Weitere Themen: Erfundene Namen und Bürokratie

Landtag befasst sich mit Tier- und Uferschutz‘

Mittwoch, 17. Januar 2018 | 16:43 Uhr

Bozen – Im Landtag wurde heute der Landesgesetzentwurf Nr. 30/14: „Änderung des Landesgesetzes vom 15. Mai 2000, Nr. 9, “Maßnahmen zum Schutz der Tierwelt und zur Unterbindung des Streunens von Tieren“ (vorgelegt vom Abg. Urzì) behandelt.

“Mit diesem Gesetzentwurf soll auch in Südtirol das Verbot eingeführt werden, Hunde oder sonstige Haustiere an der Kette oder an einer ähnlichen Vorrichtung zu halten, außer dies wird vom Tierarzt vorgeschrieben, erfolgt nur vorübergehend oder aus dringenden und zeitweiligen Sicherheitsgründen”, erklärte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore). “Ein Hund ist vor allem ein geselliges Tier, das einer ständigen Interaktion mit anderen bedarf. Daher darf ihm weder die Gesellschaft des Menschen noch die seiner Artgenossen vorenthalten werden. Ein Hund braucht außerdem Auslauf und Bewegung. Stundenlange Vernachlässigung und Einsamkeit sind mit den Verhaltenseigenschaften eines Hundes unvereinbar. Oft fügt die Kette dem Hund auch Wunden zu, weshalb sich als Alternative ein Zwinger anbieten würde, der sowohl in psychologischer Hinsicht als auch in Bezug auf das Verhalten des Hundes besser ist und dasselbe Ziel erreicht.”

Vorsitzender Albert Wurzer berichtete über die Arbeiten im II. Gesetzgebungsausschuss, der (mit vier Nein, einem Ja, einer Enthaltung) ein negatives Gutachten zum Gesetzentwurf abgegeben hat.

Der Entwurf schieße über das Ziel hinaus, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Die Kettenhaltung sei nicht ideal, aber z.B. bei Höfen neben Wanderwegen vorübergehend nötig und immer noch besser als die Haltung in einer Kleinwohnung. Eine gesetzliche Regelung müsse auch verschiedenste Situationen eingehen.

Brigitte Foppa (Grüne) bemerkte, dass im Landtag selten von Tieren geredet werde. Das Argument, dass es Schlimmeres gebe, sei nicht angemessen. Wer einen Hund halte, müsse ihm auch ein angemessenes Leben ermöglichen. Foppa kritisierte das negative Gutachten des Rates der Gemeinden, der die artgerechte Tierhaltung einfach für gegeben halte.

Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) bezeichnete tiergerechte Haltung als Priorität. In Gärten oder auf Bauernhöfen seien die Voraussetzungen dafür natürlich besser als in einer Stadtwohnung. Eine weitere Verschärfung des Gesetzes halte sie aber nicht für notwendig, das Niveau sei bereits sehr hoch.

Sie erhalte genügend Hinweise über eine nicht artgerechte Tierhaltung, entgegnete Brigitte Foppa. Sie kritisierte, dass jene, die den Veterinärdienst auf Missstände hinweisen, ein Ticket für die Überprüfung zahlen müssten.

