Widerstand gegen Putin und ihre Väter auf Instagram

Oligarchen-Töchter verurteilen den Krieg

Samstag, 05. März 2022 | 18:13 Uhr

Moskau – Solange Russlands Panzer in die Ukraine rollen, rollt für russische Oligarchen nicht mehr reibungslos der Rubel. Alleine am ersten Kriegstag haben die 23 reichsten Russen laut “Bloomberg” mehr als 32 Milliarden Dollar verloren. Während sich erste Vertreter der russischen Elite vorsichtig für den Frieden aussprechen, sind die Sprösslinge der Milliardäre deutlich lauter.

“Nein zum Krieg!” heißt es in unterschiedlichen Varianten in Posts auf Instagram von zahlreichen Kindern russischer Oligarchen. Sie widersprechen damit der offiziellen Darstellung von Russlands Regierung. Moskau zufolge sei der Angriff auf die Ukraine vom Westen provoziert worden, es handle sich um einen Friedenseinsatz und das russische Volk stehe voll dahinter. Öffentliche Proteste gegen den Konflikt wurden untersagt und von Polizeikräften unterdrückt.

Alles Humbug, lautet die Antwort in den sozialen Netzwerken. Von den Kindern der Oligarchen kommt Gegenwind. Eine der bekanntesten Gesichter ist jenes von Sofia Abramowitsch. “Die größte und erfolgreichste Lüge des Kremls ist, dass alle Russen hinter Putin stehen”, erklärte die Tochter des FC-Chelsea-Besitzers Roman Abramowitsch. Abramowitsch wird immer wieder als Profiteur von Putins System bezeichnet, er selbst bestreitet aber, eine enge Verbindung zum Kreml zu haben.

Instagram/sofiaabramovich97

Noch brisanter sind Posts, die Kinder von Putins engerem Umfeld veröffentlicht haben, wie im Fall von Elizaweta Peskowa. Sie ist die Tochter von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow und auch sie veröffentlichte ein Nein zum Krieg auf schwarzem Hintergrund in Instagrams Story-Funktion.

In der Regierung – und in ihrer Familie – dürfte das viel Ärger ausgelöst haben: Obwohl Instagram-Stories mit einer Laufzeit von 24 Stunden ohnehin schon zeitlich begrenzt sind, war das Antikriegs-Statement deutlich schneller verschwunden. Bereits nach einer Stunde soll es nicht mehr auffindbar gewesen sein. Elizawetas Vater scheint ein ernstes Wort mit seiner Tochter geredet zu haben. Der Beitrag auf Instagram hat auch deshalb überrascht, weil Peskowa sich in anderen Posts als liebende Tochter mit ihrem Vater gezeigt hat.

Instagram/lisa_peskova

Der Krieg stellt vermutlich auch die familiäre Beziehung von Putins Berater Valentin Jumashew mit seiner Tochter Maria auf die Probe. Die Enkelin des ehemaligen Präsidenten Boris Jelzin verkündete auf Twitter ebenfalls ihre Ablehnung des Krieges gegen die Ukraine.

Neben den Oligarchen-Kinder nutzen auch andere Mitglieder der Landeselite ihre Reichweite, um ihren Unmut über den Krieg kundzutun. Jumashewas Verlobter Fedor Smolov hat sich etwa als erster Fußballspieler der russischen Nationalmannschaft bei Instagram offen gegen den Krieg ausgesprochen. Tennisstar Andrei Rubljow schrieb am Freitag mit einem Stift nach einem gewonnen Match in Dubai “Kein Krieg bitte” auf eine TV-Kamera.

Welche Konsequenzen drohen, ist derzeit noch unklar und vermutlich von Fall zu Fall verschieden. Fußball-Verein Zenit St. Petersburg hat bereits Verteidiger Jaroslaw Rakyskyj vor die Tür gesetzt, weil er am Freitag auf Instagram ein Foto der Flagge seiner ukrainischen Heimat mit den Worten “Ich bin Ukrainer! Frieden der Ukraine!” gepostet hat.

Oligarchen ziehen nach

So langsam ändert sich auch die Haltung der wirklich Mächtigen selbst in Russland. In einer Mail an seine Angestellten sprach sich Michail Fridman als erster Oligarch selbst gegen den bewaffneten Konflikt aus. Krieg könne nie die Antwort sein, betonte Fridman. Er zählt zu den reichsten Russen.

Klar auf eine Seite positioniert sich der in der Ukraine geborene russische Staatsbürger aber nicht: “Ich fühle mich den russischen und ukrainischen Menschen zu tief verbunden und sehe den aktuellen Konflikt als eine Tragödie für beide.” Seine Aussage wolle er nicht politisch verstanden wissen. Allerdings erklärte er auch: “Diese Krise wird viele Leben kosten und zwei Nationen schaden, die seit Jahrhunderten Brüder sind.”

Ein Beispiel an Fridmann nahm Metall-Milliardär Oleg Deripaska, der ansonsten als treuer Anhänger von Wladimir Putin gilt. Der Oligarch erklärte auf Telegram ebenfalls, dass er eine bewaffnete Auseinandersetzung ablehne: “Frieden ist wichtig.” Die Verhandlungen sollten seiner Ansicht nach so schnell wie möglich beginnen. Auch wenn Deripaska alleine den Kremlchef nicht umstimmen können dürfte, besteht durchaus die Möglichkeit, dass sein Statement auch vom russischen Präsidenten wahrgenommen wird.

Von: mk