Von: APA/AFP/dpa
Das iranische Parlament hat für die Aussetzung der Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) gestimmt. Die Kooperation mit der UNO-Behörde werde erst wieder aufgenommen, “wenn die Sicherheit der Atomanlagen garantiert wird”, sagte Parlamentspräsident Mohammad Baqer Qalibaf am Mittwoch in Teheran. Die IAEA habe die Luftangriffe Israels und der USA auf die iranischen Nuklearanlagen nicht verurteilt und damit ihre Glaubwürdigkeit infrage gestellt.
Die Aussetzung, die im Parlament ohne Gegenstimme beschlossen wurde, muss noch vom Wächterrat bestätigt werden. Qalibaf hatte den Schritt bereits am Montag angekündigt und der IAEA einen Mangel an “Objektivität und Professionalität” vorgeworfen.
IAEA hatte Zugang zu Anlagen gefordert
IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi hatte den Iran nach den US-Angriffen auf drei Atomanlagen im Land am Montag aufgefordert, der Behörde Zugang zu den Anlagen zu gewähren, um die Bestände des angereicherten Urans überprüfen zu können. “Wir müssen den Inspektoren ermöglichen zurückzukehren und eine Bestandsaufnahme der Uranvorräte vorzunehmen, insbesondere jener 400 Kilogramm, die auf 60 Prozent angereichert sind”, hatte Grossi am Montag zu Beginn einer Krisensitzung der IAEA gesagt. Aktuell sind nach jüngsten Angaben der IAEA noch Inspektoren im Land. Am Mittwochvormittag nahm Grossi in Wien an der Sitzung des österreichischen Bundeskrisen-Sicherheitskabinetts teil.
Am Dienstag war nach zwölf Tagen Krieg eine Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran in Kraft getreten. Israel hatte am 13. Juni einen Großangriff auf den Iran gestartet und bombardierte tagelang insbesondere Atomanlagen und militärische Einrichtungen in dem Land. Der Iran attackierte Israel daraufhin im Gegenzug mit Raketen und Drohnen.
Die USA waren in der Nacht auf Sonntag in den Krieg zwischen Israel und dem Iran eingetreten und hatten die iranischen Atomanlagen Fordo, Natanz und Isfahan angegriffen. Der Iran attackierte daraufhin am Montag die US-Luftwaffenbasis Al-Udeid in Katar, allerdings gab es dort keine Verletzten.
Die Urananreicherung durch den Iran über das für zivile Zwecke benötigte Ausmaß hinaus sorgt international seit Jahrzehnten für Spannungen. Der Westen wirf dem Iran vor, Atomwaffen anzustreben, was Teheran bestreitet. Im Juni hatte die IAEA eine Resolution verabschiedet, die Teheran wegen der “Nichteinhaltung” seiner Verpflichtungen in Bezug auf sein Atomprogramm kritisiert.
Wie weit wurde das Atomprogramm zurückgeworfen?
Der Iran hätte aus Sicht der IAEA die Fähigkeit, seine zerstörten Atomanlagen wieder aufzubauen. Das Land habe das nötige technische Wissen und die nötige industrielle Kapazität, betonte Grossi am Mittwoch in Wien, wo er an einer Sicherheitskrisensitzung der Bundesregierung teilnahm. “Das kann niemand leugnen”, meinte er.
Er wies darauf hin, dass manche Teile der iranischen Atominfrastruktur die Angriffe überstanden hätten. Zur Frage, ob die Angriffe Israels und der Vereinigten Staaten das Atomprogramm um Jahre oder nur um Monate zurückgeworfen habe, wollte sich Grossi nicht äußern. “Ich mag den Ansatz nicht, dies wie mit einer Sanduhr zu betrachten”, sagte er.
Einem Geheimdienstbericht zufolge sollen die US-Angriffe im Iran das Atomprogramm nur um einige Monate zurückgeworfen haben. Eine erste Einschätzung komme zu dem Schluss, dass das Bombardement vom Wochenende die unterirdischen Atomanlagen nicht komplett zerstören konnte, wie die Zeitung “New York Times” und der Sender CNN berichteten.
“Die Militäroperation hat ihre eigene Logik, und ich bin nicht hier, um zu beurteilen, ob sie gut oder schlecht ist. Wir haben die Situation, die wir eben haben”, sagte Grossi weiter. Nun gehe es darum, mit dem Iran an langfristigen Lösungen zu arbeiten.
Rückkehr zu Inspektionen angestrebt
Die Wiederaufnahme von IAEA-Inspektionen im Iran ist aus der Sicht Grossis dringend nötig. “Das hat oberste Priorität”, sagte er.
Einige IAEA-Inspektoren waren trotz der Angriffe Israels und der Vereinigten Staaten im Iran geblieben, konnten aber die Atomanlagen nicht besuchen. Die Wiederaufnahme der Inspektionen wäre nicht einfach, sagte Grossi zu Journalisten. “Es gibt Schutt, es könnte Blindgänger geben”, sagte er. Außerdem bestehe ein geringes Strahlenrisiko. Die IAEA ist vor allem daran interessiert, den Verbleib von beinahe waffenfähigem Uran im Iran zu verifizieren.
Grossi kündigte Gespräche mit europäischen Spitzenpolitikern zu der Frage von IAEA-Inspektionen an. Nach seiner Sitzung mit der österreichischen Regierung brach er nach Frankreich zu einem Gespräch mit Präsident Emmanuel Macron auf. Mit dem Iran will Grossi möglichst bald über die Modalitäten möglicher Inspektionen verhandeln.
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