Die Sensibilität für den Tierschutz sei in Südtirol hoch, manchmal auch übertrieben, meinte LR Arnold Schuler. Es gebe bereits Mindeststandards für die Tierhaltung, die zusammen mit den Tierschutzverbänden ausgearbeitet worden sei: Der Bewegungsraum müsse mindestens 20 qm umfassen, die Kette mindestens 4 m lang sein, auch ein täglicher Auslauf sei vorgeschrieben. Der Großteil halte nicht nur diese Mindestanforderungen ein. Schuler forderte auch dazu auf, eventuelle Übertretungen zu melden. Eine Verbesserung sei immer möglich, meinte Alessandro Urzì. 20 qm seien wenig, wenn man dort den ganzen Tag verbringen müsse. Der Gesetzentwurf wurde mit fünf Ja, 15 Nein bei elf Enthaltungen abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 388/15: Uferschutzstreifen (eingebracht von den Abg. Köllensperger am 9.6.2015). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. eine Harmonisierung der Abstandsregelungen in allen relevanten Gesetzesgrundlagen vorzusehen, wobei sich die Landesregierung an geltenden nationalen sowie EU-Vorgaben orientiert – mit dem klaren Ziel möglichst hohe Abstände zu erreichen; 2. zu verhindern, dass sich die Harmonisierung auf den “kleinsten gemeinsamen Nenner” reduziert (also die 3 Meter) und festzulegen, dass der Abstand von der Böschungsoberkante des Gewässers im Allgemeinen 10 Meter betragen muss, mindestens jedoch 5 Meter (und dies nur in begründeten Fällen); 3. Entschädigungen für Bauern vorzusehen, deren Flächen durch die Regelungen besonders beeinträchtigt werden und die das Bonifizierungskonsortium des Landes übernimmt; 4. verpflichtende monetäre Sanktionen bei Nichteinhaltung der neuen Bestimmungen bezüglich Uferschutzstreifen festzulegen. Über die Höhe der Sanktionen entscheiden die auf dem Territorium vorhandenen Instanzen (etwa Forstbehörde, Bürgermeister, Carabinieri, Polizei…) gemeinsam; 5. die Ausnahmen, die im Beschluss der Landesregierung Nr. 533 vom 13.5.2014, “Festlegung der auf territorialer Ebene anzuwendenden “anderweitigen Verpflichtungen” (“Cross Compliance”) für die Kampagne 2015″ vorgesehen wurden, wieder herauszunehmen.

Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) erinnerte in diesem Zusammenhang an das Fischsterben von 2015 in Plaus und weitere Fälle im Sinichbach und in Andrian. Im ersten Fall seien Pestizide als Ursache festgestellt worden, in den anderen Fällen sei derselbe Grund naheliegend.

Riccardo Dello Sbarba (Grüne) unterstützte den Antrag. Derzeit werde die Bestimmung zu oft im Interesse der Wirtschaft ausgelegt, und gegen Gesundheit und Umwelt. LR Arnold Schuler erinnerte daran, dass im genannten Fall eine einfache Abdrift von Pestiziden der Auslöser sei. Die Bauern, die er kenne, würden die Abstände einhalten. Das Amt für Gewässerschutz sei dabei, die Bestimmungen zu überarbeiten. Was er vorschlage, sei die Regelung, die bis 2008 bereits in Kraft gewesen sei, erwiderte Paul Köllensperger, das sei keine übertriebene Forderung. Der Antrag wurde mit vier Ja, 18 Nein und zehn Enthaltungen abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 376/15: Kein Landesgeld für Verbreitung von faschistischem Namen- und Gedankengut! (eingebracht von den Abg. Zimmerhofer, Knoll und Atz Tammerle am 14.5.2015). Die Landesregierung solle dafür Sorge zu tragen, dass alle öffentlichen oder privaten Betriebe, Verbände, Organisationen, welche faschistisch belastete und pseudoitalienische Orts- und Flurnamen verwenden und damit faschistisches Namen- und Gedankengut verbreiten, künftig von allen öffentlichen Fördermitteln des Landes auszuschließen.

“Um offensichtlich einem gewissen Kundenkreis zu gefallen, verwenden Touristiker und Privatfirmen immer wieder faschistisch belastete bzw. pseudoitalienische Namen wie Senales, Rio Pusteria, Corno del Renon”, kritisierte Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit). “Oft werden den Kunden übereifrig sogar jene Namen vorgesetzt, die nicht einmal im Ettore Tolomeis „Prontuario“ aufscheinen, wie Monzoccolo, Alta Val d’Isarco, Orto del Toro. Zu allem Überdruss kommt hinzu, dass der Gebrauch dieser Namen und damit die Verbreitung von faschistischem Namen- und Gedankengut auch noch mit öffentlichen Geldern finanziert wird.”

Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) wunderte sich, dass ein solcher Antrag auf die Tagesordnung gekommen sei und sprach sich dagegen aus.

Sigmar Stocker (Freiheitliche) sprach sich aus einem anderen Grund dagegen aus. Man könne nicht die Privaten bestrafen, wenn die Politik nicht imstande sei, eine gescheite Lösung zu finden.

Der Antrag sei nicht ernst zu nehmen, meinte Brigitte Foppa (Grüne). Es sei eine jener Provokationen, mit denen man Streit säen wolle. Es sei schwer vorstellbar, dass ein italienischer Verein, der einen nicht STF-konformen Namen verwende, von der Förderung ausgeschlossen werde.

