehmbar
Zuvor hatte bereits die Ukraine betont, dass Trumps Ultimatum nicht annehmbar sei, weil es mit den geforderten Gebietsabtretungen an Russland letztlich eine Kapitulation der Ukraine bedeuten würde.
Russland hat seit Wochen seine 2022 begonnenen Angriffe auf das Nachbarland intensiviert und damit immer häufiger zivile Gebäude und kritische Infrastruktur für die Zivilbevölkerung angegriffen. Russische Streitkräfte versuchen zudem die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk zu erobern. Die Angreifer würden im Stadtgebiet zurückgeschlagen, teilte der ukrainische Generalstab am Samstag auf Telegram mit. Eine russische Stellungnahme lag zunächst nicht vor. Russland versucht seit mehr als einem Jahr, Pokrowsk einzukesseln. Bei einem ukrainischen Drohnenangriff auf die südrussische Stadt Sysran sind nach Angaben der örtlichen Behörden zwei Menschen getötet worden.




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