Vater von Giulia Cecchettin wurde angehört

Gebhard: „Sexualunterricht ist gesellschaftliche Notwendigkeit“

Mittwoch, 03. Dezember 2025 | 12:46 Uhr

Von: mk

Rom – In der heutigen Sitzung hat die Abgeordnetenkammer in Rom den Weg für Sexualunterricht an Mittelschulen freigemacht – allerdings nur mit Zustimmung der Eltern. Die SVP-Kammerabgeordnete und Vorsitzende der SVP-Frauen, Renate Gebhard, die den Prozess parlamentarisch begleitet hat, bewertet die Entscheidung mit gemischten Gefühlen: „Gut ist, dass ein vollständiges Verbot verhindert werden konnte – schlecht ist, dass eine für die Entwicklung von Jugendlichen so wichtige Maßnahme weiterhin von der Zustimmung der Eltern abhängig bleibt.“

Nachdem sich die Regierung zunächst für ein Verbot des Sexualunterrichts in Volks- und Mittelschulen ausgesprochen hat, sei es nun gelungen, dieses grundsätzliche Verbot in Mittelschulen zu verhindern und die sexuelle sowie emotionale Erziehung von Mittelschülerinnen und Mittelschülern zu ermöglichen. „Leider mit der Bedingung, dass die Eltern der jeweiligen Klassen zustimmen müssen“, erklärt Gebhard. Die Südtiroler Parlamentarierin bezeichnet die Entscheidung daher als Teilerfolg.

Gebhard betont, dass eine altersgerechte Sexualerziehung ein zentraler Bestandteil schulischer Bildung ist und wesentlich zur Prävention von Gewalt, Diskriminierung und Missbrauch beiträgt. „Wir müssen Jugendlichen die Möglichkeit geben, fundierte und altersgerechte Informationen zu erhalten – unabhängig davon, ob sie diese zu Hause bekommen oder nicht. Die Schulen dürfen hier nicht ausgebremst werden. Deshalb wäre es besser gewesen, die bestehende Regelung beizubehalten“, so die Abgeordnete.

Renate Gebhard unterstreicht, dass ideologisch motivierte Politik in diesem sensiblen Themenfeld keinen Platz habe. Vielmehr gehe es darum, Jugendliche ideologiefrei und verantwortungsbewusst auf ihr Leben vorzubereiten. „Wenn wir einen respektvollen Umgang zwischen Männern und Frauen in Zukunft sichern wollen, dann ist es wichtig, junge Menschen auch in diesem Sinne auf ihr Leben vorzubereiten – gerade vor dem Hintergrund einer immer kulturell vielfältigeren Gesellschaft“, betont Gebhard.

Zugleich verweist sie auf die kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung des Themas. „Sexualerziehung darf nicht von der Zustimmung der Eltern abhängen. Mathematik oder Sprachunterricht sind schließlich auch fixer Bestandteil eines jeden Lehrplans. Es geht um Bildung, um Aufklärung und um den Schutz der Kinder – nicht um Ideologie“, so Gebhard.

In dieselbe Kerbe schlug vor Kurzem auch Gino Cecchettin, der Vater der getöteten Giulia Cecchettin, bei seiner Anhörung in der Femizid-Kommission der Abgeordnetenkammer: Schulen spielten im Kampf gegen Gewalt an Frauen eine entscheidende Rolle. Gewalt beginne nicht erst dann, wenn sie strafrechtlich relevant werde, sondern viel früher – im Alltag. Deshalb dürfe die Verantwortung nicht allein auf die Gerichte abgewälzt werden. Wenn es so weit ist, sei es meist schon zu spät, so sein Appell. Es brauche ein gemeinsames Engagement von Schulen, Familien und kulturellen Einrichtungen, um Gewalt frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Gebhard unterstützt diese Sichtweise ausdrücklich: „Das bestätigt, wie wichtig Aufklärung, Wertevermittlung und Bewusstseinsbildung in jungen Jahren sind. Prävention beginnt im Klassenzimmer – nicht erst im Gerichtssaal.“

Bezirk: Bozen

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