Foppa lese etwas hinein, das nicht drin stehe, kritisierte Sven Knoll (STF). Es gehe um jene Namen, die nicht einmal im Prontuario stünden und die von Tourismusvereinen oder Gemeinden neu erfunden würden.

Alessandro Urzì erinnerte an seinen Kampf im Regionalrat gegen eine ähnliche Bestimmung. Niemand habe ihm zugestimmt, wohl aber die Regierung Renzi mit einem Gang vors Verfassungsgericht. Es gebe tausende italienische Namen in Südtirol, die im Prontuario nicht vorkämen, aber doch von den Italienern verwendet würden, weil sie hier gewachsen seien.

Die historischen Namen seien ein Kulturgut, meinte LH Arno Kompatscher, und Erfindungen aus Marketingzwecken seien nicht nachvollziehbar. Wahrscheinlich würden sie den Marketingzweck auch nicht erreichen, denn Südtirol werde wegen seiner kulturellen Vielfalt geschätzt. Leider sei die angepeilte Durchführungsbestimmung nicht erlassen worden. Man setze dabei auf das historische und das tatsächlich verwendete Namensgut. Bei den Namen brauche es eine pragmatische, vernünftige Lösung und nicht das Pochen auf das Prinzip.

Sven Knoll erinnerte an einen Landtagsbeschluss, laut dem den Italienern der Wert des historischen Namensguts vermittelt werden sollte. Die SVP verschleppe das Problem seit Jahrzehnten, kritisierte Bernhard Zimmerhofer. Je länger man verzögere, umso mehr Kompromisse müsse man eingehen. Der Antrag wurde mit drei Ja, 21 Nein und sechs Enthaltungen abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 397/15: Bürokratieabbau zum Erhalt des Ehrenamtes (eingebracht von den Abg. Leitner, Blaas, Oberhofer und Stocker S. am 16.6.2015). Der Landtag möge die Bürgermeister des Landes, die Landesregierung sowie die Abgeordneten Südtirols in Rom und Brüssel auffordern, sich auf Gemeinde-, Landes-, Staats- und EU-Ebene für einen generellen Bürokratieabbau einzusetzen und sich insbesondere für die Abschaffung bzw. Lockerung der bürokratischen Hürden, welche ehrenamtliche Vereine und Organisationen belasten, stark zu machen.

“Der Südtiroler Jugendring hat vor kurzem die politischen Vertreter unseres Landes in einem Rundschreiben auf die stark zugenommenen bürokratischen Schikanen hingewiesen, welche die ehrenamtlichen Vereine und Organisationen des Landes sehr belasten”, berichtete Walter Blaas (Freiheitliche). “Der Jugendring listete die Vielzahl von Regelungen, die den Vereinen und Organisationen ihre ehrenamtliche Arbeit erschweren, detailliert auf und forderte die Landespolitik dazu auf, für einen dringlich notwendigen Abbau der Bürokratie einzutreten. Die ständig zunehmenden Belastungen führen laut Jugendring nicht nur zu einer größeren Verantwortung der Vereinsvorsitzenden, sondern auch zu einer größeren finanziellen Belastung für die Vereinskassen. Die Bürokratie gefährdet somit die Zukunft des ehrenamtlichen Engagements in unserem Land.” Blaas begrüßte die Einrichtung einer Anlaufstelle für die Vereine als ersten Schritt in diese Richtung.

Das Problem werde von vielen empfunden, bestätigte Hans Heiss (Grüne). Die Landesregierung sei mit dem Bürokratieabbau als zentralem Anliegen gestartet, das sei aber noch nicht gelungen. Vor allem im Bereich der Jugendarbeit wäre eine Generalrevision nötig.

Hannes Zingerle (F) begrüßte den Antrag. In Südtirol habe das Ehrenamt einen hohen Stellenwert, aber der Bürokratieaufwand mache es Jugendlichen nicht sehr schmackhaft, ehrenamtlich tätig zu sein. Zingerle lobte die Initiative des Jugendrings, bedauerte aber, dass dieser nicht die Zeit finde, sich mit ihm zu treffen.

