SVP beim Umbau des Staates mit dabei? – ein Kommentar

Freundliche Enthaltung: Wege ins föderale Glück?

Donnerstag, 07. Juni 2018 | 03:10 Uhr

Bozen/Rom – Lang haben die Mannen und Frauen unterm Edelweiß den neuen grün-gelben Traum in Rom mit großem Unbehagen betrachtet. Teure Steuergeschenke und ein mögliches Italexit trieben den SVP-lern kalte Schweißperlen auf die Stirn. Aber nach dem Nein Mattarella’s zu Contes erstem Versuch einer Regierungsbildung wurde beim zweiten Versuch dem Regierungsprogramm manch antieuropäische Schärfe genommen. In Bozen atmete man auf.

Als dann die neue Regionenministerin Erika Stefani als Befürworterin der Südtirol-Autonomie entpuppte und nicht nur versprach, Finanzpakt, Großprojekte und die A22-Konzession nicht anzutasten, sondern der SVP sogar neue Kompetenzen in Aussicht stellte, war man in der Brennerstraße sehr angetan. Der aus Vicenza in Venetien – eine traditionell nach mehr Eigenständigkeit strebende Region – stammenden Lega-Ministerin schwebt auch für andere Regionen ein dezentrales Verwaltungssystem nach Südtiroler und Trentiner Vorbild vor. Ob die Lega, vereint mit den Grillini, den Föderalismus wieder aufleben lassen will? Das werden wohl die nächsten Monate zeigen.

APA/APA (AFP)/TIZIANA FABI

Angesichts dieser neuen Chancen schlagen die SVP-ler Grün-Gelb nicht die Tür zu und signalisieren mit einer „freundlichen Enthaltung“, dass sie mit Conte und seiner Mannschaft gerne ins Gespräch kommen würden. Aber in der Brennerstraße sollte man reinen Tisch machen. Der PD hat seit März in Rom keine Macht mehr und scheidet daher für zukünftige Projekte als Partner aus. In Südtirol könnte es nach dem 21. Oktober – der Landtagswahl – ähnlich aussehen. Was liegt da näher, nach einer neuen Liebe Ausschau zu halten?

Im Gegensatz zu früher könnte man aber in der Brennerstraße über den eigenen Tellerrand blicken und die Chancen ergreifen, die eine Ministerin einer wichtigen Nachbarregion bietet. So wichtig sie auch sein mögen, aber das Leben besteht nicht nur aus Finanzpakt, Großprojekten und der A22-Konzession. Die SVP mit ihrer jahrelangen Regierungs- und Verwaltungserfahrung könnte der unerfahrenen und jungen Regierungsmannschaft dabei helfen, Italien föderal umzubauen. Vielleicht werden wir dann die ewige Neiddebatte um Geld und Kompetenzen, die die Normalregionen nicht haben, los. Mehr Selbstständigkeit fördert die Eigenverantwortlichkeit. Venetien müsste beweisen, dass man es auch selber kann, und könnte nicht mehr mit dem Finger auf Südtirol zeigen.

Zukunftsmusik? In Rom könnte es in wenigen Monaten vorbei sein, genauso wie wir am Beginn einer grün-gelben Ära stehen könnten. Unsere Chance ist aber bereits heute da. Seien wir dabei.

Von: ka

Bezirk: Bozen