Das sog. Dekret für den dritten Sektor vom August letzten Jahres bringe auch eine Reihe von Erleichterungen, vor allem Steuererleichterungen, es sei auch eine besondere Berücksichtigung unserer Feuerwehren möglich gewesen, erklärte LH Arno Kompatscher. Entscheidend sei nun, was in den Umsetzungsdekreten stehe, die noch in Ausarbeitung seien. Es sei eine Schutzklausel enthalten, wonach das Land entscheide, wer in die Liste der steuerbegünstigten Vereine komme. Das Land müsse dann auch die Berechtigung kontrollieren, denn es gebe auch Versuche private Geschäfte für Vereinstätigkeit auszugeben. Die Vereine hätten nun einen Dachverein gegründet, der mit Mitteln aus Rom und vom Land finanziert werde und den Vereinen Dienstleistungen bieten solle. Mit den Umsetzungsdekreten sei vor den Wahlen nicht mehr zu rechnen, man werde darauf achten, dass die Südtiroler Vereine keinen Schaden hätten. Die Vereine würden, in ganz Europa, immer mehr mit Sicherheitsaspekten konfrontiert, nun kämen auch Antiterrormaßnahmen dazu. Die Landesregierung habe eine Reihe von Maßnahmen zur Entlastung der Vereine getroffen, der Antrag erübrige sich damit. Er erwarte sich konkrete Ergebnisse, denn die Geduld der Freiwilligen sei am Ende, erklärte Walter Blaas. Viele lebten mit den Vereinen, wenn die Motivation schwinde, gebe es ein Problem. Der Antrag wurde mit 14 Ja und 18 Nein abgelehnt.

Weitere Anträge von L’Alto Adige nel cuore 

Beschlussantrag Nr. 398/15: Italienisch-Intensivkurs für deutschsprachige Abgeordnete Tirols (eingebracht vom Abg. Urzì am 16.6.2015). Der Landtag möge sich verpflichten, zu veranlassen, dass ein entsprechender Italienisch-Intensivkurs für alle deutschsprachigen Abgeordneten Tirols angeboten wird. Alle dafür anfallenden Kosten werden vom Südtiroler Landtag übernommen. “Laut Beschluss des Dreierlandtages im Oktober 2014 bietet der Tiroler Landtag für alle italienischsprachigen Abgeordneten Südtirols und des Trentino einen Deutsch-Intensivkurs an”, bemerkte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore). Diese Geste sollte der Südtiroler Landtag erwidern.

Auf Nachfrage von Sven Knoll teilte Vizepräsident Thomas Widmann mit, dass der Kurs bereits angeboten und durchgeführt wurde. Er werde Urzì die Details nachreichen. Sigmar Stocker bezeichnete die Forderung als sinnvoller als Arabischkurse für Polizisten. Alessandro Urzì bat um Vertagung.

Beschlussantrag Nr. 404/15: Schnellladestationen für Elektroautos auf der A22 (eingebracht vom Abg. Urzì am 23.6.2015). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, sich für den Aufbau eines Netzes an Schnellladestationen für Elektrofahrzeuge mit Standorten bei den Tankstellen entlang des im Landesgebiet befindlichen Abschnitts der Autobahn A22 einzusetzen und gegebenenfalls bei den zuständigen staatlichen Stellen um entsprechende Förderungen für umweltfreundliche Mobilität zu ersuchen.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) befürchtete, die Ladestationen seien bereits überholt. Jeder Hersteller habe ein eigenes Modell, die Standards würden schnell wechseln. Besser wäre es, wenn man die Batterien austauschen könnte. Der Wasserstoffantrieb sei als große Innovation dargestellt worden, mittlerweile sehe man außer ein paar Bussen nichts davon. Knoll fragte, wie es mit dem diesbezüglichen Beschluss zum Brennerkorridor aussehe. Man sei nicht vom Wasserstoff abgekommen, antwortete LR Florian Mussner, man setze auf beide Technologien. Das Land wolle ein flächendeckendes Netz von Ladestationen schaffen, auch die Brennerautobahn arbeite daran mit, auch wenn das Engagement in Erwartung der Konzessionsverlängerung nachgelassen habe. Die Gesellschaft habe aber eine Machbarkeitsstudie dazu in Auftrag gegeben, bald werde sie Entscheidungen treffen. Auch beim Batterieaustausch erwarte man sich neue Entwicklungen. Der Antrag wurde mit fünf Ja, 16 Nein und acht Enthaltungen abgelehnt.

Anschließend wurde zur Behandlung der Anträge der Mehrheit übergegangen.

Von: mk

Bezirk: Bozen